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28. Sept. 2017

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 28.8.2017

Der öffentliche Gesundheitsdienst
braucht eigene Public-Health-Labor

 

Im Hinblick auf die zahlreichen Positivbefunde bei Keimen in der deutschen Trinkwasserversorgung könnte die Lektüre eines Aufsatzes von Interesse sein, in dem sich Prof. Martin Exner & Werner Nissing kritisch zur Überwachung positionieren. In der ENERGIE WAS­SER PRAXIS 12/2016, S. 82 – 89 stehen die beiden Hygieniker in dem Aufsatz „Die Bedeutung des Gesundheitsschutzes für die Trinkwasserver­sorgung – Gegenwart und Zukunft“ der in manchen Bundesländern durchgeführten Privatisierung oder gar Auflösung von staatlichen Medizinaluntersuchungsstellen ablehnend gegenüber. Ohne amtliche Public-Health-Laboreinrichtungen sei die Reaktionsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes beim Ausbruch von wasserbürtigen Krankheiten nicht mehr gewährleistet. „Nachteilig“ ist es für Exner & Nissing zudem,

dass in Deutschland bislang kein zentrales Melderegister für Störfälle bzw. trinkwasserbedingte Ausbrüche und deren Ursachen existiert, wie dies in den USA, England, Wales und einigen skandinavischen Ländern vorbildlich geregelt ist“.

Das Fehlen eines derartigen Registers sei „fahrlässig“, weil damit das „analytische Instrumentarium“ nicht zu Verfügung stehe, um trinkwasserassoziierte Ausbrüche so auswerten zu können, dass man aus den untersuchten Störfällen und Ausbrüchen für die Zukunft lernen könne.

Gesundheitsämter müssen sich
intensiver um Einzugsgebiete kümmern

 

Dem Water Safety Plan der WHO („From Watershed to Showerhead“) und seiner schrittweisen Übernahme in Deutschland können Exner & Nissen viel abgewinnen. Die Autoren schreiben den Verantwortlichen für den öffentlichen Gesundheitsdienst ins Stammbuch:

Diese neuen Grundprämissen müssen aber auch Konsequenzen für die Überwachung und die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden haben, die sich nicht mehr nur auf die Kontrolle des Endproduktes Trinkwasser konzentrieren dürfen, sondern sich intensiv mit dem Einzugsgebiet und den Einflussfaktoren für die Rohwasserbeschaffenheit auseinandersetzen müssen.“

Im Hinblick auf die Europäisierung der Anforderungen an Materialien, die mit Trinkwasser in Kontakt kommen, mahnen die beiden Mitarbeiter des Hygieneinstituts der Uni Bonn, dass „im Interesse der hygienischen Sicherheit“ gewährleistet bleiben müsse,

dass bei der Schaffung europäischer Regelungen das hohe technische Niveau [in Deutschland] nicht einem minderen technischen Stand angepasst werden muss. Die gute, hygienisch einwandfreie Trinkwasserbeschaffenheit darf bei den Bestrebungen der Globalisierung und Liberalisierung nicht den Zwängen einer Marktregulierung untergeordnet werden.“

In dem lesenswerten Übersichtsaufsatz beschäftigen sich Exner & Nissen auch mit den Herausforderungen, die durch den demographischen und klimatischen Wandel auf die deutsche Trinkwasserversorgung zukommen. Ferner appellieren die Autoren, dass Deutschland „als hochtechnologisiertes Land (…) eine hohe und besondere Verantwortung habe“, die wasserbezogenen Sustainable Development Goals (SDG 6) in den Schwellen- und Entwicklungsländern zu realisieren. Abschließend beschreiben die Autoren mit welchen Krankheitserregern man im Trinkwasser und in den Trinkwasserinstallationen zu rechnen hat – und was man dagegen unternehmen kann. Exner & Nissen beenden ihren Aufsatz mit der Aufforderung, in der deutschen Trinkwasserversorgung nur nicht zu hochnäsig zu werden. Dazu zitieren sie den Historiker Daniel Borrstein:

The greatest obstracle to knowledge is not ignorance, it is the illusion of knowledge.“

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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