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12. Februar 2015

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 17./19.1.2015

Ak Wasser: Länderminister sollen
Düngeverordnung nachschärfen

 

In einem Schreiben haben wir die Länderumwelt- und –landwirtschafts-ministerInnen gebeten, aufgrund der Mängel im Entwurf zur Neufassung der Düngeverordnung (s. RUND­BR. 1051) sich gegenüber dem Bundesland-wirtschaftsministerium für Nachbesserungen des Novellenentwurfs einzusetzen. U.a. hatten wir die Länderminister auf erste Kommentierungen aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hingewiesen:

Ihre Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz hat in einer ersten Stellungnahme zu Recht darauf hingewiesen, dass die zahlreichen Ausnahmeregelungen und Fristverlängerungen im Novellenentwurf dazu führen werden, dass die Düngeverordnung nicht dabei behilflich sein wird, den zweiten Bewirtschaftungszyklus nach der EG-WRRL zu unterstützen. Die Düngeverordnung ist deshalb kein wirksamer Beitrag, dass der „gute chemische Zustand“ in vielen, stark mit Nitrat belasteten Grundwasserkörpern bis 2021 erreicht werden kann.

Ihr Amtskollege in NRW hat verdeutlicht, dass darüber hinaus das Düngegesetz ebenfalls novelliert werden muss, damit rechtssicher die nährstoffträchtigen Substrate aus den Biogas­anlagen reglementiert werden können. Zudem hat Herr Remmel betont, dass auch endlich einmal über eine grundwasserverträgliche Flächenbindung des Tierbestandes nachgedacht werden muss! Wie unterstützen dieses Anliegen ausdrücklich.“

Nitrat im Grundwasser –
Trendumkehr zum Negativem

Der bei der Propagierung einer stringenten Grundwasserschutzpolitik führende Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserversorgungs-Verband (OOWV; vgl. RUNDBR. 1005/3-4, 938/4, 685/2-3, 675/2-3, 617/2-3) – der größte Flächenwasserver­sorger im Bundesgebiet – hat uns ein Vortragsskript zur Verfügung gestellt, in dem beeindruck­end die Trendwende bei den Nitratkonzentrationen im Grundwasser belegt wird.

Der Vortrag ist bereits im August 2014 anlässlich eines internationalen Symposiums zur Common Implementation Strategy (CIS) bei der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie gehalten worden. Das englisch abgefasste, mit zahlreichen Diagrammen versehene Skript mit dem Titel „Water management requirements to reduce fertilizer discharges into water resources in Lower Saxony / Germany“ können interessierte LeserInnen als pdf via nik@akwasser.de bei uns anfordern.

 

 

Rheinanliegende Bundesländer
für Verschärfung der Düngeverordnung

 

Die Flussgebietsgemeinschaft Rhein (FGG Rhein; vgl. 1049/4, 986/1-2), das wasserwirtschaftliche Koordinationsgremium der Bundesländer im deutschen Rheineinzugsgebiet, hat sich in einem Positionspapier am 10.10.14 für eine „zügige“ No­vellierung der Düngeverordnung ausgesprochen. Nur wenn die Neufassung der Düngeverordnung rasch erfolge und substanzielle Verschärfungen eingearbeitet würden, könne die Düngeverodnung einen wirksamen Beitrag zum zweiten Bewirtschaftlungszyklus der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) leisten. Der Handlungsdruck sei groß, schreibt die FGG in ihrem Positionspapier:

Im deutschen Teil des Rhein-Einzugsgebiets wiesen im Jahr 2009 112 von den 399 Grundwasserkörpern, das sind rund 28 %, in den Hauptgrundwasserleitern einen schlechten chemischen Zustand aufgrund der Überschreitung der Nitratkonzentration von 50 mg/l auf.“

Und auch beim Phosphor sei die Lage nicht besser:

Nach derzeitigem Kenntnisstand kann davon ausgegangen werden, dass in weit mehr als der Hälfte der Oberflächengewässer der FGG Rhein die Orientierungswerte der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) überschritten werden und Defizite in den biologischen Qualitätskomponenten Makrophyten und Phytobenthos bestehen.“

Zudem erinnert die LAWA daran, dass die Europäische Kommission bei der Evaluierung der deutschen Bewirtschaftungspläne für den ersten Bewirtschaftungszyklus festgestellt habe, „dass die Nährstoffproblematik alleine mit freiwilligen Maßnahmen – Angebot von Agrarumweltmaßnahmen, Beratung, Kooperation – nicht gelöst werden“ könne. Die Kommission vertrete die Auffassung, dass verstärkt auch verpflichtende Maßnahmen erforderlich sein werden, um die Nährstoffeinträge flächenhaft zu senken. Die FFG sieht deshalb die Landwirtschaft in einer „besonderen Verantwortung“ für die Zielerreichung der Wasserrahmenrichtlinie. Die FFG kommt in ihrem Positionspapier zur Neufasssung der Düngeverordnung zu folgendem Fazit:

Die Anforderungen der Düngeverordnung müssen so verändert werden, dass zu hohe Nährstoffeinträge in die Gewässer zuverlässig vermieden und belastete Wasserkörper zielstrebig saniert werden können. Eine novellierte Düngeverordnung sollte klare und eindeutige Regelungen enthalten, so dass aus diesem Rechtsakt tatsächliche Handlungsanpassungen resultieren und gleichzeitig der Grundstein für eine bessere Kontrollierbarkeit der Regelungen gelegt wird. Dies setzt allerdings auch voraus, dass die Einhaltung der Anforderungen der Düngeverordnung verstärkt durch die dafür zuständigen Behörden kontrolliert wird.“

Ferner stellt die FFG fest, dass die Bewirtschaftungsziele der WRRL „ohne eine nach Gewässerschutzaspekten novellierten Düngeverordnung mit klaren und ambitionierten Anforderungen und Regelungen nicht erreichbar“ sein werden.

Das fünfseitige Positionspapier mit einem Forderungskatalog zur Novelle der Düngeverordnung kann unter
http://www.fgg-rhein.de/servlet/is/4350/
heruntergeladen werden.

Umweltsachverständigenrat für
Halbierung der Stickstoffeinträge

 

Passend zur aktuellen Debatte um die Neufassung der Düngeverordnung hat der Sachverständigenrat für Umwelfragen (SRU), ein Beratungsgremium der Bundesregierung, am 14. Januar 2015 sein Sondergutachten „Stickstoff: Lösungs­strategien für ein drängendes Umweltproblem“ an die Bundesumweltministerin, Dr. Barbara Hendricks (SPD), übergeben. In dem Gutachten fordert der SRU eine ganzheitlich ausgerichtete Nährstoffstrategie für Wasser, Boden und Luft. Dabei geht der SRU davon aus,

dass mindestens eine Halbierung der Stickstoffeinträge in Deutschland und der EU notwendig wäre, um nationale und internationale Qualitätsziele zu erreichen“. 

Angesichts der noch überwiegend einseitig auf das Trinkwasser ausgerichteten Debatte um die Neufassung der Düngeverordnung hat es uns besonders gefreut, dass der Sachverständigenrat darauf pocht, dass es bei der Diskussion um die Reduzierung der Stickstoffeinträge „nicht alleine um die Vermeidung von Nitratbelastungen im Trinkwasser“ gehe. U.a. würden die zu hohen Nährstoffeinträge nicht nur „zu weitreichenden Schäden an der Biodiversität“ führen, sondern auch zur „Überdüngung der Meere“. Dort käme es zu einer verstärkten Algenbildung: „Sichtbare Folge ist die Schaumbildung an den Stränden der Ost- und Nordsee“ (s. RUNDBR. 799/2, 382/1-3).

Zur anstehenden Neufassung der Düngeverordnung stellt der SRU fest, dass der Referentenentwurf vom Dezember 2014 (s. RUNDBR. 1051) zwar Verbesserungen bringen werde, „die aber noch nicht ausreichend“ seien – und weiter:„Wichtig ist vor allem: ohne scharfe Kontrollen und Sanktionen nützen die strengsten Vorgaben wenig.“ Der SRU fordert über eine stringente Neufassung der Düngeverordnung hinaus „die Einführung einer Umweltabgabe auf Stickstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft als Ergänzung zu ordnungsrechtlichen Vorgaben“. Begründung: „Der Minderungsbedarf ist so hoch, dass ökonomische Anreize für weitere Maßnahmen verstärkt werden müssen.“

Das Sondergutachten „Stickstoff: Lösungsstrategien für ein drängendes Umweltproblem“ kann unter www.umweltrat.de heruntergeladen werden.

Vermutlich haben die SRU-Gutachter die Augen verdreht, als Bundesumweltministerin Hendricks bei der Übergabe des Gutachtens im Hinblick auf die Defizite beim Grundwasserschutz erklärte: „Mit der Novellierung der Düngeverordnung geht die Bundesregierung diese Aufgabe entschlossen an.“

Vordringen der Nitratfront:
Ich kann nicht mehr ruhig schlafen!“

Ähnlich gestresst wie der OOWV vom Wiederanstieg der Nitratwerte im Grundwasser ist auch der Wasser- und Abwasserverband Niedergrafschaft. Johann Hans, Chef des Verbandes, hat auf der 13. Wasserwirtschaftlichen Jahrestagung des BDEW im Nov. 14 in Berlin ebenfalls eindrücklich erläutert. wie eine außer Rand und Band geratene Intensivstlandwirtschaft die Grundwassergüte ruiniert. Die Folien zu diesem Referat unter dem Titel „Gewässerschutz – aktueller Stand und Heraus­forde­rungen“ kann man sich unter

https://www.bdew.de/internet.nsf/id/9RACMM-13-wasserwirtschaftliche-jahrestagung-2014-de?open

anschauen (dort in der rechten Spalte „02 Johann Hans“ anklicken). Hans zeigt u.a. auf, wie manipulationsanfällig die bisherige Düngeverordnung ist: Sie lässt nämlich zu, dass die lokalen Landwirtschaftsbehörden statt der Standardwerte aus Anhang 5 der Düngeverordnung individuelle Stickstoff-Werte festsetzen können – beispielsweise beim Stickstoffgehalt von Hühnerkacke: Durch die Anrechnung von angeblichen Lagerverlusten und anderen Abzügen können die Betreiber der gigantischen Hühnerställe die Stickstofffrachten auf bis zu 19 Prozent der Anhang 5-Standardwerte herunterrechnen (s. RUNDBR. 1051/3) – zu Lasten des Grundwasserschutzes. Der in der Düngeverordnung bislang tolerierte Stickstoffüberschuss von 60 kg Nitrtat pro ha habe bei einer Grundwasserneubildung von 260 mm im Jahr eine Nitratkonzentration von 106 mg/l zur Folge.

Der Entwurf für die neue Düngeverordnung will den Nitratüberschuss ab 2020 auf 50 kg/ha reduzieren. Das bedeute aber immer noch eine Nitratkonzentration von 88 mg/l im Sickerwasser – also weit über dem 50 mg-Grenzwert der EG-Nitrat- und der EG-Trinkwasserrichtlinie. Die Folge: Die Nitratfront rückt unaufhaltsam auf die Tiefbrunnen der Wasserwerke zu.

Der über diese Entwicklung sichtlich verzweifelte Johann Hans auf der Wasserwirtschaftlichen Jahrestagung: „Das lässt mir keine Ruhe mehr. Ich kann nicht mehr gut schlafen!“

 

 

Wasserwirtschaft kritisiert
Entwurf für neue Düngeverordnung

 

Der Bundesverband der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat in einer ersten Stellungnahme zum Novellenentwurf der Düngeverordnung am 14.01.15 kritisiert, dass der Entwurf zahnlos sei, wenn Landwirte gegen die Düngeverordnung verstoßen würden (s. RUNDBR. 1051/3):

Insbesondere vermissen wir im aktuell vorliegenden Entwurf der Düngeverordnung klare Regelungen für die Landwirtschaft für den Fall von Grenzwertüberschreitungen vor Ort. Hier ist dringend eine direkte Verknüpfung zu den wasserrechtlichen Regelungs- und Qualitätszielen in Grundwasser und Oberflächengewässern notwendig.“

Besonders kritisch sieht der BDEW die im aktuellen Entwurf wiederum enthaltenen Möglichkeiten für die Landwirtschaft, über theoretisch angenommene Dünger-Verluste die zulässige Dünger-Menge um teilweise über 50 Prozent zu erhöhen - und dies ohne eine spezifische Prüfung, ob die Gewässer vor Ort bereits die Nitrat-Grenzwerte überschreiten. Wenn in den Grundwasservorkommen der 50 mg-Grenzwert für Nitrat überschritten werde, dürfe „es keine Karenz geben“: Es müsse dann ein kompletter „Düngestopp im Rahmen eines Nitrat-Aktionsprogramms vor Ort folgen“.

Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat am 14.01.15 dafür plädiert, den Referentenentwurf zur Düngeverordnung „nachzuschärfen“. Insbesondere kritisiert der VKU, dass - auch entgegen der Forderungen der SRU-Gutachter - im aktuellen Entwurf der Verordnung auf eine schnelle und umfassende Einführung der Hoftorbilanz (s. RUNDBR. 1051/3) verzichtet wird.

Die Hoftorbilanz ist dringend erforderlich, um eine wirksame Kontrolle zur Reduktion der Nährstoffüberschüsse gewährleisten zu können.“

DBU: „Den ineffizienten Umgang mit
Düngern grundsätzlich überdenken“

 

Auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hatte die Veröffentlichung des im RUNDBR. 1055/3-4 kurz vorgestellten SRU-Gutachtens am 14.01.15 zum Anlass für eine Pressemitteilung genommen. Darin hat die DBU auf die Ineffizienz der üblichen Stickstoffdüngung hingewiesen.

"Nur etwa 60 Prozent der gedüngten Stickstoffmengen finden sich in Deutschland später auch in den geernteten Produkten wieder, weltweit sind es noch weniger. Deshalb ist die Effizienz der Stickstoffdüngung aus Umweltschutzgründen stark verbesserungsbedürftig. (…) Der heute übliche Umgang mit diesen Düngern muss grundsätzlich überdacht werden."

Die DBU fördert deshalb mehrere Forschungsprojekte zu effizienteren Stickstoffdüngung. „Wegweisend“ seien dabei u.a. Konzepte zum sogenannten güllelosen Stall, dem "Stall der Zukunft":

"Wir wollen Stallbaukonzepte zum Verringern von Ammoniak-Emissionen unterstützen, bei denen von vornherein Kot und Harn getrennt werden, Gülle und folglich die damit verbundenen Stickstoffemissionen also gar nicht erst entstehen."

Die DBU griff auch den Hinweis des SRU auf, wonach Stickstoffüberschüsse nur dann ausreichend verringert werden können, wenn höhere Umweltanforderungen an die Landwirtschaft in Deutschland mit veränderten Konsummustern einhergehen:

"Der gegenwärtig hohe Konsum tierischer Produkte wie Fleisch, Eier und Milch könnte gesenkt und Lebensmittelabfälle sollten verringert werden."

Weitere Auskunft zu den auf Stickstoffeffizienz ausgerichteten Forschungsprojekten der DBU:

Deutsche Bundesstiftung Umwelt
An der Bornau 2
49090 O s n a b r ü c k
Telefon: 0541|9633-521
E-Mail: presse@dbu.de
Internet: www.dbu.de

Bauernverband:
Ihr habt ja alle einen Schuss weg!

 

Am 11. Januar 2015 hat das „erweiterte Präsidium“ des Deutschen Bauernverbandes (DBV) eine „Erklärung zur Novellierung der Düngeverordnung“ verabschiedet. Darin drückt der DBV-Funktionärskaste ihr völliges Unverständnis darüber aus, dass es überhaupt jemand wagt, über eine Verschärfung der Düngeverordnung zu diskutieren:

Für die Landwirte sei „die Forderung nach einer grundlegenden Novellierung der Düngeverordnung nicht nachvollziehbar“. Zwar sei in Deutschland als Folge des von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungs-verfahrens wegen Nichterfüllung der EG-Nitrat-Richtlinie (s. RUND­BR. 1045/2-3) „eine Novelle der Düngeverordnung nicht grundsätzlich zu vermeiden“. Das könne aber nicht dazu führen, dass man sich unnötigerweise eine „grundlegende Änderung des nationalen Düngerechts“ aufdrängen lasse. In dem Zusammenhang kritisiert der DBV erneut, „dass die Kritik der EU-Kommission über unzureichende Fortschritte bei der Wasserqualität in Deutschland auf einem nicht repräsentativen Messnetz“ basiere (s. 1045/3):

Das von Bund und Ländern verwendete Belastungsmessnetz mit knapp 170 Messstellen ist nicht geeignet, ein aussagekräftiges Bild über die Gewässerqualität in Deutschland zu vermitteln, da es lediglich aus Messstellen an Problemstandorten besteht. Demgegenüber bestätigt das für Deutschland repräsentative so­genannte EUA-Messnetz mit rund 800 Messstellen, dass der strenge Trinkwassergrenzwert für Nitrat an über 85 % der Messstellen eingehalten wird. Damit ist die Situation in Deutschland wesentlich besser, als von Bund und Ländern gegenüber der EU-Kommission dargestellt.“

Der DBV widerspricht entschieden der Forderung aus der Wasserwirtschaft und aus den Umweltverbänden, die noch zulässige Düngung am Grundwasserschutz auszurichten. Das Düngerecht müsse sich „auch in Zukunft am Düngebedarf landwirtschaftlicher Kulturen orientieren“. Dazu wird in der Erklärung desweiteren ausgeführt:

Realitätsferne Auflagen, übertriebene Dokumentationsanforderungen, pauschale Verbote oder Obergrenzen, wie sie von Seiten der EU-Kommission und einigen Bundesländern gefordert werden, müssen verhindert werden.“

Die von der EU-Kommission geforderten starren Obergrenzen für die Düngung – und damit eine suboptimale Düngung - würden „die hohen Erträge und das Qualitätsniveau beispielsweise beim Anbau von Brotweizen und Gemüse gefährden“. Eine daraus resultierende Verlagerung der Produktion ins Ausland könne „jedoch nicht das Ziel sein“. Damit stoße man „bei den deutschen Landwirten auf fundamentale Ablehnung“.

DBV will 170 kg-Deckel sprengen

 

Das DBV-Präsidium weist ferner darauf hin, dass für die Einbeziehung der pflanzlichen Gärreste aus Biogasanlagen in das 170 kg-Limit für Wirtschaftsdünger (im Wesentlichen Gülle) „keine EU-rechtliche Grundlage und Notwendigkeit“ bestehe.

Wenn aber die pflanzlichen Gärreste dennoch in die N-Obergrenze einbezogen werden sollten, bedarf es dringend einer nationalen Öffnungsklausel für pflanzliche Gärreste zur Ausbringung auf Acker- und Grünland. Auch bei Gärresten sollte es möglich sein, unbürokratisch unter bestimmten Bedingungen im Sinne der Kreislaufwirtschaft einen Nährstoffbedarf von bis zu 250 kg N/ha mit wirtschaftseigenen Düngern decken zu können.“

Der DBV warnt, dass man ansonsten die Nährstoffdefizite mit Mineraldüngern ausgleichen müsse – was ganz bestimmt nicht im Sinne einer Kreislaufwirtschaft sei. Für „dringend erforderlich“ hält es der DBV zudem, dass es zu einer „Neu-Genehmigung der Derogationsregelung für Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft“ komme. Derogation heißt, dass man sanktionslos das 170 kg-Limit ignorieren kann, um bei Grünland mit „hohem Nährstoffbedarf“ zu 230 kg Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft zur Düngung nutzen zu dürfen (s. RUNDBR. 1051/2). Die Derogationsregelung müsse darüber hinaus „auch auf Ackerland ausgedehnt“ werden. Die im Referentenentwurf vorgesehene Ausdehnung der Lagerkapazität für Gülle von sechs Monaten auf neun Monate ist nach Meinung des DBV-Präsidiums „für die Landwirte in Deutschland nicht akzeptabel“, u.a. weil damit der „Strukturwandel bei tierhaltenden Betrieben deutlich verschärft“ würde.

DBV: Herbstdüngung
muss weiterhin erlaubt sein!

 
Wenn im Herbst noch mächtig gedüngt wird, kann man sicher sein, dass der Stickstoff ins Grundwasser absackt. Deshalb hat die EU-Kommission ein vollständiges Verbot der Düngung landwirtschaftlicher Kulturen im Herbst gefordert. Das Verbot einer Herbstdüngung „lehnt der Deutsche Bauernverband als fachlich nicht gerechtfertigt und überzogen ab“ – Begründung:

Die unterschiedlichen Klima-, Boden- und Wuchsbedingungen innerhalb Deutschlands machen eine flexible Regelung erforderlich. Maßstab sollte der Nährstoffbedarf der Kulturen und die Praxistauglichkeit sein und keine starren Sperrfristen.“

Darüber hinaus spricht sich der DBV dafür aus, weiterhin die Möglichkeit des Einsatzes von Nitrifikationshemmern zuzulassen, um den Stickstoff bei einer Herbstdüngung über den Winter retten zu können. Der Forderungskatalog des DBV-Präsidiums zur Novelle der Düngeverordnung schließt mit der Mahnung: „Die Umsetzung der Düngeverordnung muss für landwirtschaftliche Betriebe leistbar sein und darf nicht den Strukturwandel zusätzlich anfachen.“

Die vierseitige Erklärung des DBV kann unter
www.bauernverband.de/mediaarchiv/grab_pic_chris.php?id=603636
heruntergeladen werden.

Die Düngeverordnung
von der Nordsee her denken!

 

In den Kreisen der Wasserwerker und der Umweltverbände ist es in Stein gemeißelter Grundsatz, dass die novellierte Düngeverordnung zu gewährleisten hat, „dass Grundwasser nicht mehr als 50 mg/l Nitrat enthält". Die Zielsetzung "nicht mehr als 50 mg/l Nitrat" ist richtig – aber gleichwohl zu kurz gegriffen; aus mindestens zwei Gründen:

1.
Um die Ziele der EG-WRRL und der EU-Meeresschutzrichtlinie zu erreichen, sind weit niedrigere Nitratkonzentrationen erforderlich. Die Fachleute der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser haben ausgerechnet, dass in den küstennahen Randbereichen der Nordsee der angestrebte „gute ökologische Zustand“ nur erreicht werden kann, wenn in den Ästuarien von Rhein, Ems, Weser und Elbe die Nitratkonzentrationen unter 10 mg/l liegen. (zulässige Gesamtstickstoffkonzentration an den Übergabe­punkten: 2,8 bis 3,2 mg/l). Wenn das den Flüssen zuströmende Grundwasser Nitratkonzentrationen von 40 bis 50 mg/l aufweist, wird das Stickstofflimit in den Randmeeren kaum zu erreichen sein. Der ehemalige BASF-Mitarbeiter, Dr. Klaus Isermann und seine Frau, haben schon in den 90er Jahren proklamiert, dass der Stickstoff erst in den Küstenmeeren biologisch aktiv wird – und dass man deshalb die Ziele im Binnenland von den reagierenden Randmeeren her formulieren muss - s. RUNDBR. 553 und 606.

2.
Auch wenn hierzulande der Nitratgrenzwert von 50 mg/l im Grundwasser flächendeckend eingehalten werden könnte, bleiben die deutschen Eiweißimporte in Form von Soja und anderem Kraftfutter für die Tierernährung weiterhin viel zu hoch. Die Nutzung von Boden und Wasser in außereuropäischen Ländern durch die deutschen Konsumenten ist angesichts eines überzogenen Fleischkonsums sozial und ökologisch unverträglich. 50 mg/l Nitrat bei uns im Grundwasser heißt beispielsweise in Südamerika großflächige Belastung von Grund- und Oberflächengewässer durch Dünger und Pestizide in den Gensoja-Anbauregionen! Insofern freut es uns, dass der Sachverständigenrat für Umweltfragen in seinem neuen Stickstoff-Gutachten proklamiert hat, dass zu einer N-Minderungsstrategie ultimativ eine Änderung unserer Konsumgewohnheiten dazu gehört (s. RUNDBR. 1055/3-4).

Man sollte die Düngeverordnung also auch aus der Sicht der Nordsee (und erst recht aus der Warte der Ostsee und des Schwarzen Meeres) sowie aus der Sicht der überseeischen Her­kunftsregionen des Kraftftutters für unsere Massentierhaltung her denken.

Nitrat-Eindämmung: Kontrollboykott
der Agrarverwaltungen

 

Beim zweitgrößten Fernwasserversorger in Baden-Württemberg, dem Zweckverband Landeswasserversorgung (s. RUNDBR. 954/4, 919/3, 918/4, 826/3, 750/1, 729/4, 633/2, 684/3, 664/3, 626/1, 610/1, 565/3, 552/3, 549/2, 411/2, 404/3, 374/4, 332, 251, 243) ist man stinksauer auf die dortigen Agrarverwaltungen. In der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK) 1/15, S.7, wirft der Pressesprecher der Landeswasserversorgung der baden-württembergischen Landwirtschaftsverwaltung vor, dass diese beim Vollzug der Düngeverordnung und einer entsprechenden Beratung der Landwirte „versagen“ würde. „Wir fordern seit langem eine Kehrtwende in der Agrarpolitik ein, doch die Intersivierung geht weiter“, ärgert sich Pressesprecher Bernhard Röhrle. „Das Schlimme ist, dass man mit der Landwirtschaftsverwaltung nicht vernünftig diskutieren kann. Wir versuchen dies seit über 20 Jahren, doch ohne Erfolg.“

Angesichts starker Niederschläge im Oktober 2014 hatte die Landeswasserversorgung an die Landwirte und die Agrarverwaltung appelliert, keine weitere Gülle mehr aufzubringen.

Denn aufgrund starker Niederschläge im Sommer seien die Böden bereits so stark wassergesättigt, dass eine weitere Gülleausbringung zu einer Auswaschung ins Grundwasser und damit zu einer weiter steigenden Nitratbelastung führe.“

Doch das grün geführte baden-württembergische Landwirtschafts-ministerium und die zuständigen Landratsämter hätten „umgehend widersprochen“. Regelungen und Hinweise zur Umsetzung der Düngeverordnung würden nur den dafür zuständigen Behörden zustehen. Im Hinblick auf die anstehende Neufassung der Düngeverordnung hat die gefrustete Landeswasserversorgung inzwischen „eine Anpassung der Tierbestände an die verfügbare Fläche“ gefordert, informiert die ZfK unter der Überschrift „Clinch mit Agrarbehörde“.

Rasterfahndung“ nach stickstoff-
sündigen Landwirten!

 

Dass sich die Agrarverwaltungen im Hinblick auf einen wirksamen Grundwasserschutz oft zu zögerlich zeigen, wurde uns auch von anderer Seite bestätigt. So schrieb uns beispielsweise ein norddeutscher Wasserwerker aus einer Massentierhaltungsregion:

Es ist völlig egal, was in der Düngeverordnung steht, wenn sie sowieso nicht kontrolliert wird bzw. kontrolliert werden kann.“

Im Interesse eines tatsächlich wirkungsvollen Grundwasserschutzes muss die Novelle der Düngeverordnung so eingetütet werden, dass man gezielt die Schwarzen Schafe unter den Landwirten herausfischen kann. So kritisiert der OOWV (s. RUNDBR. 1055/3), dass in der Düngeverordnung die Möglichkeit eines umfassenden  Datenabgleichs zur Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben der Verordnung fehlen würde. Weder die bisherige Düngeverordnung noch der jetzt vorliegende Referentenentwurf würden vorsehen, einen Datenabgleich vorzunehmen. Um überzogene Düngepraktiken erkennen zu kön nen, wäre es notwendig, folgende Daten zu korrelieren:

  • Düngeplanung

  • Nährstoffvergleich

  • Anträge auf Agrarförderung (GAP-Daten)

  • vorhandene Tierzahlen

  • überbetrieblich verbrachte Mengen an Wirtschaftsdüngern

Für einen derartigen Datenabgleich bedarf es einer entsprechenden Länderermächtigung in der Düngeverordnung, damit die zuständigen Landesbehörden in Abhängigkeit von den regionalen Belastungssituationen eine effiziente, EDV-gestützte Kontrolle der landwirtschaftlichen Betriebe realisieren können. Mit dieser Forderung orientiert sich der OOWV an dem Ziel einer „transparenten Landwirtschaft nach niederländischem oder dänischem Muster“.

Der OOWV hofft desweiteren, dass damit „auch wieder die Flächenbindung hergestellt werden“ kann. Dies dürfte allerdings bei gewerblichen Betrieben nicht möglich sein, weil diese jetzt und wohl auch künftig im Extremfall ohne jegliche Fläche Schweine und Federvieh mästen dürfen. Ähnlich ist es bei Biogasanlagen, die man ebenfalls ohne eigene Flächen betreiben darf. Bei flächenlosen Gewerbebetrieben (Massentierhaltungen) „muss es aber einen Nachweis über den Verbleib der Dünger (Gülle oder Gärreste) geben“, fordert Egon Harms, Grundwasserspezialist beim OOWV.


NRW: Zu viel Nitrat in 40 Prozent
der Grundwasservorkommen

 

Seine Einschätzung, dass eine Verschärfung der Düngeverordnung längst überfällig gewesen wäre, hat der nordrheinwestfälische Umwelt- und Landwirtschaftsminister, Johannes Remmel, in einer ersten Stellungnahme zum Referentenentwurf der neuen Düngeverordnung (s. RUNDBR. 1051/4) mit folgendem Hinweis untermauert:

Der aktuelle NRW-Umweltbericht zeigt, rund 40 Prozent der Grundwasserkörper in NRW sind so stark mit Nitrat belastet, dass ohne entsprechende Aufbereitung keine Gewinnung von Trinkwasser mehr möglich ist. Ein Grund dafür ist ein zu großer Eintrag von Nährstoffen auf landwirtschaftliche Flächen, insbesondere durch hohe Mengen von Gülle und Gärresten. In anderen Bundesländern sieht es nicht besser aus.“

Weitere Informationen zum Thema Düngeverordnung aus der Sicht des Düsseldorfer Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums sowie zum NRW-Nitrat- und Nährstoffbericht finden RUNDBR.-Leser­Innen unter:
https://www.umwelt.nrw.de/ministerium/
presse/presse_aktuell/presse141118.php

Und noch mehr Auskunft zur Positionierung des Landes NRW in der Debatte um die Novelle der Düngeverordnung gibt es bei:

Wilhelm Deitermann, stellv. Pressesprecher des Ministeriums für Umwelt & Landwirtschaft
D ü s s e l d o r f
Telefon: 02 11 - 45 66 - 719
Mobil: 0162 - 2091251
E-Mail: wilhelm.deitermann@mkulnv.nrw.de
Internet: www.umwelt.nrw.de


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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