„Teller oder
Tank?“ titelt top agrar in seiner Juli-Ausgabe 2007. Schwerpunktteil
des führenden landwirtschaftlichen Fachmagazins ist der Boom
beim Anbau von Biomasse, Energiepflanzen und Nachwachsenden Rohstoffen („Nawaros“).
Angesichts
der markant gestiegenen Energiepreise orientiert sich auch der Preis
für Lebensmittelgetreide am hohen Energiepreisniveau.
Die Landwirte sind jetzt in der komfortablen Lage, auswählen zu
können, ob sie ihre Produkte an die Lebensmittelindustrie
(„Teller“) oder an die Energiebranche („Tank“)
verkaufen. Wohin die Biomasseströme fließen, entscheidet
sich nur noch daran, wer bereit ist, am meisten für Mais, Raps
oder Getreide zu bezahlen. Da
die Energiepreise tendenziell wohl eher steigen
als fallen werden, geht der NESTLE-Chef deshalb von kontinuierlich
weiter steigenden Lebensmittelpreisen aus. Für die Landwirte
wird es lohnend, stillgelegte Flächen - und sogar Gewässer-
und naturbelassene Ackerrandstreifen - wieder unter den Pflug zu
nehmen.
Eine
weltweite Intensivierung der Agrarproduktion ist vorprogrammiert -
von den
Maisäckern
im Oberrheingraben über die Palmölplantagen in Indonesien
bis hin zu den Zuckerrohr- und Sojaplantagen in Brasilien. Schon
wird von einer neuen „Anbauschlacht“ auf globalem
Niveau gesprochen.
Für
die Wasserwerke und die Umweltverbände
stellt sich hierzulande die Frage, inwieweit die Intensivierung
in der Agrarbranche den Gewässerschutz
beeinträchtigen wird (s. RUNDBR. 853/1,
831/2). Das wieder
aufgenommene Beackern von Gewässerrandstreifen ist hier
eher noch das geringste Problem. Vor allem der erhöhte Dünge-
und Pestizideinsatz auf Ackerflächen, die auf energetischen
Turboertrag programmiert werden, tangiert den Grundwasserschutz.
Das „Erneuerbare
Energiengesetz“ (eeg)
hatte ursprünglich das Ziel, bäuerliche Biogasanlagen
zu fördern.
Jetzt werden
aber zunehmend Biogasanlagen in der Megawatt Klasse
gebaut. Diese Megawattanlagen benötigen als Rohstoffbasis
Maisanbauflächen von vielen hundert Hektar mit Einzugsgebieten
von über
20 Kilometern. Die sachgerechte Rückführung der Gärsubstrate
ist nicht in jedem Fall gesichert. Auch dies kann den Grundwasserschutz
beeinträchtigen. Und Flächenstilllegungs-, Agrarumwelt-
und Extensivierungsprogramme (sowie in Grenzen auch der Vertragsnaturschutz)
können in Zeiten einer neuer „Anbauschlacht“ ohnehin
vergessen werden. Für Landwirte sind diese Programme nur
noch begrenzt bis gar nicht mehr attraktiv.
Höchste
Zeit, dass die Wasserwirtschaft, die Umweltverbände sowie die
Wasserwirtschafts- und Agrarverwaltung den Biomasseboom mit ökologischen
Leitplanken so flankieren, dass Gewässer- und Grundwasser-schutz
nicht völlig unter die Räder
kommen. Über die Notwendigkeit einer ökologischen
Flankierung sind sich fast alle einig. Die Frage, wie man
die Gewährleistung
des Gewässer- und Grundwasserschutzes
operationalisieren kann, ist aber noch weitgehend offen.
Wäre der
geeignete Ansatzpunkt das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG)
oder eher das eeg und die Düngeverordnung? Oder kommt
es nur darauf an, das bestehende Regelwerk besser zu vollziehen,
mithin die Kontrolle
effizienter zu gestalten.
Angesichts
der Dollar- und Eurozeichen in den Augen der Landwirte, Anlagenbauer
und -betreiber ist
es wichtig, dass
man sich schnell einig wird. Sonst wird der Gewässer-
und Grundwasserschutz gegenüber dem Biomasseboom gründlich
ins Hintertreffen gelangen. Wer von den LeserInnen des
RUNDBR. hierzu Ideen und Vorschläge
hat, kann sich gerne an uns wenden. - ng -