JOHANNISBURG. Allein
am Donnerstag sind in Angola 31 Menschen an Cholera gestorben. Und in
den
kommenden Wochen wird die Zahl wohl weiter auf
etwa 500 Krankheitsfälle pro Tag steigen. Die Organisation Ärzte
ohne Grenzen (MSF) hat zu einer sofortigen Nothilfeaktion und der Verteilung
von kostenlosem, sauberem Wasser aufgerufen, da sich der bisher größte
Choleraausbruch in Angola bereits in elf der 18 Provinzen ausdehnt.
Die ersten Fälle tauchten im Februar in der Slumsiedlung Boa-Vista
nahe Luandas Hafengebiet auf. Schwere Regenfälle haben die Situation
verschlimmert. "In den Hütten der Menschen dort stand mehr
als zwei Tage lang ein Meter hohes Wasser, eine Mischung aus Exkrementen, Öl
und Dreck", sagt David Weatherill, MSF-Direktor für Wasser
und sanitäre Anlagen in Angola. Durch die desolate Wasserversorgung
und schlechte Infrastruktur für Abwässer breitet sich die Cholera
schnell aus. Bis Anfang Mai sind laut MSF 34.000 Menschen krank geworden
und mehr als 1.300 gestorben, davon mehr als die Hälfte in Luanda.
Die Hauptstadt
ist am schlimmsten von der Epidemie betroffen. Ursprünglich
war Luanda für rund 400.000 Menschen ausgelegt, aber inzwischen
- bedingt durch rapides Bevölkerungswachstum sowie die Zuflucht
vieler Menschen in die Stadt vor dem bis 2002 andauernden Bürgerkrieg
- leben sechs Millionen Menschen in Luanda und im Umkreis, hauptsächlich
in Armenvierteln ohne Grundversorgung.
In die notdürftig errichteten Unterkünfte und Slums der "Betonstadt" Luanda
hat die angolanische Regierung trotz Öl- und Diamantenreichtums
nichts investiert; die "Musseques", die Armenviertel, sind
ohne Planung entstanden, und es gibt keine staatliche Wasser- und Abwasserversorgung
sowie Müllentsorgung.
Nur die Privilegierten
in Luanda, angeblich 17 Prozent der Einwohner, haben fließendes Wasser in ihren Häusern. Der Rest der Bevölkerung
erhält Wasser durch ein großes Netzwerk von Tankfahrzeugen,
die oft verschmutztes Wasser aus den Flüssen Bengo und Kuanza holen
und überall in der Stadt verteilen. "Die Armen zahlen 160-mal
mehr für ihr Wasser als die Mittelklasse", sagt Weatherhill. "Zwanzig
Liter pro Tag pro Person sind internationaler Standard. In Luanda kostet
diese Menge Wasser für eine fünfköpfige Familie 2,5 US-Dollar." Aber
die Mehrheit der Angolaner muss mit weniger als einem Dollar pro Tag
auskommen.
"Wir fühlen uns alleingelassen im Kampf gegen die Epidemie",
sagt Weatherhill. Die angolanische Regierung hat zu langsam reagiert,
und Menschen sterben an einer Krankheit, die eigentlich sehr einfach
zu bekämpfen ist. Aber ohne frisches Wasser ist die Epidemie nicht
in den Griff zu bekommen. Weatherhill: "Auch wenn dieser schwere
Ausbruch bekämpft wird, ohne Verbesserung der grundsätzlichen
Versorgung wird Cholera in Angola immer wieder ausbrechen." Die
Weltgesundheitsorganisation hat jetzt sieben Experten entsandt und das
Rote Kreuz beginnt mit seiner Hilfsaktion.