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27. November 2006

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 10.10.2006

 

„Allianz öffentliche Wasserwirtschaft“
als Gegenkraft zur Privatisierungslobby gegründet!


 

Am 26.09.06 hat sich in Osnabrück eine „Allianz öffentliche Wasserwirtschaft“ (AöW) konstituiert. Die Allianz versteht sich als Interessenvertretung kommunaler Wasser- und Abwasserbetriebe. Das Selbstverständnis der Allianz wurde in einem „Manifest“ niedergelegt, das sich nicht nur für den Erhalt einer kommunal geprägten Siedlungswasser-wirtschaft ausspricht, sondern auch gegen die derzeit laufenden Angriffe auf die kommunale und verbandlich organisierte Wasserwirtschaft wendet. So plädiert das „Manifest“ u.a. gegen:

  • die Belastung der kommunalen (hoheitlichen) Abwasserentsorgung mit der Mehrwertsteuer
  • eine Ausschreibungspflicht von Wasser- und Abwasserdienstleistungen
  • ein Zwangsbenchmarking
  • die Umsetzung von § 18 a (2 a) Wasserhaushaltsgesetz (Ermöglichung der Vollprivatisierung kommunaler Abwasserbetriebe)

Die Allianz versteht sich vorrangig als nationales und europäisches Sprachrohr der öffentlichen Wasserwirtschaft, wozu u.a. „schlagkräftige“ Geschäftsstellen in Berlin und Brüssel geplant sind. Weitere Infos zur Allianz werden demnächst auf der Homepage
www.aoew.de erhältlich sein.


Manifest zur Gründung einer
Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft

In ihrem Gründungsmanifest schreibt die Allianz u.a.:

„Gerade in dieser Ausrichtung der Wasserwirtschaft auf unternehmerisch geführte, weltmarktunabhängige Unternehmen mit non-profit-Orientierung liegt für die Bürgerinnen und Bürger eine besondere Chance, qualitativ hochwertige Leistungen der Daseinsvorsorge zu günstigsten Preisen und Gebühren zu erhalten. (…) Die Allianz betont das enge Band zwischen der wasserwirtschaftlichen Aufgabenerfüllung in öffentlichen Strukturen und der Daseinsvorsorge. Gerade dieses enge Band bietet die Gewähr für eine sichere, flächendeckende, günstige und umweltschonende öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung.“

Deshalb solle die öffentliche Wasserwirtschaft ihre Interessen „so bündeln, dass sie ihre Rolle und Aufgabe selbstbewusst gegenüber der Politik in Deutschland und Europa vorbringen und verlässliche Rahmenbedingungen einfordern kann“.

Im Manifest wird u.a. hervorgehoben, dass die öffentliche Wasserwirtschaft „den Zielen des Umweltschutzes ebenso verpflichtet“ sei „wie einer vorausschauenden Wirtschaftlichkeit“.

Die Allianz will sich „gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden (…) für einen Ordnungsrahmen einsetzen, bei dem nicht die kurzfristige Gewinnorientierung, sondern die Gesamtwirtschaftlichkeit und ökologische Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen, um so eine langfristig angelegte öffentliche Wasserwirtschaft zu ermöglichen.“

Dazu will die Allianz u.a. „die öffentlich-rechtliche Zusammenarbeit fördern und das Instrumentarium der Kooperation weiter entwickeln“. Zur Erbringung noch besserer Wasser- und Abwasserdienstleistungen seien „Kooperationen und Partnerschaften statt Zwangsprivatisierung bzw. -liberalisierung“ angesagt.

 

 


Wer führt die Allianz an?
 


Initiatoren der Allianz sind neben dem kaufmännischen Geschäftsführer des Münchener Eigenbetriebes Stadtentwässerung die Chefs einiger sonderrechtlicher (Ab-) Wasserverbände in NRW (vor allem Emschergenossenschaft/Lippeverband und Ruhrverband). Zu vermuten ist, dass sich die Champions in der Allianz - also die Geschäftsführer dieser Verbände - durch (Teil-)Privatisierungen nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wollten. Treibende Kräfte bei der Initiierung der Allianz sind ferner einige Verbände in Niedersachsen (beispielsweise Peine) sowie der Wasserverbandstag in Niedersachsen. Da sich die Vorarbeiten zur Gründung der Allianz innerhalb des Deutschen Städtetages abgespielt haben, ist natürlich auch der Städtetag ein wichtiger Player innerhalb der Allianz.

Um tatsächlich eine gewichtige Rolle in der Verbändelandschaft und in der Politik spielen zu können, braucht die Allianz aber noch deutlich mehr Mitglieder. Zu befürchten ist, dass sich viele Geschäftsführer kommunaler Unternehmen, die eigentlich mit der Allianz sympathisieren, nicht getrauen werden, ihren Bürgermeistern und Gemeinderäten eine Mitgliedschaft in der Allianz nahe zu legen.


 

Hauen und Stechen in der Verbändelandschaft
 


Mit der Gründung der Allianz öffentliche Wasserwirtschaft wird die Konkurrenz in der wasserwirtschaftlichen Verbändelandschaft deutlich härter. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fasst die Gründung der Allianz offenbar als Kampfansage auf. Denn der VKU versteht sich bislang als die originäre Interessenvertretung der kommunalen Wasser- und Abwasserbetriebe. Allerdings ist der VKU aufgrund vieler ppp-Mitglieder nicht mehr rein kommunal ausgerichtet. Die Mitgliedschaft von teilprivatisierten Wasser- und Ab-wasserunternehmen im VKU zwingt die VKU-Funktionäre zu einem gewissen Lavieren (s. RUNDBR. 731/1).

Demgegenüber hat die Allianz den Anspruch, trojanische Pferde erst gar nicht in ihre Reihen aufzunehmen. Im Hinblick auf den Bundesverband der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) wird vielerorts vermutet, dass dort wegen des Übergewichts der „Gasunternehmen“ der Wasserpart ohnehin nur fünftes Rad am Wagen wäre. Da schon seit längerem über eine Fusion des BGW mit den „Stromern“ (Verband der deutschen Elektrizitätswirtschaft) verhandelt wird, könnte die Interessenvertretung der kommunalen Wasserwirtschaft beim BGW angesichts der Dominanz der „Elektriker“ noch mehr ins Hintertreffen geraten.

Deshalb wird derzeit in Wasserwerkerkreisen über die Ausgründung eines reinen Was-serverbandes aus dem BGW verhandelt. Aber auch eine derartige Ausgründung wäre ebenfalls nicht lupenrein kommunal, da viele (große) Wasser- und Abwasserunternehmen im BGW bereits teilprivatisiert sind. Schon 2003 gab es einen Anlauf der Hamburger Wasserwerke neben dem BGW eine Neugründung zu versuchen (s. 738/1), aus der dann allerdings doch nichts wurde.

Angesichts der jetzt erfolgten bzw. bevorstehenden Neugründung von Verbänden ist ein heftiges Werben um Mitgliedschaften zu erwarten. Die Mitgliedsbeiträge in diesen Verbänden belaufen sich auf mehrere Tausend Euro im Jahr, da ansonsten Geschäftsstellen und Verbandsfunktionäre nicht zu finanzieren sind. Neben den genannten Verbänden mit ihrer wirtschaftspolitischen Ausrichtung gibt es dann auch noch die regelsetzenden und berufsständischen Verbände - nämlich die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW), die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) und den Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK).

Während das Bundeswirtschaftsministerium an die Verbände appelliert, endlich zu fusionieren, damit die deutsche Wasserwirtschaft auf EU-Ebene mit einer Stimme sprechen könne (s. 828/1), ist derzeit eher eine gegenteilige Entwicklung zu beobachten. Die auseinander laufende Interessenlage von privaten, teilprivatisierten und rein kommunalen Wasser- und Abwasserbetrieben (und deren Geschäftsführern) wird die Fusion zu einem monolithischen Einheitsverband bis auf weiteres nicht zulassen. Wobei der Fusionsdruck gleichwohl steigt, denn für einige Verbände dürfte finanziell gesehen die Luft zunehmend dünn werden.

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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