aktualisiert:
11. April 2006

 

 

 

 

 

 

 

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Amtsgericht Fürstenwalde:
Zweckverband darf kein Bußgeld verhängen

 


3 OWi 234 Js-OWi 3766/06 (66/06)
(Geschäftsnummer)

Ausfertigung

Amtsgericht Fürstenwalde
Beschluss

In der Bußgeldsache

gegen

Thomas Plenzke
wohnh.: Chausseestraße 37a, 15518 Rauen
Verteidiger:
Rechtsanwalt Stefan Sarrach, Schloßstraße 7, 15517 Fürstenwalde

wird der Betroffene auf Kosten der Staatskasse, die auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen hat,

freigesprochen.


Gründe:

Der Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserversorgung Fürstenwalde und Umland e.V. - Der Verbandsvorsteher, im folgenden "Behörde" genannt, erliess unter dem 11. Februar 2005 - Aktenzeichen: Bgb-002-05 Pe - Bussgeldbescheid gegen den Betroffenen mit dem ordnungsrechtlichen Vorwurf, der Betroffene hätte Mitarbeitern der Behörde am 24.08.2005 um 09:00 Uhr nicht den Zugang zu seinen wasserwirtschaftlichen Anlagen auf dessen Grundstück Chausseestr. 37a, 15518 Rauen gestattet, obwohl die Behörde ihn darum mit ihrem Schreiben an ihn vom 08.08.2005 unter Hinweis auf die Zutrittsrechte der Mitarbeiter der Behörde gemäss §§ 14, 16 AVB WasserV gebeten hätte, und belegte den Betroffenen auf der Grundlage von § 9 Absatz 1 Buchstabe e) der Satzung über den Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgung im Versorgungsgebiet des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland (Wasserversorgungssatzung ) vom 22.10.2003;§§ 14 Abs. 1 Satz 1; 16 AVBWasserV vom 20. 06.1980;§ 17 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) mit einer Geldbusse von 35,00 Euro fest.

Gegen jenen ihm am 12.11.2005 zugestellten Bussgeldbescheid legte der Betroffene mit
Schreiben seines Verteidigers vom 21.1 1.2005 Einspruch ein, der am 24.11.2005 per
Fax form - und fristgerecht bei der Behörde einging.

Auf jenen form - und fristgerechten Einspruch ist der Betroffene bereits aus rechtlichen Gründen mit der sich aus dem Tenor dieses Beschlusses ergebenden Kosten- und Auslagenfolge freizusprechen, weil eine rechtswirksame Grundlage zur ordnungsrechtlichen Ahndung des dem Betroffenen vorgeworfenen Fehlverhalten fehlt, so dass hier dahingestellt bleiben kann, ob der gegen den Betroffenen erhobene ordnungsrechtlicher Vorwurf in tatsächlicher Hinsicht zutrifft.

§ 9 Absatz 1, e) Wasserversorgungssatzung erklärt unter Verweis auf § 8 Wasserversorgungssatzung unter anderem

- die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVB Wasser V) vom 20. Juni 1980
- die „Ergänzenden Bestimmungen des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland zur AVB Wasser V

pauschal und ohne jegliche Differenzierung zu ordnungsrechtlichen Tatbeständen, deren vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung ordnungswidrig sei.

Damit fehlt eine wirksame Rechtsgrundlage, den Betroffenen wegen des Vorwurfes gemäss des vom Betroffenen angefochtenen Bussgeldbescheids ordnungsrechtlich zu ahnden.

Der pauschale ordnungsrechtliche Verweis in § 9 Absatz 1 Buchstabe e Wasserversorgungssatzung auf jene AVB Wasser verstösst gegen das grundgesetzlich untersagte Übermassgebot, verletzt zugleich aber auch das gleichermaßen grundgesetzliche geschützte Gebot auf hinreichender Bestimmtheit ordnungsrechtlicher Normen, all dies mit der Folge, dass § 9 Absatz 1 Buchstabe e Wasserversorgungssatzung damit in ordnungsrechtlicher Hinsicht unwirksam ist.

Die AVB Wasser der Behörde ist bundesrechtlich zur inhaltlichen Ausgestaltung von allgemeinen Versorgungsbedingungen zur Regelung der Rechte und Pflichten von Vertragspartnern einer öffentlichen Wasserversorgung ausgestaltet. In dieser werden die "Partner" der Behörde folgerichtig auch als "Kunden" bezeichnet.

Die AVB Wasser der Behörde enthält in ordnungsrechtlicher Betrachtungsweise ein Sammelsurium von Regelungen, Bestimmungen usw., die sich zum einen auch an die Behörde selbst richten, die sich satzungsmässig wohl kaum selbst für ordnungswidrig erklären will und soll, wenn sie, selbst etwa durch ihre Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter der AVB Wasser zuwiderhandeln sollte, zum anderen aber auch Regelungen, Bestimmungen usw., die z. B. als Sollvorschrift ausgestaltet sind bzw. die sogar eine Vereinbarung zur Voraussetzung bzw. Grundlage haben, wie das in § 16 AVB Wasser geregelte Zutrittsrecht von Beauftragten der Behörde.

Streitigkeiten zwischen Vertragspartnern, die auch den Inhalt oder den Umfang von Vereinbarungen zum Gegenstand haben können, wie etwa solche, ob und inwieweit der Kunde der Behörde nach § 30 AVB Wasser zur Zahlungsverweigerung berechtigt ist oder nicht, stehen bussgeldbewehrtem Ordnungsrecht fern. Dass etwa auch unberechtigte Zahlungsverweigerung mit ordnungsrechtlicher Geldbuße geahndet werden dürfte, ist eine eher nicht denkbare Rechtsfolge im Verhältnis von jedenfalls dem Grundsatz nach rechtlich gleichrangigen Vertragspartnern zueinander.

Nach all dem war der Betroffene wie hiermit geschehen freizusprechen.

Fürstenwalde, 08.03.2006

Helling
Direktor des Amtsgerichts

Ausgefertigt
Möller, Justizangestellte
als Urkundsbeamte(r) der Geschäftsstelle

 

     



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