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11. November 2018

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 21. Oktober 2018

NRW: Illegale Dioxan-Einleitungen
gefährden Wasserversorgung in Holland

 

Ende Oktober 2018 sind an den Pegelstationen vom Bodensee bis hinunter an den Deltarhein in den Niederlanden die Allzeit-Tiefstwasserstände aus dem „Jahrtausendsommer 2003“ unterschritten worden. Der Abfluss am Niederrhein beträgt nur noch 800 Kubikmeter pro Sekunde. Normal wären weit mehr als 2000 Kubikmeter. Wenn jetzt trotz des Niedrigwassers Schadstoffe eingeleitet werden, ist das für die Trinkwassergewinnung in den Niederlanden besonders fatal. Seite Ende September 2018 berwergt sich eine lang anhaltenden Welle von 1,4-Dioxan auf die Rheinwasserentnahme der niederländischen Wasserwerke zu. 1,4-Dioxan ist ein schwer abbaubares Lösungsmittel, das sich gut mit Wasser mischt. 1,4-Dioxan gilt als mindergiftig – hat aber im Trinkwasser nichts zu suchen. (Dioxan darf nicht mit dem Ultragift Dioxin verwechselt werden.)

Die üblichen Verfahren zur Trinkwasseraufbereitung sind nicht in der Lage, das Lösungsmittel aus dem Rohwasser zu entfernen. Derzeit werden mehrere Hundert Kilogramm Dioxan pro Tag illegal in den Rhein eingeleitet! Der in Deutschland geltende Trinkwasserleitwert von 5 Mikrogramm pro Liter (µg/l) 1,4-Dixan ist in den letzten Wochen am Niederrhein an vielen Tagen überschritten worden. In den Niederlanden liegt der Leitwert bei 3 µg/l. Nach den bisherigen Recherchen der nordrhein-westfälischen Behörden scheint es gleich mehrere Einleitungen von Dioxan am Niederrhein zu geben.

Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe des RUNDBRIEFS konnten die Quellen trotz wochenlanger Suche nicht ausfindig gemacht werden. Besorgniserregend ist die illegale Schadstoffeinleitung auch deshalb, weil die niederländischen Trinkwasserwerke am Ijsselmeer auf die Zuleitung von einwandfreiem Süßwasser angewiesen sind. Aufgrund der seit Monaten anhaltenden Dürre gelangt immer mehr Salzwasser aus der Nordsee in das größte Süßwasserreservoir der Niederlande. Wenn jetzt zeitgleich die Trinkwasserentnahmen aus dem Rhein und dem Ijsselmeer ausfallen, wird die Trinkwasserversorgung in Noord-Holland kritisch. Die aktuellen Dioxanbefunde im Niederrhein und in den dortigen Rheinzuflüssen unter

https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/umweltschadensfaelle/details/?tx_
ttnews[tt_news]=1861&cHash=57f3663caf2a13ca6e1a2c4aa6b0b396

 

Nach der Dürre: Bei Regen droht der Spülstoß

 

Am Mittel- und Niederrhein halten sich die Schadstoffkonzentrationen noch im „normalen“ Bereich. Das könnte sich aber schnell ändern, wenn es demnächst ergiebige Niederschläge geben sollte. Dann würden die Landschaft ebenso wie die Kanalisationen „gespült“. Dreck und Schadstoffe, die sich während der Trockenheit über viele Wochen oder gar Monate in der Kanalisation oder als „trockene Deposition“ auf Straßen und Dächern abgelagert haben, würden schlagartig als „first flush“ (Spülstoß, s. RUNDBR. 1012/1, 507/2) in den Rhein und seine Nebenflüsse gespült. Dann müssen aufgrund des Niedrigwassers im Rhein Schadstoff-Peaks befürchtet werden.

Niedrigwasser-Mysterium:
Kein Anstieg von Mikroverunreinigungen

 

Dass derzeit trotz der rekordtiefen Abflüsse im Rhein keine erhöhten Konzentrationen von Mikroverunreinigungen (abgesehen von 1,4-Dioxan) gemessen werden können, ist bemerkenswert. Der Mechanismus, der sich hinter dieser Beobachtung verbirgt, ist noch unverstanden. Eine Spekulation: Wenn bei geringer Verdünnung in Folge des Niedrigwassers die Konzentrationen von Mikroverunreinigungen im Rheinwasser steigen, erfolgt möglicherweise ein besserer mikrobieller Abbau. Erst bei höheren Konzentrationen »lohnt« es sich für die Bakterien, auch die schwer abbaubaren Mikroverunreinigungen zu verstoffwechseln.

Wenn dem so wäre, würden sich Konzentrationsanstieg und besserer Abbau die Waage halten. Um u.a. dieses Mysterium besser zu verstehen, plant man bei der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Rheinwasserwerke (IAWR) ein Forschungsprojekt aufzusetzen. Man will mal genauer nachschauen, welche Mechanismen sich bei extremem Niedrigwasser im Rhein, in der Uferfiltratpassage und im Rohwasser genau abspielen ...

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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