aktualisiert:
25. Januar 2010
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief,
10.1.2010
Böse
Weihnachtsbescherung in Leipzig:
Desaströse CBL-Geschäfte
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Ein
Tag nach Weihnachten 2009 platzte in Leipzig die Bombe – als
nämlich bekannt wurde, dass kurz vor Weihnachten die beiden
Geschäftsführer der Kommunalen Wasserwerke Leipzig GmbH
(KWL) im Zusammenhang mit dubiosen Cross-Border-Leasing-Geschäften
(CBL) von der Stadtspitze „mit sofortiger Wirkung“ aller
Aufgaben entbunden worden waren. Der
nächste Hammer fiel, als am 8. Jan. 2010 der KWL-Aufsichtsrat
die beiden Geschäftsführer fristlos entließ und Strafanzeige
wegen Untreue gegen Dr. ANDREAS SCHIRMER (Technischer Geschäftsführer;
49) und KLAUS HEININGER (Kaufmännischer Geschäftsführer,
59) stellte.
Die
Pressemeldungen über die Hintergründe des Aufsehen erregenden
Vorgehens gegen die beiden Geschäftsführer sind noch ziemlich
wirr – und auch der Aufsichtsrat nimmt an, dass es noch Wochen
dauern wird, „die hochriskanten Finanzgeschäfte“ der
beiden Geschäftsführer auch nur halbwegs aufzuklären.
Bis zum Stand zum 9. Jan. wurden in den Medien folgende Spekulationen über
die Vergehen von SCHIRMER und HEININGER kolportiert. Nach Informationen
der Leipziger Volkszeitung (LVZ) sollen die beiden Manager ohne Zustimmung
der Gremien zur Abdeckung von Risiken aus Cross-Border-Leasing-Geschäften (s.
RUNDBR. 919/3-4) hochspekulative Versicherungsgeschäfte
eingegangen sein, bei denen man von einem Ausfallrisiko im dreistelligen
Millionenbereich ausgehen müsse!
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KWL-Geschäftsführer
täuschten Aufsichtsrat
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Durch die internationale
Finanzkrise 2008 waren auch die streng geheim gehaltenen Cross-Border-Leasing-Geschäfte
der Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) unter Bonitätsdruck
geraten. Bestehenden Versicherungen erschienen nun als nicht mehr
ausreichend. Die stark angeschlagenen Versicherungsverträge
sollen nach Medienberichten folgende Entwicklung in Gang gesetzt
haben:
HEININGER habe
vor einigen Monaten vorgeschlagen, die laufenden Versicherungsverträge
zu kündigen und durch neue zu ersetzen. Unter dem Punkt „Sonstiges“ sollte
der Versicherungswechsel in einer Aufsichtsratssitzung in Nov.
2009 (nach anderen Berichten schon im Okt. 2009) beschlossen werden.
Umfang des finanziellen Risikos: rund 100 Millionen Euro oder mehr.
Zur kurzen Erklärung wurde den Teilnehmern der Aufsichtsratssitzung
von HEININGER ein kleines Papier („Tischvorlage“) ausgereicht.
Der Aufsichtsrat lehnte die schnelle Absegnung des Deals ab. Begründung:
Der Vorgang – mit einem solch hohen Risiko – solle
erst geprüft werden.
Der Hauptgesellschafter
der KWL, die Leipziger Versorgungs- und Verkehrs AG - vergab einen
Rechercheauftrag an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG.
Die KPMG-Prüfer erklärten aber ziemlich schnell, dass
es eigentlich nichts mehr zu prüfen geben würde. Denn
HEININGER und SCHIRMER hätten das hochriskante Finanzgeschäft
schon längst unterschrieben – am Aufsichtsrat vorbei.
Und noch schlimmer: Die beiden KWL-Geschäftsführer hätten
schon 2006 „immense und hochriskante Finanzgeschäfte
außerhalb der Buchführung getätigt“.
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Wasserwerke-Chefs
kauften toxische Finanzprodukte
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Auf einer Pressekonferenz
des Aufsichtsrates zur Kündigung der beiden Geschäftsführer
am 8. Jan. 2009 wurden die Vorwürfe konkretisiert: HEININGER
und Schirmer hätten so genannte CDO-Geschäfte abgeschlossen.
CDO steht für Collateralized Debt Obligation – also
genau die toxischen Finanzprodukte, die 2008 zur epochalen Finanzkrise
geführt haben.
Die Geschäftsführer
- oder besser: die Wasserwerke Leipzig – übernahmen
mit den CDOs Ausfallrisiken für Kredite in dreistelliger Millionenhöhe.
Die LVZ will von 250 Millionen Euro wissen, für die die Wasserwerke
quasi als Versicherer gerade stehen. CDOs aber sind nun genau das,
wonach der Aufsichtsrat der KWL auf der Sitzung im Herbst 2008
seine beiden Geschäftsführer dezidiert gefragt hatte:
hochriskante Derivate. - Der Aufsichtsrat, so ANDREAS MÜLLER,
1. Bürgermeister von Leipzig und Aufsichtsratsvorsitzender,
erhielt auf viermaliges Nachfragen jedes Mal die Antwort "Nein".
„Die
politischen Pappnasen“
im Rathaus von Leipzig
Auf
der Homepage der Leipziger Volkszeitung häufen sich
erboste Kommentare von empörten Lesern. Vermutet wird
u.a., dass die beiden gefeuerten Geschäftsführer
der Leipziger Wasserwerke auch als Bauernopfer herhalten
müssen:
„Und
was ist mit der Verantwortlichkeit des damaligen Oberbürgermeisters,
des Bürgermeisters für Finanzen und des Stadtrates
für den Abschluss der CBL-Verträge? Alle haben
dafür votiert!“,
schreibt
ein Leser. Ein anderer Leser ist ähnlicher Ansicht:
„Man
sucht natürlich nach Bauernopfern aber was ist eigentlich
mit den Aufsichtsräten der Gesellschaften. Gegen
die dort sitzenden Leipziger Politik-Pappnasen (aller
Parteien) sollte man gleich mit Strafanzeige stellen.“
Und
noch ein anderer Leser meint, dass die Stadt die Wasserwerke
unter zu hohen Ertragsdruck gesetzt habe:
„Ursache
allen Übels ist doch der finanzielle Druck, der
von der Stadt auf die kommunalen Versorgungsunternehmen
ausgeübt wird. Würde die Stadt mal selbst ihren
eigenen maroden Haushalt in den Griff bekommen, dann
wären solche Geschäfte auch gar nicht erst
zustande gekommen.“
Ein
weiterer Leser unterstellt der Rathausspitze totales Versagen:
„Und
ein weiteres Kapitel in der Endlos-Serie »Die Stadt
Leipzig und ihr unfähiges Verwaltungspersonal«.
Die üble Mischung aus Größenwahn und
Unfähigkeit verbunden mit persönlicher Bereicherung
hat Leipzig zur Armutshauptstadt Sachsens gemacht. Gab
es diesmal wieder teure Glashütte-Uhren für
die Herren?!“
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40
Millionen-Prämie
für die KWL-Geschäftsführer
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Die
KPMG-Wirtschaftsprüfer deckten auf, dass HEININGER und SCHIRMER
2006 die geheimen Finanzgeschäfte in dreistelliger Millionenhöhe
mit der Schweizer Bank UBS abgeschlossen hatten. Für die CDO-Geschäfte
sollen die Geschäftsführer eine Prämie von 40 Millionen
Euro erhalten haben, von denen zehn Millionen Euro wiederum zur Absicherung
von Finanzaktivitäten der KWL eingesetzt wur den. Über
den Verbleib der restlichen 30 Millionen ist noch nichts bekannt,
auch nicht, ob sich die Manager bereichert haben. Der
Leipziger Oberbürger-meister BURKHARD JUNG (SPD) beschrieb das
CDO-Geschäft bildhaft so:
"Um
die Kreditierung für Ihr Eigenheim zu bezahlen, übernehmen
sie die Kreditversicherung für einen Wolkenkratzer, der im
Erdbebengebiet steht."
OB
JUNG zum daraus resultierenden Risiko:
"Ich
persönlich erwarte schon im 1. Quartal 2010 Ausfälle
in Millionenhöhe."
Dies
deshalb, weil einige der in den CDO-Papieren der UBS versteckten
Kredite bereits geplatzt sind. JUNG warf den Geschäftführern
Vertrauensmissbrauch, "kriminelle
Machenschaften" und bewusste Täuschung vor. Es gehöre
nicht zum Auftrag eines öffentlichen Wasserunternehmens, am
Finanzmarkt als Versicherer zu agieren.
"Am
Ende zahlen die Leipziger die leichtfertigen Finanzjonglierereien
dieser Herren."
40
Millionen-Prämie
für die KWL-Geschäftsführer
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Das
Versprechen der KWL-Geschäftsführer:
„
Wir halten den Laden sauber“
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Die
Vorgänge in Leipzig sind auch deshalb so frappierend, weil sich
die Kommunalen Wasserwerke GmbH (KWL) deutschlandweit als eines der
Wasserversorgungsunternehmen profiliert hat, das am lautesten auf
Transparenz und verantwortliche Unternehmensführung Wert gelegt
hatte. Die entsprechenden Aussagen auf der KWL-Homepage lesen sich
vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen wie eine Lachnummer.
Unter dem Stichwort „Verantwortung“ heißt es auf
der Homepage u. a.:
„Die
Zeit, in der nur die großen Konzerne gefragt waren, Verantwortung
für die Gesellschaft zu übernehmen, ist vorbei.
Mehr und mehr ist auch der Mittelstand in der Pflicht, gesellschaftliche
Verantwortung noch konsequenter in die Unternehmensführung
zu integrieren. Zu den beiden Säulen gesellschaftlicher Verantwortung
gehören 'Verantwortliche Unternehmensführung’ sowie
'Nachhaltiges Wirtschaften’, das ökonomische, ökologische,
soziale und regionale Aspekte in Balance hält. Dementsprechend
zielen wir nicht auf kurzfristige Effekte, sondern auf eine fundierte,
langfristige Entwicklung ab. Denn nachhaltiges Wirtschaften bildet
die Voraussetzung dafür, dass die KWL dauerhaft in und zum
Wohl der Region Leipzig und ihrer Bürger existieren kann.“ [Fettdruck
im Original.]
KLAUS
HEININGER war
kein unbeschriebenes Blatt
KLAUS
HEININGER war schon 2006 erstmals negativ im Zusammenhang
mit den dubiosen Vorgängen um die CBL-Geschäfte
der ebenfalls kommunalen Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB)
aufgefallen. Der
Aufsichtsrat der LVB hatte HEININGER damals von seiner Position
als kaufmännischer Geschäftsführer abberufen.
Die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft gegen HEININGER
in Sachen LVB laufen noch. Sonderbarerweise
ließ man aber HEININGER auf seinem Geschäftsführerposten
bei den Wasserwerken.
Auch
als HEININGER im Okt. 2009 den für alle Aufsichtsratsmitglieder
undurchsichtigen Vermerk vorlegte, konnte sich der Aufsichtsrat
nicht dazu entschließen, HEININGER als Kaufmännischen
Geschäftsführer der KWL abzuberufen.
Bemerkenswert
ist auch, dass bereits die CBL-Geschäfte für die
Leipziger Kläranlage und das Trinkwasserversorgungsnetz
in den Jahren 2000 und 2003 von HEININGER und SCHIRMER am
Aufsichtsrat vorbei getätigt worden waren.
Bei
der Aufsichtsratssitzung am 08.01.10 wurde der Rauswurf von
HEININGER durch den KWL-Aufsichtsrat einstimmig gebilligt.
Weil Heininger und Schirmer die KWL grundsätzlich nur
gemeinsam vertreten können und auch die CDO-Geschäfte
gemeinsam gezeichnet hatten, hatte der Aufsichtsrat beiden
Geschäftsführern den Laufpass gegeben.
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Interessant ist noch der Aspekt, dass bis Anfang Januar 2010
der frühere Geschäftsführer von Veolia Wasser,
CHRISTOPHE HUG, für den Job als KWL-Geschäftsführer
vorgesehen war. Doch offenbar machte der Ex-Veolia-Mann im
letzten Moment einen Rückzieher.
„Womöglich
angesichts der unkalkulierbaren Folgen der Finanzverträge,
die noch bis 2014 und 2017 laufen. Eine tickende Zeitbombe
für die KWL“,
kommentierte
die Leipziger Volkszeitung.
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Um
ihre deutschlandweite Führungsrolle bei der verantwortungsvollen
Unternehmensführung in der Trinkwasserver- und in der Abwasserentsorgung
zu dokumentieren, geben die KWL seit 2007 neben dem Geschäftsbericht
alle zwei Jahre eine separate Broschüre mit dem Titel „Unsere
Verantwortung“ heraus. In der neuen Ausgabe für
2008/2009 ist eine Seite mit der Schlagzeile überschrieben: „Wir
halten den Laden sauber!“ In völligem Kontrast
zur Realität beteuern die beiden Geschäftsführer in
der Broschüre:
„Dabei
steht für die KWL fest: Vertrauen ist das Ergebnis einer kontinuierlich
guten und verantwortungsvollen Arbeit vor Ort.“
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Der
späte Fluch der bösen Tat
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Der fristlose
Rauswurf der beiden KWL-Bosse dürfte vor allem für den
Technischen Geschäftsführer, ANDREAS SCHIRMER, tragisch
sein. Er war in der deutschen Wasserwirtschaft derjenige Wasserwerker,
der bei jeder Gelegenheit, auf jedem Kongress und in jedem Fachblatt
seine Kollegen zur glasklaren Transparenz und zur allumfassenden
Kommunikation mit den Kunden aufgefordert hatte (s.
RUNDBR. 912/4).
Ferner legte
SCHIRMER großen Wert darauf, dass die Wasserversorgung nicht
dem schnöden Kommerz und der Gewinnmaximierung ausgeliefert
werden dürfe. Für seine Wortführerschaft beim Erhalt
einer kommunal geprägten Wasserversorgung war SCHIRMER im
November 2008 von seinen europäischen Kollegen zum Präsidenten
des neu gegründeten Wasserkomitees des Europäischen Zentralverbandes
der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) gewählt worden.
Als sich vor
Weihnachten 2009 die Ereignisse in Leipzig überschlugen, versuchte
sich SCHIRMER noch von seinem Geschäftsführerkollegen
HEININGER abzusetzen. Während sich HEININGER nach der Beurlaubung
vor Weihnachten 2009 krank meldete, nutzte SCHIRMER die Zeit für
politische Lobbyarbeit in eigener Sache: Noch in der letzten Woche
des alten Jahres soll er nach LVZ-Informationen Leipziger Stadträte
persönlich kontaktiert haben, um das Desaster aus seiner Sicht
zu erklären. Er habe das Ausmaß der 2006 abgeschlossenen
risikoreichen Geschäfte gar nicht ermessen können, sei
von HEININGER quasi gelinkt worden. Und überhaupt sei es auf
ihn zurückzuführen, dass die dubiosen Machenschaften
seines Kollegen jetzt ans Tageslicht gekommen seien. Er habe begonnen,
eigene Recherchen zu dem ganzen Komplex anzustellen. Dabei sei
er zunehmend in Konflikt mit HEININGER geraten, der sogar dem Firmen-Rechtsanwalt
der KWL verboten habe, Auskünfte an SCHIRMER zu Finanzproblemen
zu erteilen.
Lt. der weiteren
Darstellung der LVZ habe SCHIRMER dennoch "unverantwortbare
Risiken" in den Verträgen mit einer Londoner Bank entdeckt – wobei
die LVZ hinzufügte, dass SCHIRMER diese Verträge „freilich
einst selbst mit unterschrieben hatte: hunderte Seiten in englischer
Sprache“. SCHIRMER soll über die heraufdräuenden
Risiken den Hauptgesellschafter - die Stadt Leipzig vertreten durch
die Holding LVV - informiert haben. Und das habe dann dazu geführt,
dass die LVV das oben genannte KPMG-Gutachten in Auftrag gegeben
hat.
SCHIRMER scheint
gleichermaßen Täter wie Opfer von Machenschaften zu
sein, die er öffentlich immer lauthals abgelehnt hatte. In
einem Vortrag von SCHIRMER, der im Internet unter
http://www.hdm-stuttgart.de/wi/is/forschung_
und_transfer/csr/schirmer.pdf
veröffentlicht
worden ist, formulierte Schirmer zum einen hohe moralische Ansprüche
an die Mitarbeite-rInnen der KWL und schrieb zum anderen:
„Bürger
erwarten gerade bei kommunalen Unter-nehmen, dass diese verantwortlich
geführt werden und sich für das Gemeinwohl engagieren.
Gesellschaftliche Verantwortung muss im strategischen Management
verankert sein und messbar gemacht werden.“
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OOWV-Vorsteher
zurückgetreten geworden
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Das
Zocken an der Spitze der Leipziger Wasserwerke ist sicher deutlich
schwerwiegender als der Vorfall, der letzthin beim Oldenburgisch-Ostfriesischen
Wasserverband (OOWV) bekannt geworden ist. Gleichwohl sind auch die
OOWV-Vorgänge ein Beispiel dafür, dass manche Wasserwerker
jegliche Bodenhaftung verloren haben.
Beim
OOWV, dem flächenmäßig größten Wasserversorger
in Deutschland (s. RUNDBR. 685/2-3, 675/2-3,
617/2-3), fungiert seit 2001 der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister
KARL-HEINZ FUNKE (SPD) und SCHRÖDER-Kumpel als Verbandsvorsteher.
Jetzt
kam heraus, dass FUNKE für die Feier zu seiner Silberhochzeit
im Jahr 2007 vom OOWV einen Zuschuss von 8.000 Euro erhalten hatte.
Dass der OOWV-Zuschuss für eine private Fete nicht so ganz in
Ordnung war, muss der OWVV-Führung und FUNKE damals klar gewesen
sein. Darauf deutet zumindest hin, dass der Gastwirt, der den OOWV-Zuschuss
für die Ausrichtung der Festivität erhalten hatte, als
Rechnungszweck „Bauarbeiten“ angegeben hatte. Zudem wurde
der Zuschuss gestückelt überwiesen. Lt.
St.Z. vom 08.01.10 hat erst die Prüfung der Verbandsfinanzen
durch den Wasserverbandstag Ende 2009 die Unregelmäßigkeiten
ans Licht gebracht.
Trotz
seines beträchtlichen Einflusses in Niedersachen musste sich
FUNKE stark sträubend von seinem Vorsteher-Posten beim OOWV
zurückziehen. Funke-Kritiker äußerten den Verdacht,
„der
SPD-Politiker habe noch täuschen und vertuschen wollen, als
er schon ertappt worden war“.
Über
die autokratische Herrschaft von FUNKE schrieb die St.Z.:
„An
Funke scheiden sich seit langem die Geister. Die einen halten ihn
für einen SPD-Politiker, der in seiner Oldenburgischen Heimat
Narrenfreiheit genoss, ein dichtes Netz an Getreuen knüpfte
und damit quasi eine unangreifbar Machtposition aufbaute. Seine
volkstümlichen Reden, oft an der Grenze zur Frauenfeindlichkeit,
riefen viele Kritiker auf den Plan.“
Angesichts
des Missgriffs in die OOWV-Schatulle wird FUNKE jetzt von nicht wenigen
SPD-Parteifreunden offen zum Rücktritt auch von allen anderen Ämtern,
sowohl im Stadtrat von Varel, im Kreistag von Friesland und im Aufsichtsrat
des Energieversorgers EWE gedrängt. (FUNKE musste 2001 seinen
Ministersessel wegen der damaligen Aufregung um den „Rinderwahnsinn“ (BSE)
zu Gunsten von RENATE KÜNAST räumen – s.
593/1-2. Während FUNKE der traditionellen Landwirtschaft
verhaftet war, läutete KÜNAST damals gegen den Widerstand
ihres Vorgängers die „Agrarwende“ ein. Damaliges
Ziel: Den Marktanteil des Ökolandbaus in Deutschland von zwei
Prozent bis 2010 auf zwanzig Prozent zu steigern – s.
591/1-3.)
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Wie
lassen sich Wasserwerker &
Abwasserwerker kontrollieren?
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Dass
das Versprechen von HEININGER und SCHIRMER zur glasklaren Transparenz
in Leipzig so grandios gescheitert ist, dürfte auch Bedeutung
für die Bewertung der angekündigten Transparenzinitiative
des Bundesverbandes der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BdEW)
haben (s. RUNDBR. 921/1).
Die
beeindruckende Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit in Leipzig
macht deutlich, dass gewiefte Geschäftsführer selbst den
Aufsichtsratsmitgliedern locker ein X für ein U vormachen können.
Auch die Vorgänge bei den Stadtwerken in Basel (große
Sause auf Kosten der GebührenzahlerInnen; siehe
RUNDBR. 926/1) und oder beim Ol-enburgisch-Ostfriesischen
Wasserverband (OOWV) sind Beispiele, wie sich mangels gesellschaftlicher
Kontrolle das Führungspersonal von Wasser- und Stadtwerken verselbständigt.
Wie
aber eine gesellschaftliche Kontrolle durch GebührenzahlerInnen
und Verbraucherbeiräte aussehen könnte – darüber
hat die politische Debatte noch kaum begonnen. Sicher
ist nur, dass die eigentlich zuständigen Kontrollorgane – nämlich
die Gemeinde- und Aufsichtsräte - allein nicht in der Lage
sind, die Entgleisungen der Wasserwerke-Chefs zu verhindern. Bei
den Überlegungen zu mehr Bürgerbeteiligung in der Siedlungswasserwirtschaft
ist noch völlig ungeklärt, wie Kontrollmechanismen aussehen
könnten, mit denen beispielsweise CBL-Geschäfte oder
Zinswetten der Versorger (s. 919/4) schon
im Ansatz hätten verhindert werden können.
-ng-
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Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale
Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare
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