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24. Oktober 2009

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 13.9.2009

„Guttenberg-Papier“ für ppp und Ausbau der Bundeswasserstraßen

 

Wie eine Blaupause für ein neoliberales Wirt-schaftsprogramm einer schwarz-gelben Koalitionsregierung hat sich das „Industriepolitische Gesamtkonzept“ aus dem Bundeswirtschaftsministerium gelesen. Das im Juli 2009 als „Guttenberg-Papier“ bekannt gewordene „Gesamtkonzept“ war in seiner unverblümt marktradikalen Ausrichtung so kurz vor der Bundestagswahl dann wohl doch zu peinlich. Wirtschaftsminister von Guttenberg sah sich genötigt, sich von dem Papier zu distanzieren. Das Wirtschaftsministerium zog den Entwurf vom 3. Juli 2009 angesichts der Irritationen in der Öffentlichkeit sogleich wieder zurück. Obwohl sich die wettbewerbsorientierte Marktpolitik in der Finanzkrise bis auf die Knochen blamiert hat, singen Guttenbergs Ministerialbeamten (unter Mitarbeit externer Kanzleien?) in dem Konzeptentwurf weiterhin das hohe Lied der Überlegenheit einer erfolgreichen Wettbewerbspolitik in offenen Märkten:

„Wettbewerb fördert Innovationen, eine optimale Zuteilung von Ressourcen, die Souveränität der Verbraucher sowie eine leistungsgerechte Verteilung finanzieller Mittel und begrenzt wirtschaftliche Macht. (…) Vor allem die Öffnung netzgebundener Märkte stellt einen Schwerpunkt der Wettbewerbspolitik in Europa und in Deutschland dar.“ (S. 44)

Wie zu erwarten, haben sich die Ghostwriter des Schwarzen Barons in dem Zusammenhang zu einer Intensivierung der Förderung von public privat partnerships (ppp) – also zum Einbezug von privatem Kapital in die öffentliche Daseinsvorsorge - bekannt:

„Aufgrund der Lage der öffentlichen Haushalte sind (…) weiterhin innovative Finanzierungsmodelle - insbesondere PPP – notwendig, um Kosteneinsparungen durch privatwirtschaftliche Anreizmechanismen zu erzielen.“

Die Anwendung von ppp-Modellen zielt auf den Ausbau von Autobahnen ab – aber auch die Binnenschifffahrtsstraßen sollen weiter ausgebaut werden: Insbesondere die infrastrukturellen Hemmnisse der Binnenschifffahrt durch eine zu geringe Abladetiefe sollten – beispielsweise auf der bayerischen Donau - beseitigt werden. Künftig müsse „auf allen Binnenwasserstraßen“ eine durchgängige Abladetiefe von 2,80 Metern gewährleistet werden (S. 38). Dies hätte u.a. auch den Totalausbau der Elbe zur Folge!

Guttenberg will die Hoheitlichkeit
der Abwasserentsorgung schleifen
 

Um die Intensität des Wettbewerbs in der Wasserwirtschaft voranzutreiben, müssten jetzt „Kostenverursacher wie Wasserentnahmeentgelte und Abwasserabgaben auf den Prüfstand“ gestellt werden, heißt es in dem „Guttenberg-Papier“ auf Seite 32. Um den Wettbewerb weiter zu stärken, müsste zudem die Besteuerung der bislang hoheitlichen Abwasserentsorgung angestrebt werden (s. RUNDBR. 858/2 848/2, 843/2, 828/2, 821/1-2, 771/2-3). Die Belegung der Abwasserentsorgung mit der Mehrwertsteuer käme den Unternehmen entgegen, die dann den Vorsteuerabzug aus ihrer Abwasserrechnung geltend machen könnten. Insgesamt sei es erforderlich, die wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen derart zu gestalten, dass „eine sichere und zugleich preiswerte Wasserver- und Abwasserentsorgung gewährleistet“ werden könne – und weiter:

„Vor dem Hintergrund der bestehenden natürlichen Monopole ist auch zu hinterfragen, ob für die Wasserwirtschaft genügend Anreize zu wirtschaftlichem Handeln bestehen. Dabei ist auch verstärkt die unterschiedliche Funktionsweise der Gebühren und Preissysteme in den Blick zu nehmen, da die Wasserpreise privater Anbieter der Missbrauchsaufsicht der Kartellbehörden und die Gebühren der öffentlich-rechtlichen Versorger der Kommunalaufsicht unterliegen.“

(Die im Guttenberg-Ministerium geplante Einebnung der Unterschiede zwischen Preisen und Gebühren hätte zur Folge, dass das Rechtsverhältnis zwischen Abwasserbetrieben und Bürgern über eine neu einzuführende „Verordnung über Allgemeine Entsorgungsbedingungen Abwasser“ (AEBAbwasserV) – anstelle der bisherigen kommunalen Abwassergebührensatzungen - generell auf eine privatrechtliche Basis gestellt würde (s. 900/1): Hoheitlich erhobene Gebühren würden durch Abwasserpreise ersetzt. Die mit dieser Umstellung verbundene Abschaffung der Hoheitlichkeit der Abwasserentsorgung gehört zu den wasserpolitischen Lieblingsprojekten aller Bundeswirtschaftsminister seit WERNER MÜLLER [Anm. BBU]).

 

Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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