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2. April 2024

 

 

 


 

 

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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1220, 1. April 2024

 

Unsere Kläranlagen haben ein Drogenproblem

 

Das Inhalieren von Lachgas ist der neue Trend in der jugendlichen Partyszene. Weil man überall problemlos an Lachgas rankommt, hat diese Modedroge eine ungeahnte Verbreitung gefunden. An Kiosken werden die Patronen zum Aufschäumen von Sahne legal gekauft, das Lachgas in Luftballons umgefüllt, um die berauschende Droge dann zu inhalieren. Damit können sich die Jugendlichen ein kurzes Rauschvergnügen verschaffen. Ein Luftballon voll mit Lachgas reicht für einen Rausch von wenigen Sekunden, im Höchstfall von zwei Minuten.

Konsumierende verspüren ein angenehmes Prickeln und Wärmegefühl. Hinzu kommen Glücksgefühle, die manchmal auch mit den Lach-Flashes einhergehen, denen das Gas seinen Spitznamen verdankt“,

war in der Frankfurter Rundschau vom 25.02.24 zu lesen. Chemisch gesehen handelt es sich beim Lachgas um Distickstoffmonoxid (N2O). Und Lachgas gast tonnenweise aus den Belebtschlammbecken der Kläranlagen aus (siehe nächste Notiz). Das hat sich mittlerweile in der Lachgas-Partyszene herumgesprochen: Nächtens marschieren ganze Trupps von lachgassüchtigen Jugendlichen zur jeweils nächstgelegenen Kläranlage. Bewaffnet mit einem Bolzenschneider schneiden die Jugendlichen die Maschendrahtzäume um die Kläranlagen auf, um dann am Belebtschlammbecken mit tiefen Atemzügen das N2O zu inhalieren. Der modrige Abwassergeruch verstärkt bei vielen Jugendlichen noch den Reiz. In der negrophilen Gruftiszene gibt der faulige Abwassergestank den besonderen Kick. Die Gruftis beschallen nächtens die Kläranlagen dann auch mit Dark Wave und Gothic Rock.

Bei der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft Abwasser und Abfall (DWA) zeigt man sich alarmiert:

„Es grenzt an ein Wunder, dass noch kein Jugendlicher im Rauschzustand in eines der Klärbecken gestürzt ist“,

so ein DWA-Sprecher. Die Dichte des Abwassers in den Belebtschlammbecken sei aufgrund der eingeblasenen Luft so gering, dass eine ins Klärbecken gefallene Person sofort wie ein Stein untergehe. Eine Rettung sei unmöglich, weil die meisten Kläranlagen in der Nacht ohnehin nicht mit Personal besetzt seien. Was der DWA-Sprecher nicht gesagt hat: Vereinzelt sind auch schon Klärwärter auf den Geschmack gekommen. Wenn der Arbeitsalltag auf der Kläranlage allzu trist wird, verhelfen zwei oder drei tiefe Atemzüge am Belebtschlammbecken zu einem ganz neuen Wohlbefinden.

Die DWA, das Bundesgesundheitsministerium und die Ländergesundheitsministerien starten zum 1. April 2024 eine Aufklärungskampagne, um den gefährlichen Trend zu stoppen. Die Suchtberatungsstellen sind aufgefordert, aktiv die Lachgas-Party- und Grufti-Szene aufzusuchen, um im persönlichen Kontakt die Jugendlichen eindringlich auf die Lebensgefahr bei den nächtlichen Kläranlagenbesuchen aufmerksam zu machen. Es ist jetzt aber schon absehbar, dass die „Save Party People“-Projekte der Suchtberatungsstellen in der Szene schlecht ankommen. Denn dort gilt das Motto: „No Risk, no Fun!“


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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