n
 

 


aktualisiert:
3. März 2013

 

 

 

 

 

 

Volltextsuche:

 

 

 


 

 

  Nachrichten  

WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 24.12.2012

 

Spurenstoffe im Trinkwasser
– ein Kommunikationsproblem


 

Im Jahresbericht der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke Bodensee-Rhein 2011 (AWBR-) wird hervorgehoben, dass „die kommunikative Behandlung von "Spurenstoffen im Trinkwasser’“ ein „zentrales Problem“ für die AWBR im Jahr 2011 gewesen sei. Umfragen hätten allerdings gezeigt, dass es beim medialen
„Spiel mit diffusen Ängsten vor unbekannten Stoffen in Keinstmengen im Trinkwasser“ nicht gelungen sei, „das gute Image des Trinkwasser nachhaltig“ zu gefährden.

Zum „kommunikativ komplizierten Thema“ der Mikroverunreinigungen im Trinkwasser haben die Rheinwasserwerke inzwischen einen Leitfaden erstellt. Der Kommunikationsleitfaden orientiert sich u.a. an folgenden Prinzipien:

„Mit griffigen Beispielen arbeiten, statt mit unverständlichen Grenzwertzahlen. Sich vertrauensvolle Zeugen in neutralem Status sichern, weil Zeugnis in eigener Sache abzugeben meist nicht gelingt. Transparenz herstellen und die eigene Kompetenz darlegen, dann entsteht Vertrauen.“

Bedauert wird im AWBR-Jahresbericht 2011, dass es an einer toxikologischen Bewertung der Mikroverunreinigungen fehlen würde.

 

Ist das Fäkalindikatorprinzip noch zeitgemäß?

 

In den letzten Jahren wurden vermehrt Bedenken geäußert, dass die traditionell praktizierte mikrobielle Untersuchung des Roh- und Trinkwassers unzureichend sein könnte (s. RUNDBR. 1003). Da mit der Standard-Analytik nur Bakterien nachgewiesen werden können, könnten einem die Viren durch die Lappen gehen, so der Verdacht. Ob dem tatsächlich so ist, wird in dem Aufsatz „Vorkommen und Nachweis von Mikroorganismen und Viren in Roh- und Trinkwassern“ diskutiert (AWBR-Jahresbericht 2011, S. 157 ff.)

Untersucht wurden verschiedene Oberflächengewässer im Hinblick auf die Häufigkeit des Vorkommens von krankmachenden Bakterien und Viren. Dabei hat sich gezeigt, dass Fäkalbakterien immer in deutlich höheren Konzentrationen als Viren vorkamen. Wenn man Fäkalbakterien in Oberflächengewässern findet, kann man davon ausgehen, dass auch krankmachende Viren im Rohwasser enthalten sein können. Den umgekehrten Sachverhalt konnte man nur in ganz wenigen Fällen nachweisen – also einen positiven Virusbefund, aber keinen positiven Fäkalindikatorbefund.

Fazit der Autorin BEATE HAMBSCH vom Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe:

„Zur Beurteilung der möglichen viralen Belastung einer Messstelle ist ein Untersuchungsprogramm mit Fäkalindikatoren mit ausreichender Untersuchungsfrequenz die beste Möglichkeit, die Vulenerabilität [Verletzlichkeit] einer Messstelle für fäkale Einträge anzuzeigen, die immer potenziell mit viralen Belastungen verbunden sein können.“

 

Vom Rückhalt der Viren

 

Mit einer ähnlichen Thematik wie zuvor Frau Dr.HAMBSCH beschäftigt sich auch PIA LIPP in ihremAufsatz „Entfernung von Mikroorganismen undViren bei der Trinkwasseraufbereitung“ – ebenfalls im AWBR-Jahresbericht 2011 (S. 173 ff.). Die Autorin konstatiert:

„Aufgrund der fehlenden eindeutigen Korrelation zwischen dem Auftreten von Viren und den in der Trinkwasserverordnung genannten Parametern sowie der Nachweisproblematik besteht eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die tatsächliche Aufbereitungswirksamkeit der gängigen Verfahren für den Rückhalt von Viren.“

Die Mitarbeiterin der Karlsruher Technologiezentrums Wasser (TZW) kommt allerdings zum Schluss,

„dass eine ausreichende Entfernung von Mikroorganismen und Viren bei der Trinkwasseraufbereitung sowohl bei der konventionellen Filtration [mit Flockung und Sandfiltern] als auch der Ultrafiltration [mit Membranen] gelingt, wenn die Anlagen unter optimierten Betriebsbedingungen und nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik betrieben werden.“

PIA LIPP erläutert auch, was hinsichtlich des Durchbruchs von Viren passieren kann, wenn man sich nicht der allgemein anerkannten Regeln der Technik befleißigt – beispielsweise wenn man zu hohe Filtergeschwindigkeiten oder zu starke Durchflussschwankungen riskiert.

 

Soll man Trinkwasser auf Viren analysieren?

 

Kritisch mit der Forderung des Vorsitzenden der Trinkwasserkommission, Prof. MARTIN EXNER, künftig auch die Konzentration von Viren im Rohwasser zu analysieren (s. RUNDBR. 1003), setzt sich DORIS REICK vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg auseinander. In ihrem Aufsatz „Nachweis von Viren – ein Indikator für die Praxis?“ im AWBRJahresbericht 2011 (S. 187 ff.) kommt die Autorin zum Ergebnis, dass die Untersuchung auf Viren nicht praxistauglich sei und dass „die Kontrolle der Fäkalindikatoren weiterhin als ausreichend angesehen werden“ kann.

Wollte man sicher gehen, dass die Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation im Hinblick auf Virenfreiheit im Trinkwasser eingehalten werden, müsste man beispielsweise bei Rotaviren 32.000 Liter Trinkwasser untersuchen. „Solche Untersuchungsvolumina sind in der Praxis nicht durchführbar“, mahnt die Hygiene-Expertin, die Kirche im Dorf zu lassen. Die heute zur Verfügung stehenden Methoden zur Analytik von Viren seien zudem „wenig reproduzierbar und damit nicht hinreichend aussagefähig“. DORIS REICK macht jedoch auch darauf aufmerksam, dass die Schlussfolgerung, auf einen Virusnachweis zur Ermittlung der fäkalen Belastung bei der Routineuntersuchung von Rohwässern zu verzichten, nicht auf einen „Verzicht auf eine Risikoanalyse und –bewertung des Wassereinzugsgebietes, der Schutzzonen und der Rohwassergewinnung“ hinauslaufen dürfe:

„Ganz im Gegenteil ist es sinnvoll und notwendig, dass die Wasserversorgungsunternehmen die Qualität ihres Rohwassers sowohl in chemischer als auch mikrobiologischer Hinsicht charakterisieren und ihnen Einflüsse aus der Umgebung der Wasserfassungen, die zu einer Verunreinigung der Rohwasserquelle führen können, bekannt sind, um gegebenenfalls notwendige Maßnahmen einzuleiten.“

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
Zurück zur Startseite


  2005 by wd team stuttgart      xxl sicherheit