Berlin. Die
Europäische Union plant, weitreichende Abkommen mit
Handelspartnern in Asien und Lateinamerika abzuschließen.
Die EU-Außenminister gaben gestern grünes Licht für
Verhandlungen mit Südkorea, Indien, dem südostasiatischen
Staatenbund Asean, dem südamerikanischen Andenpakt sowie den
zentralamerikanischen Staaten.
Die
bilateralen Verhandlungen sind ein Kernstück der neuen EU-Handelspolitik.
Die Strategen der EU-Kommission setzen nicht mehr allein auf die
Welthandelsorganisation WTO. Dort wird derzeit allenfalls über
Landwirtschaft und Industriezölle verhandelt - wichtige EU-Interessen
wie der Kampf gegen Produktpiraterie oder der Marktzugang für
Investoren sind aufgrund des Widerstands der Entwicklungsländer
längst von der WTO-Agenda verschwunden. Die EU-Kommission
versucht nun, diese Interessen in gesonderten Abkommen mit ihren
wichtigsten
Handelspartnern durchzusetzen.
Besonderen
Nachholbedarf sieht die EU-Kommission dabei im Handel mit Südostasien: Seitdem sowohl die USA mit Südkorea als
auch Japan mit dem Asean ein eigenes Handelsabkommen geschlossen
haben, fürchtet die EU, dass ihre Unternehmen im Wettlauf um
die Wachstumsmärkte Südostasiens abgehängt werden.
Doch auch mit schwächer entwickelten Regionen wie dem südamerikanischen
Andenpakt (Bolivien, Peru, Ecuador, Kolumbien) oder den Staaten
Zentralamerikas sieht die EU weitreichende Abkommen vor.
Was
genau in den gestern beschlossenen Verhandlungsmandaten steht,
gibt die EU nicht bekannt - die Vertraulichkeit gehört zur Verhandlungstaktik.
Ein Entwurf des Mandats für die Andenstaaten, der der taz vorliegt,
sieht jedoch Verpflichtungen vor, die weit über das hinausgehen,
was in der WTO verhandelt wird: So fordert die EU etwa,
dass ihre Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen in der Wasser-,
Energie-, Transport- und Telekommunikationswirtschaft zum Zuge kommen. Die Andenländer dürften dann heimische Firmen in
diesen Bereichen nicht mehr bevorzugen.
Neunzig
Gewerkschaften und Entwicklungsorganisationen aus Europa, Asien
und Lateinamerika hatten die EU-Außenminister aufgefordert,
die Verhandlungen gar nicht erst aufzunehmen. Sie sehen eine "ernste
Gefahr für soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung,
sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU".