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24. Oktober 2009

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 15.10.2009

Wasserwerker sauer auf Kartellbehörden

 

Für einen hohen Empörungspegel in der Gilde der Wasserwerker sorgt weiterhin das Preissenkungsurteil des Frankfurter Oberlandesgerichts gegen das Wasserversorgungsunternehmen in Wetzlar (s. RUNDBR. 921/1, 918/3, 912/4, 905/1-3). Der Ingrimm der Wasserwerker nährt sich aus der im Urteil verordneten Beweislastumkehr: Nicht die Kartellbehörden müssen dem Wasserversorger nachweisen, dass er überzogene Wasserpreise verlangt. Die Richter am Oberlandesgericht haben geurteilt, dass die Wasserwerker gegenüber den Kartellbehörden die Beweisführung antreten müssten, dass ihr jeweiliger Wasserpreis gerechtfertigt sei.

Wie rette ich mich vor dem Kartellamt?
 

Mit Bangen sehen die Wasserwerker dem 14. Nov. 2009 entgegen. Falls der Termin nicht noch verschoben wird, ist für den 14. Nov. die mündliche Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig zum Kartellverfahren gegen die Wasserwerke in Wetzlar angesetzt. Sollte der BGH das rigorose Vorgehen der hessischen Kartellbehörde und des Frankfurter Oberlandesgerichts gegen das Wasserwerk in Wetzlar stützen, dürften viele privatrechtlich organisierte Wasserwerke in die Bredoullie kommen. Die Landeskartellbehörden werden sich dann noch mehr in der Rolle des Rächers der Wasserkunden profilieren, die von raffgierige Wasserunternehmen bis aufs Hemd ausgeplündert werden.

Damit sich die Wasserwerker schon mal auf den drohenden Feldzug der Kartellbehörden vorbereiten können, hat der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) kürzlich die Broschüre „Kartellrechtliche Wasserpreiskontrolle“ publiziert. In der Broschüre erläutert der VKU Schritt für Schritt die Vorgehensweise der Kartellbehörden:

  • Zunächst werden die Kartellbehörden das Wasserwerk dazu auffordern, über seine Preisgestaltung Rechenschaft abzulegen.
  • Sodann werden die Kartellbehörden ein oder mehrere Vergleichsunternehmen benennen, die das Wasser zu deutlich niedrigeren Preisen verkaufen.
  • Anschließend wird das Wasserversorgungsunternehmen mit den (vermeintlich) überhöhten Preisen aufgefordert, zu begründen, warum sein Wasserpreisniveau über demjenigen der Vergleichsunternehmen liegt.
  • Wenn alle Darlegungen des in die Enge getriebenen Wasserversorgungsunternehmens die Kartellbehörden nicht überzeugen, dann werden die Kartellwächter eine Preissenkungsverfügung gegenüber dem Wasserversorger verhängen. Die Preissenkungsverfügung kann dann nur noch per Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht angegriffen werden.

In der VKU-Broschüre wird ausführlich erläutert, welche Erschwernisse zu überdurchschnittlich hohen Wasserpreisen führen können. Das beginnt bei der Siedlungsstruktur, geht über unterschiedliche Ansätze bei den Kapitalkosten (Abschreibungen und Zinsen) und reicht beispielsweise bis zu Ausgleichszahlungen an Landwirte im Wassereinzugsgebiet. U.a. wird in dem VKU-Leitfaden auch auf die Kosten einer nachhaltigen Substanzerhaltung hingewiesen:

„Niedrige Preise können ein Indiz dafür sein, dass Investitions- und Unterhaltungskosten auf zukünftige Generationen verlagert wurden.“

Die 44seitige A4-Broschüre gibt es zum stolzen Preis von 80 Euro (! – ein Fall für das Kartellamt???) beim

Verband kommunaler Unternehmen (VKU)
Abteilung Wasser/Abwasser
Hausvorteiplatz 3 – 4
10117 B e r l i n
Tel.: 030/58580-152, Fax: 030/58580-101
Internet: www.vku.de/wasser

Warum haben die Kartellbehörden Oberwasser?
 

Warum reagieren die Wasserwerker auf die Zumutungen der Kartellämter derart schaumgebremst? Mit mehr Mumm könnten die Wasserwerker zur politikwirksamen Gegenoffensive antreten: Nachdem die Kartellbehörden gegen die wahren Oligopolisten und Giganten in der Strom- und Gasbranche keinen Stich landen konnten, knüpfen sie sich jetzt offenbar ersatzweise die kleinen Wasserwerker vor. Und nachdem die Anreizregulierung zum Preis einer zunehmenden Gefährdung der Versorgungssicherheit von der Bundesnetzagentur auf den Weg gebracht wurde, sucht man sich in der Bundesnetzagentur ein neues Betätigungsfeld.

Aber was haben die Bürger davon, wenn Kartellbehörden und Bundesnetzagentur der Wasserwirtschaft ein staatliches Regulierungsregime überstülpen wollen? Von der komplexen Technik der Wasserversorgung und deren Nachhaltigkeitsanforderungen haben Kartellbehörden und Bundesnetzagentur nur eine begrenzte Ahnung. Die Einmischung der Halbwissenden wird das Wasser vielleicht billiger machen – aber zu welchem Preis?

Wenn sich die Kartellbehörden daran machen, die Wasserwerke kaputtzusparen, dann müssen die Wasserwerker die Bürgerinnen und Bürger als Bündnisgenossen mobilisieren: Alle Umfragen bestätigen, dass die Bürger Wert auf eine dauerhaft hohe Wasserqualität legen. Und die ist eben nicht zum Billigsttarif zu haben. Insofern müsste es auch den Kunden der Wasserwerke zu vermitteln sein, dass eine langfristige Substanzerhaltung ihren Preis wert ist.

Das zögerliche Vorgehen der Wasserwerkerszene gegen das dreiste Vorgehen der Kartellbehörden liegt aber vielleicht auch daran, dass die Mehrzahl der Wasserwerke in Deutschland mangels exakter und vergleichbarer Kostenrechnung nur recht nebulös begründen kann, wie sich der jeweilige Wasserpreis bzw. die jeweilige Wassergebühr genau zusammensetzt. Und das sind denkbar schlechte Voraussetzungen, den auftrumpfenden Kartellbehörden Paroli zu bieten.

-ng-

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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