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12. August 2009

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

taz, 4.8.2009

 

Kaffee trinken macht Durst

KONSUM Umweltschützer berechnen, wie viel Wasser für die Herstellung von Waren draufgeht:
Es sind pro Bundesbürger und Tag über 5.000 Liter. Die Ressource wird knapp.

von BERNWARD JANZING

Link zur Studie

 

In einer Tasse Kaffee stecken 140 Liter Wasser - "virtuelles" Wasser. So wird das Wasser bezeichnet, das bei der Erzeugung des Kaffees verbraucht wird. Und pro Kilogramm Röstkaffee sind dies im weltweiten Durchschnitt 22.500 Liter. Dies ist eine von vielen Zahlen aus der Studie "Der Wasser-Fußabdruck Deutschlands", die der Umweltverband WWF am Montag veröffentlicht hat.

Demnach enthalten auch andere Agrarprodukte Mengen an virtuellem Wasser, jedes Kilogramm Rindfleisch zum Beispiel rund 15.500 Liter. Die Forscher berechnen dabei die Menge Wasser, die das Tier trinkt, sowie diejenige, die der Landwirt für die Bewässerung der Felder braucht, auf denen das Futter angebaut wird. Auf ähnliche Weise lassen sich alle Waren analysieren: In einem Kilogramm Baumwollstoff stecken im Durchschnitt rund 11.000 Liter Wasser, in einem Kilogramm Soja 1.800 Liter.

Die importierten Güter mit dem größten "Wasser-Fußabdruck" sind nach WWF-Berechnungen in folgender Reihenfolge Kaffee, Kakao, Ölsaat, Baumwolle, Schweinefleisch, Sojabohnen und Rindfleisch. Allein der Kaffeekonsum eines deutschen Durchschnittsbürgers hat einen Wasserverbrauch von 120.000 Liter pro Jahr zur Folge.

Durch seinen gesamten Konsum komme jeder Bundesbürger auf einen täglichen Verbrauch von 5.288 Liter Wasser, rechnen die WWF-Experten vor, 73 Prozent davon entfallen auf die Landwirtschaft. Für ganz Deutschland ergebe sich ein Verbrauch von 160 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr, rund die Hälfte davon werde über ausländische Produkte importiert. Somit führe die Bundesrepublik jedes Jahr rund 80 Milliarden Kubikmeter virtuelles Wasser ein, bilanziert die Umweltorganisation - zum Teil aus Ländern, die ohnehin stark unter Wassermangel leiden. Der WWF hat auch analysiert, in welchen Ländern das Wasser für die von Deutschland importierten Produkte verbraucht wird: Brasilien steht dabei an der Spitze, gefolgt von der Elfenbeinküste, Frankreich, den Niederlanden, den USA, Indonesien, Ghana und Indien.

In Brasilien zum Beispiel führe die Wasserverschmutzung durch die Landwirtschaft und die Fischerei dazu, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht mit sauberem Trinkwasser versorgt werden kann. Und auch in europäischen Ländern tragen deutsche Konsumenten zum Wassermangel bei. In Spanien werden laut WWF 3,3 Millionen Hektar der Landwirtschaftsflächen bewässert - mit rund 24 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr. Dies entspricht drei Viertel des gesamten Wasserverbrauchs Spaniens. Ein Teil davon entfällt auf die Produktion von Nüssen, Trauben und Schweinen für den deutschen Markt.

Wasserverbrauch sei nicht grundsätzlich schlecht, sondern natürlich, sagt Martin Geiger, Leiter des Bereichs Süßwasser beim WWF Deutschland: "Es kommt immer darauf an, wann, wo und wie viel Wasser aus der Natur entnommen wird." Deutschland habe die Verantwortung, bei Importgütern auf deren Wasserverbrauch im Herkunftsland zu achten.


Wasser stärker besteuern

BERNWARD JANZING
Über den Umgang mit einer knappen Ressource

 

In diesem Punkt kann man die deutschen Privathaushalte einmal loben: Ihr Wasserverbrauch sinkt seit Jahren - von täglich 147 Liter pro Kopf im Jahr 1990 auf 123 Liter im vergangenen Jahr. Das ist ein guter Fortschritt, wenngleich natürlich weitere Verbesserungen möglich und nötig sind. Es gibt schließlich bereits Städte, die unter 100 Liter pro Kopf liegen - ein Wert, der bundesweit zum Standard werden muss.

Gleichwohl: Der direkte Wasserverbrauch der Haushalte ist gar nicht so sehr das Problem, viel dramatischer ist der immense indirekte Verbrauch von Wasser durch unseren üppigen Konsum. So benötigen zum Beispiel allein die Großkraftwerke in Deutschland für ihre Kühlung täglich 600 Liter Wasser pro Bundesbürger. In einem Computer stecken 20.000 Liter, in einem Pkw sogar 400.000 Liter "virtuelles" Wasser.

Weil dieses Wasser aber auf sehr unterschiedliche Weise an unterschiedlichen Orten der Welt verbraucht wird, sind auch die politisch notwendigen Schritte sehr vielfältig. Im Inland muss der Wasserverbrauch im Rahmen einer dringend notwendigen ökologischen Steuerreform stärker besteuert werden. Ganz wichtig: Es muss eine Abwärmeabgabe her. Wer Flüsse zur Kühlung von Kraftwerken und industriellen Prozessen nutzt, muss dafür bezahlen.

Auch auf europäischer Ebene muss die Politik finanzielle Anreize zum Wassersparen geben. Agrarsubventionen darf es in Zukunft nur noch für Betriebe geben, die definierte Umweltstandards einhalten - und da gehört ein sparsamer Umgang mit Wasser zwingend dazu. International indessen muss die Entwicklungszusammenarbeit ihren Einfluss stärker geltend machen und in den betreffenden Ländern auf eine Wasser sparende Agrarwirtschaft hinwirken. Kurz: Nachdem der WWF mit seiner Wasserstudie eine gute Diskussionsbasis geschaffen hat, ist die Politik nun auf allen Ebenen gefordert.

Problematisch ist der indirekte Wasserverbrauch: In jedem Computer stecken 20.000 Liter Wasser.

 

 
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