Diskret
hatten SPD-Fraktionsvorsitzende Renate Meixner-Römer,
ihr Vertreter Nils Kraft und SPD-Vorsitzender Olaf Kleinböhl
die
Presse nach der rund dreistündigen Sitzung ins Fraktionsbüro
gebeten, um dort einen aktuell ausgearbeiteten Änderungsantrag
zu
erläutern. Demzufolge sollen die Gas- und Wasserversorgung
in städtischer Hand bleiben, eine Beteiligung privater Dritter
sei nicht länger wünschenswert. Im Bereich
Strom soll der Magistrat Verhandlungen mit dem Überlandwerk
(ÜWG) über eine gemeinsame
Gesellschaft aufnehmen, die dann das Stromnetz unter kommunaler
Regie betreiben soll.
"Der
Magistrat und hier insbesondere Ernst Peter Layer haben gute
Arbeit geleistet. Die bislang gemachten Vorschläge eines
Verkaufs sind fundiert und grundsätzlich realisierbar",
so Meixner-Römer.
Allerdings seien die bei diesem Thema notwendige breite öffentliche
Zustimmung nicht zu erreichen und Ängste in der Bürgerschaft
trotz gegenteiliger Nachweise nicht ausräumbar. Daher,
so die Fraktionschefin, stelle die SPD den Änderungsantrag,
der unmittelbar
nach der Sitzung in die parlamentarischen Gremien eingebracht
werden solle.
Das Vorhaben
der Teil-Privatisierung der Stadtwerke hatte bei vielen Menschen Ärger
oder zumindest Besorgnis ausgelöst.
Auch eine Leser-Umfrage der "Main-Spitze" zeigte
ein eindeutiges Ergebnis. "Gute Ideen brauchen auch eine
gute Zeit. Wir
müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen, deswegen dieser
Befreiungsschlag", betonte Kleinböhl. Von allen Vorschlägen,
die
In puncto Stadtwerke diskutiert werden, ist der der SPD der weitreichendste.
Während die Grünen lediglich die Wassersparte
in
städtischer Hand belassen wollen, machte die FDP gestern
den Vorschlag, nach Groß-Gerauer Vorbild über eine
Pachtung des
Stromnetzes mit dem ÜWG zu verhandeln. Gas und Wasser blieben
bei dieser Variante ebenfalls bei der Stadt.
Setzt sich
die SPD mit ihrem Ansinnen durch, wäre
wohl auch das
gestern von Bernd Heyl (Liste Solidarität) während
der Sitzung erneut in den Raum gestellte Bürgerbegehren
ebenfalls gegenstandslos. Erhalten bliebe aber die Möglichkeit,
die geplante Absenkung
der Kita-Gebühren zum 1. Januar gegenzufinanzieren: "Mit
den Erlösen aus den Stromnetzdurchleitungsgebühren
und der bei der Stadt verbleibenden Konzessionsabgabe
lassen sich mehr als die benötigten 600.000 Euro jährlich
erwirtschaften", erläuterte
Nils Kraft.
Der Stadtwerke-Verkauf
hatte bereits weite Teile der regulären
Parlamentsdebatte bestimmt, in deren Zentrum die Einbringung
des
städtischen Haushalts für 2006 und der Finanzplanung
für
die Jahre
2006 bis 2009 stand. Zwar passierte das von Oberbürgermeister
Gieltowski eingebrachte Werk mit 23 (SPD und Grüne) zu 21
Stimmen
das Parlament. Bis es so weit war, musste die Koalition aber
einige Kritik einstecken. CDU-Fraktionschef Klaus Schmitt warf
Rot-Grün
vor, durch die immer höhere Verschuldung von mittlerweile
131,6 Millionen Euro (plus einem Defizit von 110 Millionen Euro
im Verwaltungshaushalt) die Zukunft der Stadt fast schon verspielt
zu haben.
Nur wegen des hohen Schuldenstandes habe auch der Stadtwerke-Verkauf
in der erlebten Form diskutiert werden müssen.
Christian Vogt
(Liste Rüssel) attackierte insbesondere die
Grünen: "Es kommt sicherlich gut, in Wahlkampf-Zeiten
eine Absenkung der
Kita-Beiträge zu beschließen. Jetzt sind wir geradezu
gezwungen, die
Stadtwerke zu verscherbeln, damit die Zeche für den fehlenden
grünen
OB-Kandidaten bezahlt werden kann."