aktualisiert:
22. Oktober 2010

 

 

 

 

 

Volltextsuche:

 

 

 


 

 

  Nachrichten  

WasserInBürgerhand!

Handelsblatt, 13.10.2010

Hessen:
Die Wassermarkt-Regulierung stockt

Vorreiter Hessen bremst seine Bemühungen bei der Regulierung
des Wassermarkts. Kartellverfahren verzögern sich.

Martin Murphy, Frankfurt

 

Hessen gilt als das Bundesland mit der schärfsten Aufsicht bei den Wasserpreisen. Diesen Ruf droht das Land nun zu verlieren, denn die schwarz•gelbe Regierung in Wiesbaden tritt bei der Regulierung des Marktes auf die Bremse. Zwei laufende Kartellverfahren gegen Versorger in Frankfurt und Kassel werden vorerst nicht weiter verfolgt, erfuhr das Handelsblatt aus Branchenkreisen.

Die im Wirtschaftsministerium angesiedelte Landeskartellbehörde wird damit ausgebremst. Statt dieser die Preiskontrolle -wie bislang - zu überlassen, solle nun der Landesrechnungshof die Kostenstruktur der Wasseranbieter in Frankfurt und Kassel prüfen, so ein Sprecher des hessischen Innenministeriums.

Kommunen fürchten um Einnahmen

Die Verfahren gegen die Unternehmen werden sich erheblich verzögern, was viele in der Wasserbranche freut. Den lange Zeit konnten die rund 6200 Wasseranbieter in Deutschland ihre Preise ohne größere Einflussnahme der Aufsichtsbehörden festlegen. Das änderte sich erst mit dem früheren hessischen Wirtschaftsminister Alois Rhiel. Als oberster Kartellwächter des Landes nahm er die Preise unter die Lupe und strengte gegen mehrere Anbieter verfahren an.

Andere Bundesländer folgen dem Vorbild der Hessen, aber die Regierung in Wiesbaden bricht mit Rhiels harter Linie. Sein Nachfolger Dieter Posch (FDP) hatte zwar beteuert, dass er ein waches Auge auf die Wasserpreise haben wird. Aber scheinbar wurde der Druck der Kommunen zu groß; diese sorgen sich um die Einnahmen der häufig kommunalen Wasseranbieter.

In einem Brief an Ministerpräsident Volker Bouffier fordert der Hessische Städtetag die Aufsichtsbehörden auf, keine weiteren Kartellverfügungen zu erlassen. Zugleich droht der Verhand mit einer landesweiten Umwandlung von Preisen in Gebühren. Die Unternehmen könnten sich damit der Aufsicht durch die Kartellbehörden entziehen.

Grund für die Kritik des Städtetags ist die Höhe der verordneten Preissenkungen. Die Frankfurter Mainova muss wie die Stadtwerke Kassel ihre Tarife um 37 Prozent kappen. Mainova-Chef Constantin Alsheimer sieht seine Unternehmen dadurch mit einem zweistelligen Millionenbetrag belastet.

Die Höhe der Preissenkung leitete die Kartellbehörde aus Vergleichen mit anderen Wasseranbietern ab. Die Unternehmen lehnen dies zwar ab, jedoch bestätigte der Bundesgerichtshof im Frühjahr die Methode der Hessen als rechtmäßig.

Prüfung der Wasserpreise in Berlin

Die Stadtwerke in Frankfurt und Kassel hatten sich auf einen empfindlichen Eingriff in ihre Preisgestaltung einstellen müssen – mit der verordneten Regulierungspause ist diese Gefahr nun vorerst gebannt.

Entspannt zurücklehnen kann sich die Branche aber nicht. Denn während in Hessen die Aufsicht über den Milliardenmarkt ins Stocken gerät, ziehen andere Behörden die Daumenschrauben an. So hat das Bundeskartellamt nach dem Vorbild der hessischen Kartellbehörden eine umfassende Untersuchung der Preisgestaltung in Berlin eingeleitet. Um die Tarife in der Hauptstadt auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, haben die Kartellhüter 45 Großstädte zur Offenlegung ihrer Kostenstrukturen aufgefordert.

Der dazu verschickte Fragenkatalog basiert weitgehend auf den Erfahrungen der Landeskartellbehörde Hessen. Branchenkenner erwarten, dass sich die Berliner Bürger auf einen Preisabschlag jenseits der Marke von zehn Prozent einstellen können.

Auch Sachsen geht gegen überhöhte Wasserpreise vor. Sechs Anbieter seien aufgefordert worden, ihre vergleichsweise hohen Tarife zu begründen, sagte Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP). "Keinem Wasserkunden darf ein ungerechtfertigt hohes Entgelt in Rechnung gestellt werden."

 

WASSERMARKT

Fehlplanung
Die Geschichte der deutschen Wasserbranche ist auch eine von Fehlplanungen. In Erwartung eines steigenden Bedarfs haben die Unternehmen ihre Netze aufgerüstet. Tatsächlich sinkt der Verbrauch Jahr für Jahr dank neuer Technik im Haushalt. Da die Netze finanziert werden müssen, belaufen sich die Fixkosten am Wasserpreis zum Teil auf 80 Prozent.

Verwerfung
Zu Verwergungen auf dem Wassermarkt mit seien rund 6200 Anbietern trägt die Aufteilung in Preise und Gebühren bei. Währen die Preise von den Kartellbehörden kontrolliert werden, unterliegen Gebühren der kommuinalen Aufsicht. In der Regel ist Letztere schwächer.


 

 
Zurück zur Startseite


  2005 by wd team stuttgart      xxl sicherheit