Im September 2000 verabschiedeten die Staats- und
Regierungschefs von 150 Ländern die sog. Milleniumserklärung. Zu den Milleniumszielen
gehört u.a. die Halbierung der Zahl der Menschen, die keinen Zugang
zu sauberem Trinkwasser haben, bis 2015, d.h. Wasser für 500 Millionen
Menschen in den nächsten nur noch neun Jahren. In Afrika hat nur
jeder vierte Zugang zu sauberem Wasser.
Ein weiteres Ziel ist es, die Zahl derjenigen Menschen
auf der Welt zu verdoppeln, die Zugang zu sanitärer Versorgung haben. Das betrifft
derzeit 2,4 Milliarden Menschen, in Afrika 87% der Bevölkerung.
Fachleute sind sich darüber einig, daß diese Ziele in der
vorgegebenen Zeit nicht erreichbar sind. Das sind bedrückende
Aussichten.
Ich
bin fest davon überzeugt, daß es starke Kräfte
auf der Welt gibt, die gar nicht wollen, daß diese Ziele erreicht
werden, denn wer über Mangelware verfügt, der hat Macht und
kann damit viel Geld verdienen. Wer weiß das besser als gelernte
DDR-Bürger?
Noch eine schreckliche Zahl: An jedem Tag sterben
auf der Erde 6000 Kinder an schmutzigem Wasser
und mangelhaften sanitären Einrichtungen.
Das sind jährlich 2,2 Millionen Kinder. So sieht es auf der
Welt aus.
Zu
diesem Problem werden wir heute noch einen Film sehen.
Wir
leben in Deutschland, im Land Brandenburg, im Landkreis Barnim.
Wir haben auch Probleme mit dem Wasser - aber andere.
Wir
haben alle Zugang zu sehr gutem Trinkwasser, Wasser aus Tiefbrunnen,
das in den tiefen Bodenschichten dort seit mehreren hundert
Jahren gespeichert ist, sog. fossiles Wasser. Das muß man nicht erst
zu Trinkwasser aufbereiten. Das ist Trinkwasser bester Qualität.
Unsere Wasserwerke müssen es nur fördern, durch ein
Kiesfilter laufen lassen und dann in das Leitungsnetz einspeisen.
Jeder
Mensch benötigt zwischen 20 und 50 Liter sauberes Wasser
für den täglichen Bedarf. Diese Zahl ist reichlich bemessen.
Wir benötigen durchschnittlich 80 Liter.
Unser größter Wasserversorger im Kreis, der ZWA Eberswalde,
wirbt dafür, den Wasserverbrauch deutlich zu erhöhen. Wir
sollen möglichst zweimal am Tag duschen und den Garten reichlich
mit Trinkwasser sprengen. Es ist so reichlich Wasser da, daß es
auch für unsere Enkel noch reicht. So konnten Sie es im Amtsblatt
Nr. 7 des Jahres 2005 lesen. Ich war überrascht, daß diese
Anzeige offenbar niemanden im Kreis gestört hat. Ich habe
keinen einzigen Leserbrief dazu gefunden, nicht einmal meinen eigenen.
Brandenburg gilt als sehr wasserreiches Land. Ein
Blick auf die Landkarte scheint das zu
bestätigen. Wir haben aber die geringsten Niederschläge
in Deutschland. Bei uns fallen jährlich nur ca. 550 mm Regen und
das wird noch weniger. So haben es die Wissenschaftler des Potsdam
Instituts für Klimafolgenforschung ausgerechnet. Gleichzeitig
steigt die Jahresmitteltemperatur. In den nächsten 50 Jahren sind
3 Grad vorausgesagt, das ist sehr viel. Es verdunstet mehr Wasser als
Regen fällt. Die Folge ist, daß unsere Seen austrocknen,
kein neues Grundwasser gebildet wird - das gilt besonders für
die Kiefernwälder, die wir reichlich haben - und der Grundwasserspiegel
ständig sinkt. In der Schorfheide sind das bis zu 7 cm in einem
Jahr. Den Pinnowseen fehlen 11/2 m Wasser. Sie sind heute wenig mehr
als halb so groß wie noch vor 50 Jahren.
Aber
es ist nicht das Klima allein, das dem Grundwasser zu schaffen
macht. Es ist vor allen Dingen der Mensch. Entwässerungssysteme,
die vor Jahrzehnten, vor Jahrhunderten angelegt wurden, um das Sumpfland
Brandenburg urbar zu machen, entwässern immer noch, obwohl das
Wasser heute besser festgehalten werden müßte. In der Schorfheide
ist es u.a. das Döllnfließ, das täglich
mehrere hundert m3 Wasser wegtransportiert.
Es
sind aber nicht nur die Maßnahmen der weit zurückliegenden
Vergangenheit, die uns Wasser kosten.
1991
wurde im Altkreis Eberswalde begonnen, ein flächendeckendes
Kanalnetz für Abwasser zu bauen. Auch nach den bereits damals
vorhandenen Kenntnissen war dieses Projekt das, als was wir es heute
sehen: eine gigantische Fehlinvestition. Obwohl das Netz nicht fertig
wurde und wohl auch nie fertig werden wird realisiert uns der ZWA mit
seinen Anlagen einen Wasserverlust von knapp gerechnet 2 Millionen
m3 Wasser im Jahr, die wir über den Finowkanal in die Oder und
die Ostsee ableiten. Dieses Wasser mit den darin enthaltenen Nährstoffen
brauchen wir ganz dringend für unser Land, für unseren Boden
und nicht zur Überdüngung der Ostsee.
Die Europäische Union hat erkannt, daß es auch in Europa
massive Wasserprobleme gibt. Wir kennen einen ganzen Fächer von
EU-Richtlinien, die alle das Wasser betreffen. Ich erwähne nur
die Kommunalabwasserrichtlinie aus dem Jahr 1992 und die Wasserrahmenrichtlinie
aus 2000. Es ist kennzeichnend für das Verhältnis unserer
Landesregierungen zum Medium Wasser, daß die EU-Richtlinien regelmäßig
mit großer Verzögerung, meist erst nach Androhung von Sanktionen,
in Landesrecht übernommen wurden, aber auch nicht vollständig.
So fehlt in unserem Landesrecht der Grundsatz, daß Wasser keine übliche
Handelsware ist, sondern ein ererbtes Gut, das zu schützen
und zu bewahren ist.
Es
gibt weltweit nur einen Staat, in dessen Verfassung das Wasser
als Menschenrecht festgeschrieben ist. Das
ist schon
erstaunlich.
Dieser
Staat ist Südafrika und dort gibt es die reale Chance, die
Milleniumsziele, von denen ich eingangs sprach, auch zu erreichen.
Ü berall dort, wo von Banken gesteuerte Geschäftemacher am Werk sind,
gleichgültig ob private Konzerne oder öffentlich-rechtliche Monopolisten
ist das Wasser kein Gemeingut sondern Geldquelle zu Lasten der Menschen. Hier
gibt es national, regional und international keine Unterschiede. Damit ist ganz
klar, daß Privatisierung und Liberalisierung und PPP (ÖPP) keine Lösungen
sind.
Auch
um das allen Menschen deutlich zu machen, die es wissen müssen
und hören sollten, begehen wir den Welttag
des Wassers.
Wir
sagen: Wasser in Bürgerhand!
Wir wissen, daß jeder Bürger,
der Wasser sparsam verwendet, wer mit Wasser nachhaltig umgehen will,
politisch, wirtschaftlich und ökologisch richtig handelt. Das
ist aber nicht gut für das Geschäft mit dem Wasser.
Dafür bekommt er den erbitterten Widerstand der Behörden
als Handlanger der Geschäftemacher schmerzhaft zu spüren.
Ich
denke, daß wir diese Erkenntnis heute noch vertiefen können,
denn in dieser Runde sitzen ein paar Leute, die hierzu ganz praktische
Erfahrungen gemacht haben.