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14. Februar 2006

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

Broschüren für
Wasser in Bürgerhand

Band I

 

 

Die Rehabilitierung der öffentlichen Dienste und
Strategien gegen den Ausverkauf des Wassers

Autor: Albrecht Kappis
April 2005

 

Der deutsche Wasser- und Abwassermarkt besteht aus annähernd 14.000 Betrieben, die sich derzeit noch überwiegend in der öffentlichen Hand befinden. Doch die Auseinandersetzungen um das Trinkwasser verschärfen sich. So befürwortet die Bundesregierung eine "Öffnung" des Wasser- und Abwassermarktes gegenüber privaten Ver- und Entsorgungsunternehmen. Immer häufiger werden Wasserversorgung, Klärwerke und Infrastruktur an Großunternehmen und Konzerne verkauft. Meist gehen diese Transaktionen still und leise vonstatten, ohne besonderes Augenmerk der Presse und ohne ausreichende Information der VerbraucherInnen.


WasserInBürgerhand! (W!B) will mit diesem Grundsatzpapier einen Beitrag zur Aufklärung über die Hintergründe (Drahtzieher, Akteure und Vorgehensweisen) der Wasser-Privatisierung leisten, Argumentationshilfen und Strategien gegen den Ausverkauf des Wassers liefern und aufzeigen, warum die öffentlichen Dienste rehabilitiert werden müssen!

 

Die Öffentlichen Dienste fallen dem neoliberalen Wahn zum Opfer

Mit wachsendem Entsetzen starren die Demokraten der Welt auf den vollends entfesselten neoliberalen Politikstil. Ein religiös geprägter „Neoimperialismus“ der USA rückt in den Bereich des Denkbaren. Angriffe auf Staaten, die als Träger des Terrors beliebig definiert werden, werden möglich.

Die rot-grüne Koalition ist ebenso wie die schwarz-gelbe Opposition gemeinsam mit dem neoliberalen System am Ende. Immer unwahrscheinlicher wird, dass das neoliberale Wirtschaften eine Wende zum Besseren bringen wird.

Die WählerInnen ziehen sich von der sich selbst entmachtenden Politik der Parteien zurück.

Jetzt sollen auch noch die öffentlichen Dienste dem neoliberalen Wahn überantwortet und „privatisiert“ werden. Damit wird der Staat von einer Organisations- und Finanzierungslast kurzfristig entlastet - gleichzeitig werden die öffentlichen Dienste der Daseinsfürsorge zu Spekulationsobjekten, die dem internationalen Kapital unterworfen werden. Schon jetzt zeigt sich, dass die privatisierten Dienste nicht nur die sozial schwachen VerbraucherInnen in die Gosse abdrängen werden, sondern dass z. B. im Bereich Wasser insbesondere auch die mittleren, privaten Konsumenten abgeschöpft werden. Diese werden zwar, sobald ihnen die Konsequenzen bewusst werden, Widerstand organisieren, aber sie werden die Privatisierungen nicht mehr rückgängig machen können.

Die im öffentlichen Dienst Beschäftigten werden von den privaten Konzernen aus den Tarifverträgen gedrängt und alle Bemühungen zur Erhaltung der Umwelt und zur Nachhaltigkeit werden abgebaut werden.

Soll das verhindert werden, dann muss mindestens die öffentliche Daseinsfürsorge erhalten bleiben!

Dieser Tage treten Ute Vogt und Franz Müntefering mit erstaunlicher und unerwarteter Neokapitalismuskritik an die Öffentlichkeit. Beide haben Spitzenpositionen in der SPD. Ihre Statements, die sicher von der Parteispitze „freigegeben“ sind, erregen beachtliches politisches Interesse. Es gibt Beifall von unterschiedlichsten Richtungen; Kritik im Wesentlichen von den Profiteuren und Ideologen des Neoliberalismus.

 

I. Hintergründe

Das Prinzip der Verschleierung

Die Privatisierung des Wassers ist politisch nur durchsetzbar, wenn die negativen Konsequenzen des Vorganges gegenüber einer unaufgeklärten Öffentlichkeit "verschleiert" werden können. Die Strategie der Verantwortlichen geht sogar soweit, den abstimmenden Stadt- und Gemeinderäte möglichst keinen vollen Durchblick über die Zusammenhänge zu gewähren. (Man betrachte nur einmal im Rückblick die gescheiterten Cross-Border-Leasing Verträge, bei denen auch noch die Kurzfassungen für die Gemeinderäte Kunstwerke der Verschleierung waren.)

Diese bewusste Verdunklung von Vorgängen und Sachverhalten sowie die Verhinderung von Aufklärung der WählerInnen und KonsumentInnen gehört zur Grundsystematik der neoliberalen Praxis (Beispiel.: Enron hat mehrere Tausend Briefkastenfirmen unterhalten; bei den Berlusconi-Unternehmenskonstruktionen soll es 45 geben.) Auch der gigantische Parmalat Betrugsfall (1) zeigt exemplarisch, dass er nur durch kunstvolle und komplexe Verschleierung möglich war. Er macht auch deutlich, dass die entfesselte, deregulierte Wirtschaft auch Top-Manager und Wirtschaftsbosse "entfesselt". Die Zahl derer, die ihr wild expandierendes Ego nicht selbst unter Kontrolle halten können, steigt! Sie brauchen dringend ein vernünftiges Regelwerk und demokratische Kontrolle!

In der Spiegel-Ausgabe 3/2004 findet sich unter dem Titel – Aufsichtsräte "Pikantes Engagement" - die Notiz, dass der Vorstandsvorsitzende der Deutschen PostAG in den Aufsichtsrat der Investbank Morgan Stanley gewählt worden ist (Salär für vermutlich sehr wenig oder möglicherweise sogar gar keine ernsthafte Arbeit: ca. 100.000 Euro pro Jahr!) Pikant dabei ist, dass Stanley kurz zuvor zusammen mit der Deutschen Bank von der Post AG den höchst lukrativen Auftrag erhalten hat, die Postbank, 100%ige Tochter der deutschen Bank, an die Börse zu bringen. Der Spiegel merkt noch an, dass der New Yorker Strafverfolger Eliot Spitzer, zu enge Kontakte zwischen Investmentbanken und Kunden auf Kosten der Kleinanleger kritisiert. Auch die Korruption blüht und gedeiht im Dunkeln!

Fehlende Transparenz der freien Märkte

Auf die gleiche Weise wird Konsumenten lebhafte Konkurrenz der Anbieter vorgegaukelt, wo gar keine mehr existiert. Früher zeigten die Konzerne gerne auf den Endprodukten den Konzernnamen des Tochterunternehmens. Heute sind z. B. auf den Mineralwasserflaschen die Hinweise auf die wirklichen Eigentümer verschwunden und kein Verbraucher kann mehr erkennen, ob er Wasser von Danone oder Nestle kauft, die gerade dabei sind, den europäischen Mineralwassermarkt untereinander aufzuteilen.

Längst sind scheinbar konkurrierende Einzelhandelsunternehmen durch ihre Konzernmütter verbunden, was nach außerhalb möglichst verschleiert wird. Die in der neoliberalen Ideologie vorausgesetzte Transparenz der Märkte wird zur Farce. Die Prediger der Wunderwirkungen des freien Marktes schauen hierbei ebenso tatenlos zu, wie die sich selbst entmachtenden Regierungen. Da auch die freie Presse an dieser Stelle viel zu selten genau hinsieht, müssen wir gemeinsam mit den etablierten Verbraucherorganisationen auch Verbraucherschutz und -aufklärung betreiben!

Wer sind die Drahtzieher der Privatisierung?

Hier handelt es sich vor allem um das institutionelle Kapital in Form von Fonds etc, von denen zwischenzeitlich sogar die großen Wasser-Konzerne abhängig geworden sind. Die Fonds geben oder entziehen Gelder in Milliardenhöhen und üben an den Börsen ungeheuren Einfluss auf die Shareholder der Unternehmen und Konzerne aus. Sie sind die wahren "Global Player".
Sie suchen weltweit unermüdlich gewinnbringende Märkte für die von ihnen beeinflussten Unternehmen. Erkennbar sind aber fast nur die im Blickfeld der Öffentlichkeit agierenden Konzerne, z. B. die französischen und deutschen Wasserkonzerne.

Das institutionelle Kapital und seine Konzerne haben die organisatorische und technologische Intelligenz weitgehend für ihre Zwecke instrumentalisiert. Die undurchsichtigen Machenschaften rund um die Cross Border Leasing-Vereinbarungen wurden von großen Beratungsunternehmen in Gang gebracht, mit der Folge, dass für den amerikanischen Steuerzahler Milliardenschäden entstanden sind. (Hier streifen wir den neoliberalen Misstand: Wirtschaftliche Konzentration und Risikogesellschaft. Das Risiko wächst überproportional! Schäden durch Enron, WorldCom Long Term Capital Fund, Parmalat und das organisierte Verbrechen erreichen Größenordnungen von hunderten Milliarden!)

Das institutionelle Kapital verfügt über die finanziellen Mittel, um eine effiziente Propagandamaschine in Gang zu halten und eine wirksame Lobby zu unterhalten, die unmittelbaren Einfluss auf die Parteien und Regierungen nimmt. (Im Irak wird jetzt die Beute an die Unternehmen verteilt, die auch als Wahlkampfspender für die Republikaner bekannt geworden sind.)

Die Propagandamaschine des neoliberalen Systems richtete sich nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems insbesondere auf die Diffamierung des Staates und seiner Institutionen. Der angeblich übermächtige Staat soll bis auf einige wenige Restfunktionen zurückgedrängt werden, damit sich die schöpferischen und notfalls heilenden Marktkräfte "liberal" entfalten können.

Das Versagen der Akteure

Die sich aus der allgemeinen Liberalisierung ergebenden ungeheuren Kapital- und Machtkonzentrationen in privaten Händen sollten durch geniale, leistungsbereite und verantwortungsvolle Wirtschaftsbosse die Mittel schaffen, globalen Wohlstand und Arbeit hervorzubringen.


Doch weder die moralischen noch die fachlichen Fähigkeiten der Konzernvorstände und Kapitaleigner sind mit der Finanz- und Machtkonzentration gewachsen. Das Gegenteil ist der Fall wie die kriminellen Machenschaften der Konzernspitzen bei WorldCom, Enron und Parmalat zeigen und die gerade hinter uns liegenden Krisen der Großbanken und Versicherungen sichtbar machen. Es hat sich gezeigt, dass der Weg vom seriösen Großbanker zum verantwortungslosen und enthemmten Spekulanten und Zocker äußerst kurz sein kann, wenn moralischer Außendruck und demokratische Kontrolle fehlen.

Der geschwächte Staat

Da es nicht gelang, ausreichend große globale Märkte schnell genug zu entwickeln, und da das Kapital "von Natur aus" unersättlich ist, sieht es nun die öffentlichen Dienste als lukrative Privatisierungsobjekte an - natürlich immer nur zum Wohle der Menschheit...

So wurde also eine ungeheure Diffamierungskampagne gegen den Staat in Gang gesetzt, die systematisch auf die Schwächung seiner Institutionen zielt. Die Hauptargumente: der Staat sei ineffizient, aufgebläht, bürokratisch und viel zu teuer. Privatisierung sei das alleinige Allheilmittel.

Tatsächlich haben diese Propagandaaussagen – gestützt von einer Presse, die den Glauben an den Neoliberalismus immer noch nicht verloren hat - ihre meinungsbildende Wirkung beim Wähler getan; und leider haben nicht selten ineffiziente öffentliche Unternehmen diesem Vorurteil Vorschub geleistet

Die neoliberale Argumentationskette

Wenn man sich jedoch mit den Argumentationssträngen der Privatisierer im Einzelnen auseinandersetzt, wird schnell deutlich, wie oberflächlich ihre Kritik an den staatlichen Institutionen bleibt und wie hohl und unglaubwürdig die Versprechungen der neoliberalen Segnungen klingen:

  • Die privaten Konzerne werden auf Grund des vitalen Antriebes des Gewinnstrebens durch straffe und intelligente Organisation über ihre Gewinne hinaus ein Maximum an Wertschöpfung erzeugen (Reales Wachstum).

Heute zeigt sich nicht zuletzt am Beispiel der Wasserkonzerne, dass die Konzerne unter dem Druck der Shareholder, d. h. des institutionellen Kapitals in Form mächtiger Fonds, praktisch nur noch am Kurzfristprofit interessiert sind und langfristige Planung und Aspekte der nachhaltigen Entwicklung ignorieren. Denn die sich hier aufzeigende Gewinngier ist im Grunde nichts anderes als die entfesselte Gier von Einzelpersonen nach Macht und Geltung. (Der Volksmund spricht hier von Neodarwinismus.)

Es ist ersichtlich, dass das institutionelle Kapital nicht mehr an Orte, Personen, tradierte Werte, Nationen und Gesellschaften gebunden ist. Auch dies ist eine Konsequenz der neoliberalen Entfesselung und stellt einen folgenschweren Misstand des Systems dar!

  • Es existiert nach wie vor folgende "Kopplung": Geht es den Unternehmen gut, geht es auch der Gesellschaft als Ganzer gut. So entstehen und festigen sich gegenseitig die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft.

Diese Aussage ist ganz offensichtlich falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Der Turbo-Kapitalismus hat zu einer Entkoppelung von Konzernen und nationalen Gesellschaften geführt. So haben z. B. in den vergangenen zwei Jahren gerade die Städte den größten finanziellen Niedergang erlebt, in denen die mächtigsten und erfolgreichsten multinationalen Konzerne angesiedelt waren. Jahrelang haben deutsche Konzerne kaum in Deutschland investiert, sondern stattdessen an internationalen Börsen spekuliert oder sinnlos und weltweit Firmenimperien zusammengekauft. Investierten sie in Deutschland, dann handelte es sich fast immer um so genannte Rationalisierungs-Investitionen, d. h. um Verdrängung der Arbeit durch Kapital. Wäre tatsächlich die prognostizierte Kopplung eingetreten, so wäre es angesichts der gigantischen Profite deutscher Pharmakonzerne wohl kaum so kläglich um das deutsche Gesundheitswesen bestellt!

  • Die privaten Unternehmen haben effizientere Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung und Finanzierung.

Diese Aussage ist richtig! Tatsächlich haben die gestaltenden politischen Kräfte in den in den letzten Jahren durch die Entmachtung des Staates die öffentlichen Haushalte ausbluten lassen.

So wurden die "öffentlichen" Landesbanken dazu angehalten, sich von der Finanzierung öffentlicher Projekte und den kleinen und mittleren Unternehmen abzuwenden und sich in enormem Umfang an heute irrwitzig erscheinenden Großspekulationen zu beteiligen. Die Verluste waren ebenso gigantisch und belasten jetzt "solidarisch" die ganze Bevölkerung. In einzelnen Fällen gingen auch Sparkassen diesen Weg. Damit wurden den kleinen und mittleren Unternehmen, die 70% (!) der Arbeitsplätze stellen, die Finanzierungsquellen abgeschnitten, zumal auch die Großbanken sich ebenfalls fast ausschließlich und mit gleichem Ergebnis der Großspekulation zuwandten. Das Ergebnis ist eine nie zuvor da gewesene Pleitewelle der kleinen und mittleren Unternehmen (in diesem und letztem Jahr ca. 100.000 Insolvenzen).

  • Öffentliche Unternehmen sind ineffizient und entsprechend kostenintensiv und teuer.

Das kann in den Fällen gegeben sein, wo die politische Kontrolle versagt oder gar Korruption und Vetternwirtschaft im Spiele ist.

Es wurde oben gezeigt, dass die öffentlichen Unternehmen "systematisch" von Krediten und anderen Finanzierungsmöglichkeiten abgeschnitten und weitgehend auf sich selbst angewiesen sind. Sehr häufig müssen sie sich auch irrationalen politischen Forderungen unterwerfen. Dass sie unter den vorgegebenen Umständen ihr Unternehmensziel überhaupt erreichen, ist eher erstaunlich.

  • Die privaten Unternehmen haben durch ihre weitläufigen Verbindungen Zugang zu vielfältigen Ressourcen und durch ihre grenzüberschreitenden Aktivitäten einen gewaltigen und befruchtenden Wissenstransfer und dadurch ein größeres Know-how gegenüber öffentlichen Unternehmen.

Das stimmt sicher nicht in Bezug auf die Wasserwirtschaft. Die drei privaten Wasserunternehmen Frankreichs, die sich den Wassermarkt untereinander seit Jahrzehnten aufgeteilt haben, haben im Vergleich mit den öffentlichen Wasserunternehmen in Deutschland weder kostengünstiger noch technologisch effizienter gearbeitet. Sie waren aber jahrzehntelang in Korruptionsfälle verwickelt. (Aus diesem Grund haben sich die Wasserfirmen von ihren tradierten Namen getrennt - hier haben wir es wieder mit der systemimmanenten Verschleierung und Verdunklung zu tun). In der Zwischenzeit haben die französischen Regierungen den privaten Wasserfirmen rigide Regeln für die Wasserwirtschaft in Frankreich auferlegt. Nicht natürlich für die Aktivitäten im Ausland! Unvergessen bleiben den Aktionären die Versuche der Wassergiganten, sich in neue, wasserfremde Märkte einzukaufen. Sie endeten fast ausnahmslos mit gigantischen Verlusten.

Jeder französische Zeitungsleser weiß, in welchem Umfang die Wasserkonzerne in Frankreich sich mit der Parteienfinanzierung Vorteile verschafft haben und niemanden verwundert es, dass sich ausgerechnet Jaques Chirac für die weltweite Privatisierung des Wassers einsetzt und in Giscart D'Estaings Europäischer Verfassung Tür und Tor für die Privatisierung öffentlicher Unternehmen geöffnet wird.

„Public Private Partnership“

Damit der Standort Deutschland aber im internationalen Wettbewerb bestehen kann, müssen die deutschen Wasserkonzerne sich der gleichen Mittel bedienen - eine neue Abwärtsspirale kommt in Gang!

Längst versuchen die Wasserkonzerne in Europa die vollständige Übernahme von öffentlichen Wasserunternehmen zu vermeiden und stattdessen durch eine indirekte Übernahme durch sogenannte Partnerschaften über PPP (Public-Private-Partnership) oder neuerdings auch über ÖPP (Öffentliche Private Partnerschaft) an die Kon¬trolle des Wassers zu gelangen.

Auf diese Weise erreichen die liquiditätsschwachen Wasserkonzerne Europas systematische Gewinnabschöpfungsmöglichkeiten, ohne in die Anlagen investieren zu müssen. Die Finanzierung der Wasserwirtschaft bleibt in den „leeren“ öffentlichen Händen, die Kontrolle und Gewinnabschöpfung übernehmen private Konzerne.

Seltsam ist der Eifer, mit dem die Regierungsparteien den Konzernen, die immer noch und schon wieder verbraucherfeindliche Oligopole bilden, PPP oder ÖPP anbieten! (Sehen Sie auch Literaturhinweise zu PPP und ÖPP am Ende dieses Aufsatzes.)

 

II. Strategien gegen den Ausverkauf des Wassers

Aufklärungskampagne

Die WählerInnen müssen durch wahrheitsgemäße und nachvollziehbare Darstellung der tatsächlichen Sachverhalte davon überzeugt werden, dass private Konzerne aus objektiven Gründen für den Bereich der Daseinsvorsorge sehr viel weniger geeignet sind als öffentliche Unternehmen.

Hier sollte insbesondere auch auf die Skandale hingewiesen werden, in die gigantische Konzerne verwickelt sind und die immensen Schäden, die sie angerichtet haben. Sie sind zum Teil oben beschrieben.

Privatisierungskataster

Wir sollten dringend und flächendeckend Informationen einsammeln über das, was Konzerne tun, wenn sie ein deutsches Wasser- oder Abwasserwerk übernehmen! In welche Bereiche wird in welchem Umfang investiert, was passiert mit dem übernommenen Personal? Welche Kontrollfunktionen verbleiben der Öffentlichen Hand? Wie entwickeln sich Preis, Qualität und Zugang im privaten und industriellen Sektor und was bedeutet das insbesondere an Umweltbelastung und Energieverbrauch. Aus der resultierenden Analyse können wir die Zukunftsentscheidenden Fragen klarer beantworten. WasserInBürgerhand! (W!B) hält es aus diesem Grund für dringend notwendig, eine datengestützte Analyse in Form eines Privatisierungskatasters durchzuführen, um mögliche Risiken für die deutsche Wasserwirtschaft transparent zu machen.

Forderungen

  • Wir fordern ein Moratorium in Bezug auf weitere Privatisierungen öffentlichen Eigentums und öffentlicher Unternehmen!
  • Dies auch gegen die zu erwartenden Proteste deutscher Unternehmen, welche vor allem auch die öffentlichen Unternehmen von Ländern mit niedrigem Organisationsgrad übernehmen wollen (z. B. Im Zuge der Osterweiterung!). Unsere Aufklärungsarbeit muss sich auf auch auf diese Länder erstrecken. Ansonsten leisten wir einem Neokolonialismus Vorschub, der die nachhaltige Entwicklung dieser Länder beeinträchtigen wird!
  • Beendigung der Diskriminierung öffentlicher Unternehmen der Daseinsvorsorge und Bereitstellung einer Infrastruktur, die ihnen die Entfaltung ihrer besonderen Möglichkeiten und langfristigen Verpflichtungen erlaubt:
  1. Im Rahmen der Vernetzung organisieren die öffentlichen Unternehmen der Daseinsfürsorge eine zentrale Einkaufsorganisation und entfalten auf diese Weise ihre gewaltige Einkaufsmacht, die im Bereich der Wasserwirtschaft größer ist, als die jedes Konzerns. Sie treten aber nicht als Konkurrenten gegen private Unternehmen an. (Dies erfordern die von der EU anerkannten WTO Wettbewerbsregeln.)
  2. Sie organisieren einen systematischen Know-how-Transfer und werden auf Grund ihrer Größe und Erfahrung auch hier die Konzerne in der technologischen Entwicklung übertreffen können.
  3. Sie sorgen für effiziente Aus- und Weiterbildung ihres Personals.
    (Bei 3 und 4 könnte ein umstrukturierter Städtetag weitergehende Funktionen übernehmen.)
  4. Sie erhalten durch Landesbanken und Sparkassen eine effektive und solide Finanzierungsmöglichkeit und werden auf diese Weise unabhängig von Spekulationseinflüssen des institutionellen Kapitals und halten sich so im öffentlichen Interesse frei von Spekulationsrisiken. Voraussetzung ist, dass öffentlichen Kreditinstituten die Art von Spekulation untersagt wird, die derzeit viele Landesbanken an den Rand des Ruins gebracht hat und die Steuerzahler viele Milliarden gekostet hat, die jetzt in den öffentlichen Kassen fehlen!
  5. Organisation einer zentralen juristischen Beratung. Damit muss ausgeschlossen werden, dass einzelne Kämmerer oder befasste Parlamentarier Entscheidungen über öffentliches Eigentum treffen, die sie in ihren Folgen nicht absehen können. (Eine zentrale Funktion müsste sein, die Auswirkungen und die entstandenen Schäden im Zuge der Cross-Border-Leasing-Vereinbarungen aufzuklären).
  6. Die übergeordneten, politischen Entscheidungsgremien (Innen- und Finanzminister des Bundes) stellen eine intelligente* "künstliche/statistische Wettbewerbssituation zwischen gleichartigen öffentlichen Unternehmen her und sorgen für einen statistisch gestützten Vergleich mit ausländischen und privaten Unternehmen. (Eine wichtige Vergleichsgröße ist dabei die Gebührenentwicklung für die VerbraucherInnen.) Dadurch soll verhindert werden, dass die öffentlichen Unternehmen im internationalen Vergleich gegenüber privaten Unternehmen technologisch oder in der Wirtschaftlichkeit zurückfallen.

    * unter intelligentem Wettbewerb wird das Herbeiführen und Vergleichen von Ergebnissen verstanden, bei deren Erzielung eine Vielzahl wesentlicher Bedingungen berücksichtigt wird. Am Beispiel der Wasserversorgung und -Entsorgung: u. a. die Nachhaltigkeit, die aktuelle Umweltverträglichkeit, der Grad der Arbeitsrationalisierung (Substitution der Arbeit durch Kapital ohne Berücksichtigung der gesellschaftlichen Folgekosten) und der Energieeinsatz.
  7. Die Auswahl der Führungspersönlichkeiten öffentlicher Unternehmen muss in transparenten und geregelten Auswahlverfahren erfolgen, die sicher ausschließen, dass politische Parteien dort ihre Parteifreunde unterbringen. Darüber hinaus muss eine Institution geschaffen werden, die aktiv und permanent Korruption von vorne herein verhindert.
 

Eine Gegenbewegung ist notwendig!

Das hier vorgelegte Konzept ist keine wissenschaftliche Arbeit und ebenso kein politisches Programm. Es weist stattdessen einfach nur auf bekannte Missstände und Fehlentwicklungen hin, die von Jedermann, wenn er nur ein wenig interessiert und aufgeklärt ist, erfasst und auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden kann. Die ständigen Hinweise auf den Systemzusammenhang sollen den/die interessierte/n LeserIn anregen, das neoliberale System im Zusammenhang besser zu erkennen. Als Ausweg ist ein durchaus realisierbarer Weg gewiesen, wie die öffentlichen Dienste reformiert werden könnten.

Die hier aufgelisteten Stichpunkte verdeutlichen, dass durchaus reelle Chancen bestehen, die öffentlichen Dienste zu reformieren. Dabei ist der Begriff "Reform" nicht im Sinne eines Propagandaschlagwortes zu verstehen, mit dem Regierung und Opposition derzeit die Notoperationen an der systematisch ruinierten freien sozialen Marktwirtschaft verbal kaschieren. Vielmehr ist der Begriff "reformieren" im Sinne von "zurückformen" gebraucht. Er stellt eine der notwendigen Gegenbewegungen zum neoliberalen Mainstream dar. Denn sehr ernsthaft ist zu befürchten, dass das neoliberale System trotz aller Notoperationen scheitern wird und durch noch rabiatere Neoliberalisierung sein völliges Scheitern zum Schaden aller BürgerInnen nicht mehr verhindert werden kann.

 


Literaturhinweise

Aufsätze und Textveröffentlichungen:

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„Öffentlich Private Partnerschaften“ Partnerschaften zwischen Staat und Privatwirtschaft eröffnen einen dritten Weg zwischen traditionellen Methoden und öffentlicher Leistungserstellung und der Privatisierung staatlicher Vermögenswerte.
SPD Bundestagsfraktion
Dokument Nr.01/04 /www.spd-fraktion.de/
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Bücher und Broschüren:

Weed Arbeitspapier: Sprudelnde Gewinne? Transnationale Konzerne im Wassersektor und die Rolle des GATS (Autorin: Christina Deckwirth)

Das Wassermonopoly - Lisa Stadler, Uwe Hoering, Rotpunktverlag Zürich, November
Das 20-Milliarden–Eurospiel - Die Liberalisierung des Wasser- und Abwassermarktes - Nikolaus Geiler, Schmetterling Verlag, 2004
Blaues Gold - Maude Barlow, Tony Clarke, Kunstmann September 2004

Der Kampf um das blaue Gold - Vandana Shiva, Rotpunktverlag Zürich, März 2003


 


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