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30. November 2014

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 30.11.2014

 

Werra-Versalzung – Umweltbundesamt:
Eindampfung ist unrealistisch

 

Um der Versalzung von Werra und Weser aus dem osthessischen Kali-Revier Einhalt zu gebieten, werden zwei Lösungsalternativen diskutiert:

  • Die Fernentsorgung über eine rd. 400 km lange Salzwasserpipeline in die Nordsee (s. RUNDBR. 1037/1-4).

  • Ein System zur Eindampfung der Salzlaugen vor Ort (siehe RUNDBR. 1048/1-3)

Im Okt. 2014 hat das Umweltbundesamt (UBA) eine Empfehlung zu diesem Variante­streit veröffentlich. Tenor: Chancen auf eine Realisierung habe nur der Bau der Salzpipeline. Merkwürdig ist, dass sich das UBA in seiner Stellungnahme weitgehend vom Votum des K+S-Konzerns abhängig gemacht hat: Die K+S-Firmenleitung habe die Eindampfung als nicht wirtschaftlich eingestuft. Dabei handele es sich um „eine Unternehmensentscheidung“, die das Umweltbundesamt „nicht bewerten“ könne. Und an anderer Stelle in der Empfehlung formuliert das UBA, dass die Frage, inwieweit die Zumutbarkeit der Eindampflösung „wirtschaftlich zuträglich“ sei, „nur das Unternehmen selbst entscheiden könne“. Zudem gebe es

„derzeit keine erkennbare Bereitschaft bei K+S oder an anderer Stelle, die für die Eindampfungslösung noch erforderlichen Untersuchungen für die Abwasseraufbereitung und den Versatz sowie für Machbarkeitsstudien als Grundlage für seriöse Kostenschätzungen und darauf beruhenden Unternehmensentscheidungen zu finanzieren.“

Insofern habe nur die Salzpipeline Realisierungschancen. Zu einem gegenteiligen Votum würde man allenfalls dann gelangen,

wenn „gerichtliche oder staatliche Vorgaben die Reduktion der Einleitung und Versenkung von Salzabwässern nach Zeit und Menge in einem solchen Maße geböten, dass eine zügige und stringente Lösung erzwungen würde, sei es die Eindampfung, eine Rohrleitung oder aber die dann nicht auszuschließende Betriebsschließung“.

Die UBA-Empfehlung vom Okt. 2014 lässt noch unberücksichtigt, dass man seit Sept. 2014 sowohl im K+S-Vorstand als auch im grün geführten hessischen Umweltministerium die Salz­pipeline ebenfalls als wirtschaftlich nicht zumutbar einstuft. Wie im RUNDBR. 1048/3 erläutert, will man in Abstimmung mit dem Umweltministerium in Wiesbaden bei K+S nur einen auf 60 Jahre angelegten Plan akzeptieren: Die Einleitung von Salzlaugen in Werra und Weser soll stufenweise reduziert werden, so dass in der Weser bis zum Jahr 2075 (!) wieder der Süßwasserstatus erreicht werden kann.

Vorauseilender Gehorsam
gegenüber dem K+S-Konzern?

 

Wenn man das Statement des UBA positiv wendet, könnte man aus der Empfehlung folgendes herauslesen: Eine nachhaltige Lösung kann nur erreicht werden, wenn man K+S „gerichtlich“ oder „staatlich“ zu einer „zügigen und stringenten Lösung“ zwingt. Wobei dann die Lösung auch in einer Eindampfung der Salzlaugen bestehen könnte. Wenn man skeptischer an die UBA-Statement herangeht, verwundert es, mit welchem Fatalismus ausgerechnet das Umweltbundesamt seine Empfehlungen vom Gutdünken in der Teppichetage des K+S-Konzerns abhängig macht: Da der Konzern keine Bereitschaft zeige, weitergehende Forschungen zur Eindampf-Variante zu finanzieren, sei es sinnlos, die Eindampf-Variante weiter zu verfolgen:

„Es ist kein Geldgeber für die erforderlichen Untersuchungen zur Schaffung belastbarer Grundlagen für eine spätere (eventuell dann andere) Unternehmensentscheidung über die Eindampfungslösung erkennbar.“

Mit so einer Herangehensweise wäre es in den 80er Jahren nie gelungen, die Chemiebranche zum Ausbau ihrer Werkskläranlagen und zum produktionsintegrierten Umweltschutz zu zwingen. Bei der Hoechst AG hat in der Ägide von Joschka Fischer als damaligem hessischen Umweltminister das Regierungspräsidium Darmstadt den Chemiekonzern angesichts desolater Abwasserverhältnisse zunächst einem „Fragezeichenbescheid“ zugestellt. Mit dem „Fragezeichenbescheid“ wurde der Konzern veranlasst, nach Möglichkeiten des Schadstoffrückhalts und -abbaus zu suchen. Dem folgte dann ein „Ausrufebescheid“ zur Umsetzung der gefundenen Lösungsstrategien. Diese Herangehensweise wurde späterhin auch in den für die Chemiebranche maßgeblichen Anhang 22 zur Abwasserverordnung (AbwV) übernommen. Zudem knüpfte der Vollzug von Anhang 22 an § 5 Absatz 1 Nr. 3 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) an. Danach sind die Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen verpflichtet, das Entstehen von Abfällen zu vermeiden, nicht vermeidbare Abfälle zu verwerten und nicht verwertbare Abfälle "ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit" zu beseitigen.

„Zu den Abfällen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG gehört auch Abwasser, bis dieses entweder in Abwasseranlagen oder Gewässer eingeleitet wird. Die Vermeidung dieses ‚Abfalls’ kann dadurch geschehen, dass bereits die Entstehung verhindert oder innerhalb der betreffenden Anlage genutzt wird, z. B. durch Kreislaufführung, Rückführung und/oder Einbindung in die Produkte. Die Anforderungen der AbwV und ihrer Anhänge bezüglich prozessintegrierter Abwasservermeidung und die des § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG überlagern sich“,

so Dr. Dieter Kaltenmeier, Mitarbeiter im Industrieabwasserreferat des Regierungspräsidiums Freiburg und einer der Väter von Anhang 22. Gegenüber dem K+S-Konzern, der dem Bergrecht unterliegt, scheinen die Errungenschaften der deutschen Gewässerschutzpolitik keine Rolle mehr zu spielen. -ng-

Wie begründet das Umweltbundesamt
die Pro-Pipeline-Empfehlung?

 
Die UBA-Fachleute verweisen zunächst darauf, dass bis zur Realisierung einer Eindampflösung noch erhebliche Forschungsanstrengungen von Nöten wären – um dann zu konstatieren:

„Es gibt jedoch derzeit keine erkennbare Bereitschaft bei K+S oder an anderer Stelle, die für die Eindampfungslösung noch erforderlichen Untersuchungen für die Abwasseraufbereitung und den Versatz sowie für Machbarkeitsstudien als Grundlage für seriöse Kostenschätzungen und darauf beruhenden Unternehmensentscheidungen zu finanzieren.“

Ferner wird damit argumentiert, dass das Eindampfverfahren die gewaltigen Abraumhalden im Kalirevier nicht zum Verschwinden bringen würde:

„Mit der Eindampfungslösung würde vorerst nur das Abwasserproblem in der Produktionsphase bis ca. 2060 gelöst, nicht jedoch die danach noch Jahrhunderte weiter bestehende Haldenwasserproblematik.“

Die Anhänger der Nordseepipeline hatten die Hoffnung, dass späterhin auch die salzbelasteten Abschwemmungen von den Halden via Pipeline in den Jadebusen hätten entsorgt werden können. Da das hessische Umweltministerium jetzt in Zusammenarbeit mit dem K+S-Konzern aber auch die Salzpipeline entsorgt hat, weist im Hinblick auf die Haldenwasserproblematik die Eindampflösung keinen Nachteil mehr auf.

Das Umweltbundesamt beschäftigt sich auch mit den um den Faktor drei auseinanderlaufenden Kostenabschätzungen für die Eindampflösung. Dabei kommen die UBA-Experten zum Ergebnis, dass es der K+S-Konzern beim Hochrechnen der Kosten etwas arg übertreibt. Während K+S die Kosten bei über 1,5 Mrd. Euro ansiedelt, vermutet das UBA die Kosten eher bei einer Milliarde Euro. Damit wäre die Eindampfanlage ähnlich teuer wie die Salzpipeline.

Bei seinem Plädoyer für die Pipeline verweist das UBA auch auf den wachsenden Zeitdruck. Die Bewirtschaftungsplanung nach den zeitlichen Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie könne nicht ewig auf eine Entscheidung warten. Zudem sei der Zeitdruck durch eine Klageandrohung der EU-Kom­mission weiter verschärft worden. Da die Eindampflösung noch weit weg von einer großtechnischen Umsetzung sei, würde auch angesichts der eskalierenden Zeitnot alles für die Pipeline sprechen. Bei der Erarbeitung seiner Stellungnahme hatte das UBA zwar gewusst, dass sich Niedersachsen schon immer gegen die Nordseepipeline ausgesprochen hatte. Dass sich Ende Sept. 2014 aber auch Hessen von der Nordseepipeline distanziert hat, konnte in der UBA-Stellungnahme noch nicht berücksichtigt werden. Selbst wenn Hessen und Niedersachsen ihre Position noch ein Mal revidieren sollten, würde die Pipeline aufgrund vielfältiger Hemmnisse wohl nicht früher fertig als die Eindampflösung.

Die neun Seiten der UBA-Stellungnahme können heruntergeladen werden unter dem Link

https://www.umweltbundesamt.de/
publikationen/versalzung-von-werra-weser
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Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
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