Für eine öffentliche
Wasserwirtschaft,
gegen die Kommerzialisierung
einer Grunddienstleistung
In
privater Hand soll alles besser und billiger werden – so
lautet die zur allgemeinen
Politik gewordene Schlichtformel einer möglichst uneingeschränkten
Kommerzialisierung aller Lebensbereiche. Die Serviceleistungen
von privatisierter Telekommunikation und Post lehren das
Gegenteil. Der angestrebte Börsengang der Bahn veranlasst
diese bereits heute zu „Effizienzsteigerungen“ auf
Kosten der Beschäftigten
und der Durchschnittskunden. Die auf kommunaler und Kreisebene
anzutreffenden Bespiele von Voll- und Teilprivatisierungen
im Versorgungs- und Entsorgungs- sowie im Gesundheitsbereich
sind für die
Verbraucher und die betroffenen Arbeitnehmer in der Summe überwiegend
negativ.
Die
grassierenden Verkäufe öffentlichen Eigentums, oft
als Sachzwang angesichts leerer Haushaltskassen ausgegeben, verschleudern
zugleich das in Generationen angesammelte materialisierte Bürgervermögen.
Die Eigentumsbildung und die durchaus auf Deckungs-beiträge
für den Haushalt gerichtete Wirtschaftstätigkeit in öffentlicher
Hand waren und sind zugleich ein politischer Gestaltungsauftrag
auf Dauer. Der Umgang mit öffentlichem Vermögen muss
deshalb auch transparent sein und öffentlich legitimiert werden.
Fast
immer wird dagegen beim Verkauf öffentlichen Eigentums
verstoßen. Die oft nur oberflächlich begründeten
Beschlüsse werden hinter verschlossenen Türen gefasst,
teils mit massiver Einflussnahme von Privatfirmen vor allem aus
dem Finanz- und Beratungssektor. Dagegen wehren sich immer mehr
Bürgerinnen und Bürger. Insbesondere hinsichtlich der
für die alltägliche Lebensführung zentralen Dienstleistungen
der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung ist das Bewusstsein
gewachsen, dass sie nicht ausschließlich Gegenstand von Gewinnstreben
sein dürfen. Sie dürfen auch nicht aus der öffentlichen
Kontrolle entlassen werden.
Lokale Initiativen gegen den kommunalen Ausverkauf vernetzen sich
Im
Herbst 2004 kam es zum ersten Erfahrungsaustausch von lokalen
Initiativen
zur Erhaltung
der öffentlichen Wasserwirtschaft,
die angesichts drohender Privatisierungen oder bereits vollzogener
Teilprivatisierungen entstanden waren. Daraus bildete sich rasch
das bundesdeutsche Netzwerk „Wasser in Bürgerhand“ (W!B).
Vom „Bündnis Kielwasser“ im Norden über Hamburg,
Kassel und Stuttgart und Augsburg bis zur „Wasser Allianz
München“ und in jüngerer Zeit aus den ostdeutschen
Bundesländern mit Gruppierungen vor allem für die dezentrale
Abwasserbehandlung reicht heute der Verbund mit regelmäßigen
Treffen und einer E-Mail-Liste. Die Initiativen sind lokal wiederum
mit anderen Gruppen verbunden.
Auf
der Internetseite www.wasser-in-buergerhand.de werden aktuelle
Nachrichten und
Hintergrundinformationen präsentiert sowie
Anregungen für Bürgerinnen und Bürger gegeben, die
vor Ort ihr demokratisches Recht auf Teilhabe an entscheidenden
Prozessen des Gemeinwesens wahrnehmen wollen. „Wasser in
Bürgerhand“ versteht sich deshalb auch als Teil einer
Bewegung zur Stärkung der Bürgerdemokratie und - über
die Wasserwirtschaft hinaus - zur Wiederbelebung einer ernsthaften
politischen Diskussion über die Zukunft von Wirtschaft und
Staat.
März
2006