Benny
Adrion steht am Eingang der Hamburger Kneipe und winkt fröhlich.
Ein Sonnyboy, freundlich, locker, auf angenehme Weise cool. Der 25-Jährige
ist Fußballer bei einem ganz besonderen Verein: Seit 2004 kickt
er für den FC St. Pauli. "Ich möchte für keinen
anderen Regionalligisten spielen", sagt er sofort und bestellt
eine große Mango-Schorle. Ein erfrischendes und womöglich
gesundes Sportlergetränk eben. Überhaupt spielt Flüssigkeitsaufnahme
in Benny Adrions Leben seit einem Jahr eine wichtige Rolle: Er setzt
sich mit dem von ihm gegründeten Verein "Viva con Agua
de Sankt Pauli" für sauberes Trinkwasser auf Kuba ein.
Die Entstehung
dieses Projektes ist auch ein bisschen dem ungewöhnlichen
Sportmanagement des FC St. Pauli zu verdanken. Als erstes westliches
Profi-Team flogen die Hamburger Fußballer nämlich zu einem
Trainingslager nach Kuba. Die Spieler wurden einerseits hofiert und
freundlich in Havanna empfangen, andererseits sahen sie aber auch
das Elend und die Armut der einfachen Leute. "Da läuft
doch irgendetwas schief", hat Benny Adrion gedacht und sich
nach seiner Rückkehr unmittelbar mit der Welthungerhilfe in
Verbindung gesetzt. "Ich stellte mir plötzlich die Frage,
was ich eigentlich neben dem Sportplatz Sinnvolles machen könnte",
erklärt er sein Bedürfnis zu helfen. Gemeinsam mit den
Mitarbeitern der Welthungerhilfe entwickelte Benny Adrion die Idee,
Geld für sauberes Wasser in Form von Wasserspendern zu sammeln. "Vor
allem Kinder leiden in Kuba unter der schlechten Trinkwasserqualität,
sie bekommen von den Keimen im schmutzigen Leitungswasser Durchfall
und andere Krankheiten." Benny Adrion wollte ganz bewusst seinem
Engagement einen konkret realisierbaren Inhalt geben, zudem "hat
Wasser eine ökologische und politische Dimension".
Und genau damit
ist er im Umfeld des FC St. Pauli gut aufgehoben. "Wenn
irgendwo etwas passiert, dann gehen die Leute hier auf die Straße,
Solidarität wird groß geschrieben", schwärmt
der Fußballer. Es gäbe bei den Fans und Sympathisanten
des FC St. Pauli ein generelles Verständnis für die Diskrepanz
zwischen Reich und Arm.
Diese Grundstimmung
weiß Benny Adrion zu nutzen. Seit dem
1. Mai 2005 organisiert er Kulturveranstaltungen: Konzerte, Lesungen,
Feste. Sowohl in Hamburg als auch in anderen Städten, wie Kiel,
Berlin, Stuttgart und Essen. Unter anderen haben Tim Mälzer,
Heinz Strunck, Elton, Bela B. und Fettes Brot diese Benefiz-Events
unterstützt; das eingenommene Geld fließt komplett in
den Spendentopf von "Viva con Agua de St. Pauli". Zusätzlich
prasseln Einzelspenden hinein: "Hebammen spenden fünf Euro
pro Wassergeburt, Omis stricken Mützen und schenken uns den
Erlös, Schulen und Kindergärten engagieren sich",
erklärt Benny Adrion. Seine Augen strahlen, als er von der "solidarischen
Energie" des St.-Pauli-Kiezes spricht.
Das Ergebnis
dieser Energie kann sich sehen lassen: 50.000 Euro sind bisher
zusammengekommen.
Benny Adrion fliegt im Juni selbst
nach Kuba, um dabei zu sein, wenn 120 Kindergärten mit den erworbenen
Wasserspendern ausgerüstet werden. Die Spender sind mit einem
Keimfilter und einer Kühlung ausgestattet; ein Teil des Spendengeldes
fließt in ein Ersatzteillager, damit die Menschen vor Ort die
kleinen Trinkwasser-Anlagen eigenständig warten und reparieren
können.
Benny Adrion
will künftig die Arbeit seines Projekts auf andere
internationale Brennpunkte ausweiten, vor allem auf Afrika. Er hofft,
von gesammelten Geldern Brunnen bauen zu können, "um noch
nachhaltiger zu helfen". Außerdem möchte er gerne
unabhängig von der Welthungerhilfe agieren, als selbständiger
Hilfsverein. Er gerät erneut ins Schwärmen, wenn er von "seinem
Team" redet. Damit meint er nicht seine Fußballmannschaft,
sondern 15 bis 30 Leute, die ihn in ehrenamtlicher Arbeit unterstützen. "Alles
junge Leute unter 40 Jahren, das macht enormen Spaß." Seine
Mannschaftskameraden fänden das Projekt aber auch super, sie
unterstützten ihn auf jeden Fall moralisch.
Benny Adrion
selbst hat in den letzten zweieinhalb Jahren mehr Zeit in "Viva con Agua de Sankt Pauli" gesteckt als in Spiel
und Training. Zwei Operationen am Fuß zwangen den Sohn des
Trainers der Regionalligamannschaft des VfB Stuttgart, Rainer Adrion,
zu dieser langen Verletzungspause. Doch statt untätig mit seinem
Schicksal zu hadern, hat er versucht, die Auszeit sinnvoll zu nutzen. "Ich
will mit ,Viva con Agua de Sankt Pauli' das Fundraising aus der biederen
Ecke rausholen", betont er noch einmal. "Ich will mit Hilfe
der Subkultur neue Kreise für humanitäre Hilfe sensibilisieren." Sein
Mini-Promi-Status als St.-Pauli-Spieler hilft ihm dabei natürlich
ein bisschen. "Ja, das befeuert natürlich. Aber ich muss
mich trotzdem anstrengen, um etwas auf die Beine zu stellen. Nicht
wie ein Bundesliga-Spieler, der einfach mit einer Spende, einem geringen
Teil seines Jahresgehaltes, gute Dinge tun kann."
Zum Abschied
strahlt er wieder. "Ich will dem Mythos St. Pauli
einen konkreten Inhalt geben." Eine clevere Idee, den bekannten
Namen des Vereins zu wohltätigen Zwecken zu nutzen. Und er fordert
alle, die helfen wollen, auf, sich bei ihm zu melden. "Wir sind
ein offenes Netzwerk, jeder kann mitmachen - ob mit einer Spende
oder tatkräftiger Unterstützung." Und der Idealismus
blitzt ihm erneut aus den Augen.