3 OWi 234 Js-OWi 3766/06 (66/06)
(Geschäftsnummer)
Ausfertigung
Amtsgericht
Fürstenwalde
Beschluss
In
der Bußgeldsache
gegen
Thomas Plenzke
wohnh.: Chausseestraße 37a, 15518 Rauen
Verteidiger:
Rechtsanwalt Stefan Sarrach, Schloßstraße 7, 15517 Fürstenwalde
wird der Betroffene auf Kosten der Staatskasse, die auch die notwendigen
Auslagen des Betroffenen zu tragen hat,
freigesprochen.
Gründe:
Der Zweckverband
Wasserversorgung und Abwasserversorgung Fürstenwalde
und Umland e.V. - Der Verbandsvorsteher, im folgenden "Behörde" genannt,
erliess unter dem 11. Februar 2005 - Aktenzeichen: Bgb-002-05 Pe - Bussgeldbescheid
gegen den Betroffenen mit dem ordnungsrechtlichen Vorwurf, der Betroffene
hätte Mitarbeitern der Behörde am 24.08.2005 um 09:00 Uhr nicht
den Zugang zu seinen wasserwirtschaftlichen Anlagen auf dessen Grundstück
Chausseestr. 37a, 15518 Rauen gestattet, obwohl die Behörde ihn
darum mit ihrem Schreiben an ihn vom 08.08.2005 unter Hinweis auf die
Zutrittsrechte der Mitarbeiter der Behörde gemäss §§ 14,
16 AVB WasserV gebeten hätte, und belegte den Betroffenen auf der
Grundlage von § 9 Absatz 1 Buchstabe e) der Satzung über den
Anschluss an die öffentliche Trinkwasserversorgung im Versorgungsgebiet
des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Fürstenwalde
und Umland (Wasserversorgungssatzung ) vom 22.10.2003;§§ 14
Abs. 1 Satz 1; 16 AVBWasserV vom 20. 06.1980;§ 17 des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten (OWiG) mit einer Geldbusse von 35,00 Euro fest.
Gegen jenen ihm am 12.11.2005 zugestellten Bussgeldbescheid legte der
Betroffene mit
Schreiben seines Verteidigers vom 21.1 1.2005 Einspruch ein, der am 24.11.2005
per
Fax form - und fristgerecht bei der Behörde einging.
Auf jenen form -
und fristgerechten Einspruch ist der Betroffene bereits aus rechtlichen
Gründen mit der sich aus dem Tenor dieses Beschlusses
ergebenden Kosten- und Auslagenfolge freizusprechen, weil eine rechtswirksame
Grundlage zur ordnungsrechtlichen Ahndung des dem Betroffenen vorgeworfenen
Fehlverhalten fehlt, so dass hier dahingestellt bleiben kann, ob der
gegen den Betroffenen erhobene ordnungsrechtlicher Vorwurf in tatsächlicher
Hinsicht zutrifft.
§ 9 Absatz 1, e) Wasserversorgungssatzung erklärt unter Verweis
auf § 8 Wasserversorgungssatzung unter anderem
- die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für
die Versorgung mit Wasser (AVB Wasser V) vom 20. Juni 1980
- die „Ergänzenden Bestimmungen des Zweckverbandes Wasserversorgung
und Abwasserentsorgung Fürstenwalde und Umland zur AVB Wasser
V
pauschal und ohne
jegliche Differenzierung zu ordnungsrechtlichen Tatbeständen,
deren vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung ordnungswidrig
sei.
Damit fehlt eine
wirksame Rechtsgrundlage, den Betroffenen wegen des Vorwurfes gemäss
des vom Betroffenen angefochtenen Bussgeldbescheids ordnungsrechtlich
zu
ahnden.
Der pauschale ordnungsrechtliche
Verweis in § 9 Absatz 1 Buchstabe
e Wasserversorgungssatzung auf jene AVB Wasser verstösst gegen das
grundgesetzlich untersagte Übermassgebot, verletzt zugleich aber
auch das gleichermaßen grundgesetzliche geschützte Gebot auf
hinreichender Bestimmtheit ordnungsrechtlicher Normen, all dies mit der
Folge, dass § 9 Absatz 1 Buchstabe e Wasserversorgungssatzung damit
in ordnungsrechtlicher Hinsicht unwirksam ist.
Die AVB Wasser der
Behörde ist bundesrechtlich zur inhaltlichen
Ausgestaltung von allgemeinen Versorgungsbedingungen zur Regelung der
Rechte und Pflichten von Vertragspartnern einer öffentlichen Wasserversorgung
ausgestaltet. In dieser werden die "Partner" der Behörde
folgerichtig auch als "Kunden" bezeichnet.
Die AVB Wasser der
Behörde enthält in ordnungsrechtlicher
Betrachtungsweise ein Sammelsurium von Regelungen, Bestimmungen usw.,
die sich zum einen auch an die Behörde selbst richten, die sich
satzungsmässig wohl kaum selbst für ordnungswidrig erklären
will und soll, wenn sie, selbst etwa durch ihre Mitarbeiterinnen bzw.
Mitarbeiter der AVB Wasser zuwiderhandeln sollte, zum anderen aber auch
Regelungen, Bestimmungen usw., die z. B. als Sollvorschrift ausgestaltet
sind bzw. die sogar eine Vereinbarung zur Voraussetzung bzw. Grundlage
haben, wie das in § 16 AVB Wasser geregelte Zutrittsrecht von Beauftragten
der Behörde.
Streitigkeiten zwischen
Vertragspartnern, die auch den Inhalt oder den Umfang von Vereinbarungen
zum Gegenstand
haben können, wie etwa
solche, ob und inwieweit der Kunde der Behörde nach § 30 AVB
Wasser zur Zahlungsverweigerung berechtigt ist oder nicht, stehen bussgeldbewehrtem
Ordnungsrecht fern. Dass etwa auch unberechtigte Zahlungsverweigerung
mit ordnungsrechtlicher Geldbuße geahndet werden dürfte, ist
eine eher nicht denkbare Rechtsfolge im Verhältnis von jedenfalls
dem Grundsatz nach rechtlich gleichrangigen Vertragspartnern zueinander.
Nach all dem war der Betroffene wie hiermit geschehen freizusprechen.
Fürstenwalde,
08.03.2006
Helling
Direktor des Amtsgerichts
Ausgefertigt
Möller, Justizangestellte
als Urkundsbeamte(r) der Geschäftsstelle