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2. April 2024

 

 

 


 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief Nr. 1217, 24. März 2024

 

Angriff auf das „Bewirtschaftungsermessen“
der Wasserbehörden

 

Im Wasserrecht ist man stolz darauf, dass man mit dem sogenannten Bewirtschaftungsermessen über das „schärfste Schwert“ im Umweltrecht verfügt: Auch wenn ein Antragsteller alle Vorgaben einhält, kann die Behörde in einer ganzheitlichen Betrachtung den Antrag ablehnen, wenn die Risiken für den Gewässerschutz letztlich doch zu groß sein könnten. In allen anderen Umweltrechtsbereichen ist es so, dass man als Antragsteller einen Rechtsanspruch auf eine Genehmigung hat, wenn alle Anforderungen und Grenzwerte eingehalten werden („gebundene Genehmigung“).

Unterschiedlichen Lobbygruppen war das Bewirtschaftungsermessen in § 12 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) schon immer ein Dorn im Auge. Jetzt hat Matteo Gentile in seinem Aufsatz „Die Ausgestaltung der Regelungen über Erlaubnisse und Bewilligungen im Wasserhaushaltsgesetz“ einen erneuten Versuch unternommen, um am Bewirtschaftungsermessen zu rütteln.

In der Fachzeitschrift Natur und Recht (NuR 2024/46) aus dem Spingerverlag schreibt der Mitarbeiter des Lehrstuhls für öffentliches Recht an den Uni Bielefeld auf den S. 83-89, dass es wegen der (umfassenden) Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme nach den Vorgaben der EG-Wasserrahmenrichtlinie gar keine Notwendigkeit mehr für das Bewirtschaftungsermessen geben würde. Denn durch die Maßnahmenprogramme würden den darunter fallenden Gewässerbenutzungen von vornherein die gewässerökologische „Unbedenklichkeit attestiert“. Ein Verzicht auf das Bewirtschaftungsermessen in § 12 (WHG) sei deshalb spätestens in der letzten großen WHG-Novelle im Jahr 2009 fällig gewesen. Und noch weitergehender fordert der offenbar sehr neoliberal inspirierte Autor,

den gebotenen ökologischen Gewässerschutz ebenso wie überhaupt die Notwendigkeit staatlicher Gewässerbewirtschaftung kritisch (zu) hinterfragen“, um „dabei auch die ökonomische Planungssicherheit für die Benutzer neu auszuloten.“

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung in § 14 WHG sollten nach Ansicht des Juristen ebenfalls entrümpelt werden. Denn § 14 WHG bestimmt, dass es für Abwassereinleitungen allenfalls eine (jederzeit widerrufbare) Erlaubnis, aber keine rechtlich hochstehende Bewilligung geben darf. Zu dieser Einschränkung meint der Jurist, dass „durch moderne Standards insbesondere das Schadenspotenzial von Abwasser mittlerweile auf ein Minimum gesenkt werden könne“. Gentile fordert demzufolge, dass Abwassereinleitungen und Wasserentnahmen rechtlich identisch behandelt werden sollten. Wenn beispielsweise Wasserversorger für Grundwasserentnahmen eine Bewilligung erhalten könnten, könne man diesen Anspruch den Abwassereinleitern nicht streitig machen, zumal auch Wasserentnahmen geeignet sein könnten, „große (Umwelt-)Schäden herbeizuführen“. Die Ungleichbehandlung von Abwassereinleitungen und Wasserentnahmen bei der Erteilung von Bewilligungen sei „überholt“ und „aus verfassungsrechtlichen Erwägungen (Art 3. Abs. 1 Grundgesetz) bedenklich“.

(Mehr Infos zu den Auseinandersetzungen um das Bewirtschaftungsermessen in den RUNDBR. Nr. 1188/S.2-3, 1128/3, 1079/2-3, 1006/4, 961/1 und 895/2.)

Siehe auch die VOLLTEXTSUCHE in der linken blauen Spalte)

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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