Das
Reizwort heißt Anreizregulierung. Seit Anfang November ist
sie in Kraft, mit Zustimmung des Bundesrates erlassen von der Bundesregierung.
Die Regelungen bringen nicht nur einen Haufen Papier und schaffen
zusätzliche Bürokratie, sie gefährden auch die Existenz
kleinerer und mittlerer Stadtwerke. Davon sind die kommunalen Energieversorger überzeugt.
In
ihrer „Tübinger Erklärung“ heißt es,
die Anreizregulierung in der jetzt beschlossenen Form werde nicht
zu mehr Wettbewerb führen. Es sei zu befürchten, dass ein
großer Teil der Stadtwerke mittelfristig von den großen
Energiekonzernen übernommen wird oder gänzlich vom Markt
verschwindet. Damit aber wird ihrer Meinung nach das Gegenteil
dessen erreicht, was die Bundesregierung wollte: Statt mehr werde
es weniger
Wettbewerb geben, wenn es zum Stadtwerke-Sterben komme.
Die
Strom- und Gasnetze würden dann höchstwahrscheinlich
von den wenigen übrig gebliebenen „Global Playern“ betrieben,
Alternativen auf den Handelsmärkten zu den dominierenden Konzernen
vollends wegbrechen. Gleichzeitig werde kommunales Vermögen
in bisher ungekanntem Umfang vernichtet.
Die
Ursachen für den insgesamt mangelnden Wettbewerb auf den
Energiemärkten sind nach Einschätzung der Stadtwerke im
Wesentlichen hausgemacht und das Ergebnis einer verfehlten Liberalisierungspolitik
in den neunziger Jahren: Mit staatlicher Unterstützung und teilweise
gegen den Widerstand der Kartellbehörden seien Großfusionen
möglich gemacht worden, die „schließlich in der Übernahme
der Ruhrgas AG durch die Eon AG ihren unrühmlichen Höhepunkt
fanden“. Im Ergebnis kontrollierten heute vier marktbeherrschende
Großkonzerne den überwiegenden Teil der Stromproduktion
und damit die Höhe der Strompreise in Deutschland, so die Stadtwerke-Erklärung.
Statt die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, würden für
den schleppenden Wettbewerb einseitig die Betreiber von Strom- und
Gasnetzen verantwortlich gemacht, während die eigentlichen Probleme – Erzeugungsoligopol
von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall sowie hohe Anbieterkonzentration – ignoriert
würden. Bereits heute seien in weiten Teilen faire Bedingungen
und angemessene Preise für die Nutzung der Netze gegeben.
Die
Stadtwerke verlangen, die Regulierung mit Augenmaß zu betreiben.
Kostendruck um jeden Preis gehe zu Lasten der Qualität und des
Wettbewerbs. Überzogene Regulierungsbürokratie belaste
die Kunden mit zusätzlichen Kosten. Notwendig sei, das Erzeugungsoligopol
aufzubrechen sowie die Beteiligung der vier großen Konzerne
an Stadtwerken zu beenden.
Tübinger Erklärung