1,1 Milliarden
Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,6 Milliarden
Menschen zu keiner sanitären Entsorgung.
Verantwortlich hierfür sei vor allem das Versagen von staatlichen
Institutionen und Unternehmen im Wasser- und Abwasserbereich.
Dies ist das Fazit des Weltwasserentwicklungsberichts, der gestern
in Mexiko City vorgestellt wurde. Der 600 Seiten umfassende Bericht entstand
in Zusammenarbeit von 24 UN-Organisationen. Er
vermittelt einen systematischen Einblick in globale Wasserprobleme
und Ansätze zu deren Lösung.
Im Vergleich zum
ersten Weltwasserbericht, der vor drei Jahren veröffentlicht
wurde, fällt auf, dass die Ursachen der Probleme viel
konkreter und ohne falsche Rücksicht auf die Regierungen betroffener
Länder benannt werden. Dass Wasserprivatisierungen in den letzten
Jahren gescheitert sind, wird am Beispiel der bolivianischen Provinzstadt
Cochabamba dargestellt, wobei der Name des involvierten Unternehmens
- des US-Konzerns Bechtel - allerdings unerwähnt bleibt.
Im UN-Bericht wird auch ausgeführt, dass der Umfang der Investitionen
des Privatsektors im Wasserbereich nicht den Erwartungen entspricht
und in letzter Zeit sogar rückläufig ist. Trotzdem,
heißt es im
Bericht, "wäre es ein Fehler", auf den Privatsektor
verzichten zu wollen.
Laut Bericht sind "Missmanagement,
Korruption, das Fehlen angemessener Institutionen, bürokratische
Trägheit und ein
Mangel an Investitionen zur Ausbildung von Fachleuten und zum Bau
von Infrastruktur" wesentlich für die Misere der Trinkwasserversorgung
und
Abwasserentsorgung in vielen Ländern verantwortlich. Diese Kritik
trifft sowohl die Verantwortlichen von Wasserbetrieben als auch die
für Wasserfragen zuständigen Behörden. In dem Bericht
wird ausführlich dargestellt, wie ein verantwortungsbewusstes
Handeln ("good
governance") aussehen kann. Dazu gehöre maßgeblich
eine stärkere
Partizipation der Bevölkerung.
Auffällig
ist, wie stark sich auch in UN-Institutionen mittlerweile die Überzeugung
durchgesetzt hat, dass es ein Menschenrecht auf Wasser
gibt. Vor einigen Jahren noch haben sich vor allem Aktionsgruppen
und soziale Bewegungen für dieses Menschenrecht eingesetzt. Dabei
stießen sie damals auf zum Teil massiven Widerstand der Befürworter
einer Privatisierung der Wasserversorgung, wie Weltbank und Regionale
Entwicklungsbanken. Im neuen UN-Bericht steht nun am Anfang
der Zentralen Empfehlungen: "Wir müssen anerkennen, dass
der Zugang zu sauberem Wasser ein fundamentales Recht ist." Es
bestehe
eine gemeinsame Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass alle Menschen
Zugang zu sauberem Trinkwasser und einer sanitären Entsorgung
erhalten.
Regierungschefs
aus aller Welt hatten im Jahre 2000 in New York eine Liste von Millenniumszielen
verabschiedet, die bis 2015 erreicht
werden sollen. Dazu zählt die Halbierung der Zahl der Armen, aber
auch der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.
Bei der Formulierung der Ziele blieb der sanitäre Bereich
unberücksichtigt. Erst zwei Jahre später wurde bei einer
Konferenz für
nachhaltige Entwicklung in Johannesburg das Ziel hinzugefügt,
die
Zahl der Menschen mit Zugang zu einer sanitären Entsorgung zu
verdoppeln.
Im Weltwasserentwicklungsbericht
wird im Detail dargestellt, dass das Millenniumsziel im Trinkwasserbereich
zwar global erreicht
wird, nicht aber in ohnehin benachteiligten Regionen wie im südlichen
Afrika. Das Ziel, die Zahl der Menschen ohne häusliche Abwasserentsorgung
zu halbieren, wird hingegen weltweit und in vielen Ländern verfehlt.
Aus dem Abschnitt über Äthiopien
geht hervor, dass dort nur zehn Prozent der Bevölkerung über
eine grundlegende sanitäre Entsorgung verfügen. Dieser Missstand
trägt
entscheidend dazu bei, dass Durchfallerkrankungen die häufigste
Todesursache von Kindern sind. Notwendig wäre ein verstärkter
Einsatz
von Entwicklungsgeldern für Wasser- und Abwasserprojekte. Doch
das Volumen dieser Mittel stagniert bei drei Milliarden Dollar im Jahr.
Der UN-Bericht soll beim Weltwasserforum in Mexiko City, der
kommende Woche beginnt, diskutiert werden - Gelegenheit auch
für die deutsche Regierung, sich zu einem entschiedeneren Engagement
zur Verwirklichung der Millenniumsziele in diesem Bereich
durchzuringen.
www.unesco.org/water/wwap
Recht
auf Wasser in Südafrika
Mussten 1994 noch
40 Prozent der Bevölkerung ohne
sauberes Trinkwasser im eigenen Haus oder in der
unmittelbaren Nähe auskommen, so sind es inzwischen
nur noch 19 Prozent.