Hamburg -
Hanno Hames schlägt Alarm. Der ehemalige langjährige
Chef der Hamburger Wasserwerke (HWW) und heutige Alterspräsident
der größten Deutschen Vereinigung
des Gas- und Wasserfachs (DVGW) sieht die Eigenständigkeit
der deutschen Wasserwirtschaft in Gefahr. Er fürchtet, dass
die großen Strom- und Gaserzeuger zunehmend Einfluss auf die Wasserversorgung nehmen könnten.
Anlass ist der
Plan des Bundesverbandes der Gas- und Wasserwirtschaft (BGW), bereits
2007 mit dem Verband der Elektrizitätswirtschaft
(VDEW) zu fusionieren, um gegenüber Bund, Ländern und
der EU-Kommission noch schlagkräftiger zu werden.
Ziel des geplanten Zusammenschlusses ist es, "einerseits die
Energiepolitik und Regulierung angemessen mitgestalten zu können
und andererseits die für die Gas- und Strombranche
notwendigen unternehmerischen Freiräume offenzuhalten",
heißt es in dem aktuellen Vorstandsbeschluss des
BGW, der dem Abendblatt vorliegt. Zwar soll der Trink- und Abwasserbranche
eine besondere Eigenständigkeit eingeräumt werden.
Doch diese Konstruktion wird innerhalb des Verbands stark in Frage gestellt.
Hames fürchtet,
dass die Wasserwirtschaft mit der Fusion unter die Mühlräder
der Energiekonzerne geraten könnte. Er lehnt deshalb
die Einbindung der Wasserwirtschaft unter dem Dach der Strom- und Gasbranche
kategorisch ab. "Die Ziele der Wasser- und der Stromwirtschaft
liegen völlig auseinander", so Hames. Er sieht
keine Berührungspunkte. Während Strom
und Gas in einem liberalisierten Markt um Kunden konkurrieren, sei Wasser keine gewöhnliche Handelsware.
"Die Wasserversorgung
ist nur in einer Monopolstruktur zu organisieren",
so Hames. Schließlich könnte zur Sicherung
der Qualität nicht jeder Anbieter eigenes Wasser
in die Leitungen einspeisen. Statt Profitmaximierung stünden
beim Trinkwasser "Versorgungssicherheit,
Qualität, Nachhaltigkeit, Ressourcensicherheit und soziale Preise" im Vordergrund.
"Die Wasserversorgung
darf nicht allein der Gewinnmaximierung ausgesetzt werden. Das
kommt dem Ausverkauf der Wasserwirtschaft gleich",
so Hames. Entsprechend lehnt der Wasserexperte nicht nur die Liberalisierung
des Marktes, sondern auch eine Privatisierung von Versorgern ab.
Selbst die EU-Kommission bemühe sich nicht mehr
um eine Liberalisierung des Wassermarktes. Auch in Hamburg ist die Privatisierung der HWW vom Tisch.
Eine Bündelung
der Interessen der Strom- und Wasserunternehmen bringt laut Hames
auch "keinerlei politische, wirtschaftliche, finanzielle,
technische oder wissenschaftlichen Vorteile für den Bürger". Vielmehr
werde durch den Zusammenschluss der gute Ruf der Wasserbranche
bei den Kunden durch die gegenwärtig umstrittene
Preispolitik der Energiekonzerne sogar beschädigt. Hames befürchtet
zudem, dass durch die Verbändefusion der Zugriff
durch die Energiekonzerne auf die Wasserwirtschaft vorbereitet
werde. "Durch den Zukauf von Wasserversorgern, könnten
Energieversorger die Kunden noch enger an sich binden."
Und Hames steht
mit seiner Meinung offenbar nicht allein da. Bereits vor einem
Jahr sprachen sich die Fachvorstände des Wasserbereichs
im BGW und DVGW - in dem alle Wasserversorger in Norddeutschland vertreten
sind - einstimmig gegen eine Interessenvertretung innerhalb eines
Energieverbands aus. Auch bundesweit teilen Wasserwirtschaftler
diesen Standpunkt. Dies sei "egal
wie geartet" schlichtweg"
nicht zielführend", so die Vorstände.
Vielmehr sähen
sie ihre Interessen lieber in einem völlig
unabhängigen eigenen Verband vertreten, um künftig
mit einer Branchenstimme zu sprechen. Allerdings fehle den Mitgliedern
der Wasserwirtschaft derzeit zu einem solchen Schritt
in die Unabhängigkeit offenbar
der Mut, kritisiert Hames. Aus seiner Sicht sei es aber
wichtig, eine eigene Lobby zu haben, die sich auch in Zukunft für
die bürgernahe Wasserversorgung starkmache. Schließlich
sei Wasser "eine
wichtige Grundlage für die Entwicklung der Zivilisation".
Die Energiekonzerne
erhoffen sich von der Fusion eine noch effizientere Vertretung.
Viele der 750 VDEW-Mitgliedsfirmen wie E.on, RWE und
zahlreiche Stadtwerke, sind sowohl im Strom- wie im Gasmarkt aktiv, manche zusätzlich im Wassergeschäft. Konkret wollte
sich aber kein Konzern zu der Fusion äußern.
Der BGW spielt
die interne Kritik der Wasservertreter in dem Verband "als
nicht mehr so dramatisch" herunter. Schließlich
habe der Vorstand ohne Gegenstimmen den Fusionsgesprächen zugestimmt.
Im BGW sind derzeit 1300 Versorger organisiert, die 80
Prozent des Wasserbedarfs liefern. Noch gibt es Gestaltungsspielraum.
Die Fusion wird erst rechtskräftig, wenn
die Mitglieder dem Zusammenschluss mehrheitlich zugestimmt haben.