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24. November 2009

 

 

 

 

 

 

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  Recht und Unrecht  


WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief 9.11.2006

Der Vertrag von Lissabon –
schützt er auch das Wasser?

 

Nachdem die Iren im zweiten Anlauf dem Lissabon-Vertrag zugestimmt und Polen und Tschechien zähneknirschend den Vertrag ratifiziert haben, kann der EU-Reformvertrag Ende des Jahres 2009 in Kraft treten. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßte es „ausdrücklich“, dass mit der Zustimmung Tschechiens der Vertrag endlich in trockenen Tüchern sei:

"Dies ist ein besonderer Tag für die deutsche Kommunalwirtschaft. Mit dem Vertrag von Lissabon ist das Recht der kommunalen Selbstverwaltung erstmalig im europäischen Primärrecht festgeschrieben",

betonte der VKU. In seiner Pressemitteilung verwies der VKU insbesondere auf ein Zusatzprotokoll zum Lissabonvertrages, in dem die Europäische Union die weitgehende Gestaltungsfreiheit lokaler wie nationaler Behörden bei Daseinsvorsorgeleistungen anerkannt habe. Zu den Leistungen der Daseinsvorsorge (EU-Slang: „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“) zählen Infrastrukturleistungen wie die Versorgung mit Gas, Wasser und Strom, aber auch Abwasser- und Abfallentsorgung.

"Beim Lissabon-Vertrag stehen jetzt die Bedürfnisse der Verbraucher und Bürger an erster Stelle. Auch die Position der deutschen Kommunen wird durch den Vertrag gestärkt",

ist sich der VKU sicher – im Gegensatz zu Skeptikern, die befürchten, dass die EU auf der Basis des EU-Reformvertrages bis auf die Ebene der Kommunen – und damit auch bis in die kommunale Da-einsvorsorge hinein – durchregieren könnte. So hatte beispielsweise Dr. PETER REBOLE, Vizepräsident Wasserwirtschaft des BDEW und Geschäftsführer der Südsachsen Wasser GmbH, auf der Wasserfachlichen Aussprachetagung WAT 2008 in Augsburg die Befürchtung geäußert, dass der EU-Vertrag von Lissabon trotz des Zusatzprotokolls weiterhin eine Gesetzgebungskompetenz der EU für die „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ beinhalte. Damit drohe angesichts des Wettbewerbsprimates der Kommission dann doch wieder eine Liberalisierung der Wasserversorgung (s. RUNDBR. 735/1-2, 517/1-2). Zur Untermauerung seiner optimistischeren Sicht verweist der VKU darauf, dass im EU-Reformvertrag die Subsidiar-tätskontrolle bis auf die lokale Ebene ausgedehnt worden sei: Künftig sei es zunächst die Aufgabe der lokalen und regionalen Ebene, ein auftretendes Problem – beispielsweise in der Wasserversorgung - zu lösen. Erst wenn ihr das nicht gelinge, sei die nächst höhere Ebene mit einem Lösungsversuch dran.

[Das Zusatzprotokoll zu den „Dienstleistungen von allgemeinen wirtschaftlichen Interesse“ wird üblicherweise so interpretiert, dass damit erstmals EU-rechtlich die in Art. 28 Grundgesetz verankerte kommunale Selbstverantwortung und die damit verbundene Gestaltungsfreiheit „auch und gerade bei der Wasserversorgung“ seitens der EU anerkannt worden sei; Anm. BBU].


Lissabon-Vertrag: „Hohe Sensibilität“
für die kommunale Daseinsvorsorge

 

Unter der Überschrift „Der Vertrag von Lissabon – Auswirkungen für das Gas- und Wasserfach“ befasst sich auch RA Dr. UWE WETZEL vom Brüsseler Büro der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in der ENERGIE-WASSER-PRAXIS 11/09, S. 74 – 75, mit den energie- und umweltpolitischen Aspekten des Vertrages. In der Kurzanalyse kommt WETZEL zum Ergebnis, dass künftig bei Rechtsakten der EU zur Umweltpolitik keine Einstimmigkeit der 27 EU-Mitgliedsstaaten mehr erforderlich sei:

„Von 2014 an entscheiden die EU-Staaten im Ministerrat mit doppelter Mehrheit: Es müssen mindestens 55 Prozent der Staaten zustimmen, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten.“

Der DVGW-Rechtsexperte betont, dass Einstimmigkeit aber weiterhin bei Maßnahmen erforderlich sei, die die Bewirtschaftung von Wasserressourcen betreffen.

„Eine Vorschrift, die angesichts des sich vollziehenden Klimawandels und seiner Folgen noch erhebliche Bedeutung erlangen kann“,

schreibt WETZEL – womit der Autor vermutlich auch auf die schon erfolgten Auseinandersetzungen um eine EG-Dürre-Richtlinie anspielt (s. RUNDBR. 849/1-2). Ferner schreibt WETZEL, dass den Regelungen zu den „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ im EU-Reformvertrag eine derart „hohe Sensibilität“ zugemessen worden sei, dass dazu eine erläuternde Protokollerklärung an den Vertrag angehängt wurde. Die Protokollerklärung enthält nicht nur die vom VKU herausgehobenen Subsidiaritätsregelungen. Im Hinblick auf die „Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ – also beispielsweise auch für die Wasserversorgung – beinhalte die Protokollerklärung

„ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte“.

Weitere Auskunft zur wasserwirtschaftlichen Bedeutung des Lissabon-Vertrages:

RA Dr. Uwe Wetzel
Avenue Palmerston 4
B – 1000 B r u x e l l e s
Tel.: 0032/223-71134; Fax: 0032/223-04480
E-Mail: wetzel@dvgw.de


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 



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