… hatte der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft
(BdE) im Mai 2007 ausgemacht. „Neue Studie zeigt: 4,8
% Effizienzsteigerung in der Abwasserentsorgung sind machbar durch
Wettbewerb und Anreizsetzung“ titelte
der auf die Privatisierung kommunaler Abwasserbetriebe scharfe Lobbyverband
am 25.05.07 in einer Pressemitteilung. Der
BDE hatte Dr. MARK OELMANN, Leiter Wassermärkte beim „Wissenschaftlichen
Institut für
Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH (WIK)“ mit einer
Studie beauftragt.
Trotz großer Anstrengungen in der Öffentlichkeitsarbeit
(u.a. „Parlamentarischer Abend“) nahm nicht einmal das
HANDELSBLATT von der „Studie“ Notiz - wohl allzu dürftig
belegt waren die Aussagen dieser „Studie“.
Obskur waren
schon die postulierten 4,8 Prozent Effizienzsteigerung in der
Abwasserentsorgung - Im Hinblick
darauf, dass die durchschnittliche Produktivitätssteigerung
in der deutschen Gesamtwirtschaft „nur“ bei 1,5
Prozent im Jahr liegt. Bei der Beschwörung ungehobene Rationalisierungspotenziale
wird in der theoretisch abgehobenen Studie nicht thematisiert,
dass Kanalarbeiter schon jetzt den höchsten Krankenstand
unter allen Branchen haben.
Damit konfrontiert,
würde OELMANN
sicher behaupten, dass der hohe Krankenstand am bequemen Leben
liegt, dass man im öffentlichen
Dienst in der sozialen Hängematte genießen könne.
Angesichts seiner dubiosen „Studie“ sollte man
OELMANN fragen, ob er denn bereit wäre, einen Monat auf
sein Ökonomikergehalt
zu verzichten und stattdessen zum Einstiegsgehalt eines Kanalarbeiters
vier Wochen lang im Kanalbetrieb einer deutschen Stadt zu hospitieren.
Danach kann er dann gerne im Kreise seiner Kanalarbeiterkollegen
noch einmal seine überzogenen Effizienzsteigerungsthesen
wiederholen. Ferner wären OELMANN und der BDE zu fragen,
ob ihnen in der damaligen Debatte um das EWERS-Gutachten (s.
RUNDBR. 599-602) entgangen
war,
dass 80 Prozent der Kosten in der Abwasserentsorgung FIX-KOSTEN
sind. Weitere zehn Prozent der Kosten sind bei bestehenden
Kanal- und Kläranlagen
Quasifixkosten. Nur zehn Prozent der Kosten sind tatsächlich
variable Kosten.
Die vom BDE behaupteten
4,8 Prozent Effizienzsteigerung sind schon deshalb ziemlich verwegen.
Was Herrn OELMANN noch entgegenzuhalten
wäre:
Der Kostensenkungs- und Rationalisierungsdruck, den Ober-
und Baubürgermeister
sowie Gemeinderäte und Werksausschussmitglieder kontinuierlich
aufrechterhalten, hat mittlerweile dazu geführt, dass
selbst Kläranlagen
von 100.000 Einwohnerwerten (EW) nur noch von einer Arbeitskraft
gefahren werden. Wenn es dann zu einem Störfall kommt,
ist diese eine Fachkraft möglicherweise schnell überfordert.
Das Problem: Der Kostensenkungsdruck führt im Kanal-
und Kläranlagenbetrieb bereits jetzt zu Belegschaftsstärken,
die nur noch auf "Schönwetterverhältnisse" dimensioniert
sind. Wenn aber beispielsweise in Gewitternächten mit
Blitzeinschlag die elektronischen Steuerungen ausfallen,
ist niemand mehr da, der die
Kläranlage im Handbetrieb steuert - vor allem dann nicht,
wenn wegen umgestürzter Bäume auf den Zufahrtsstraßen
nicht einmal mehr eine Taskforce die havarier-te Kläranlage
erreichen kann (s. 837/3-4). Das kommt zwar äußerst
selten vor, wenn dann aber eine größere Kläranlage "umkippt",
kann dies viele Jahre Gewässersanierungserfolge buchstäblich über
Nacht zunichte machen.
Insofern wären
OEL-MANN und der BDE zu fragen, mit wie viel Kanal- und Kläranlagenpraktikern
sie ihre akademischen Ökonomikerthesen
auf Praxistauglichkeit abgeklopft haben. -ng-