Zum
Forum 3 "Wasser-Fair-Sorgung – Mehrwert durch kommunale
Unternehmen" trafen sich am zweiten Tag der Hamburger VKU-Verbandstagung
unterschiedliche Akteure der Wasserwirtschaft, um über die möglichen
Gestaltungsformen der Aufgabenerledigung in der Wasserver- und entsorgung
zu diskutieren.
Unter der Moderation
von Kerstin Schwenn, Frankfurter Allgemeine Zeitung, war an der Gesprächsrunde neben VKU-Vizepräsident Dr.
Andreas Schirmer (Kommunale Wasserwerke Leipzig), Astrid Stepanek (Zweckverband
Ammertal-Schönbuchgruppe), Heide Rühle (Mitglied des Europäischen
Parlaments), Hubert Buhl (Bürgermeister der Stadt Sonthofen),
Uwe Bütof (Wirtschaftsministerium NRW) und Andreas Bankamp (Remondis
Aqua) auch der Krimibuchautor Wolfgang Schorlau (("Fremde Wasser")
beteiligt.
Eingeleitet wurde
die Podiumsdiskussion von Prof. Dr. Martin Burgi von der Ruhr-Universität Bochum, der sich mit seinem Impulsreferat der
Frage "Mehrwert kommunaler Unternehmen – für wen?" widmete.
Prof. Burgi macht deutlich, dass die Frage der Privatisierung in den
vergangenen Jahren einen breiten Raum eingenommen und auch vor dem Thema
Wasserver- und Abwasserentsorgung nicht Halt gemacht habe.
Nach Burgi ergebe
sich ein Mehrwert durch kommunale Unternehmen sowohl für die Kommunen selbst als auch für die Bürger. Hier
nannte er insbesondere die Möglichkeit der politischen Einflussnahme
und die demokratische Legitimation. Kommune und Bürger hätten
bei kommunalen Unternehmen eine direktere Einflussmöglichkeit als
bei privaten Unternehmen, wenn diese die Dienstleistungen vor Ort erbringen.
Dennoch könnte es aber auch Vorteile bei der Einschaltung Privater
geben. Eine Entscheidung über die jeweilige Organisation der Wasserver-
und Abwasserentsorgung sollte daher als Einzelfallentscheidung der Kommune
vor Ort vorbehalten bleiben.
Zum Einstieg in
die Diskussionsrunde zitiert Moderatorin Kerstin Schwenn aus dem Kriminalroman "Fremde Wasser" von Wolfgang Schorlau,
in dem es um die Teilprivatisierung eines großen Wasserbetriebes
und hier insbesondere die vehemente Vorgehensweise der Privatwirtschaft
geht.
Andreas Bankamp
von Remondis Aqua unterstrich als Vertreter der Privatwirtschaft die
hohe Qualität der privaten Versorgungsleistungen und den gut
funktionierenden Wettbewerb, den es seiner Ansicht nach in der Wasserwirtschaft
bereits gebe. Er vertrat die Ansicht, dass über die Verträge
zwischen Kommune und privatem Anbieter jegliches Detail zur Ausgestaltung
der Leistungserbringung geregelt werden könne und daher eine qualitativ
hochwertige Leistung zu einem günstigeren Preis als bei einer Eigenerbringung
garantiert werden könne.
Sonthofens Bürgermeister Buhl betonte, dass als verantwortungsvoller
Politiker auch verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen seien. Verträge
würden oftmals kleinteilig ausgehandelt, jedoch in vielen Fällten
mache die konkrete Umsetzung der Vertragsinhalte Schwierigkeiten.
Demokratieverlust durch Privatisierung
VKU-Vizepräsident Dr. Schirmer machte deutlich, dass nach der Privatisierungswelle
in den 90er Jahren ein deutlicher Rückgang von Unternehmensverkäufen
zu verzeichnen sei, was maßgeblich auf den damit einhergehenden
feststellbaren Demokratieverlust zurückzuführen sei. Er verwies
hier auch auf die Ausführungen des Berichts an den Club of Rome
zum Thema "Grenzen der Privatisierung". Zudem fehle ihm in
der rein ökonomischen, auf den Preis fixierten Betrachtungsweise
due Wertschätzung der Wasserversorgungsleistung an sich. Wasser
sei Vertrauenssache und daher bei kommunalen Unternehmen gut aufgehoben.
Zweckverbandsvertreterin
Stepanek unterstrich diesen Standpunkt noch und wies hier auf die Sichtweise
der Bürger hin, für die die
Qualität im Vordergrund stünde. Die Erfahrungen aus den bereits
liberalisierten Versorgungsmärkten zeige ja, wohin die Reise gehen
könne. Auch im Hinblick auf den Nachhaltigkeitsgedanken seien kommunale
Unternehmen aufgrund ihres langfristigen Versorgungsauftrages und des
dadurch bedingten langfristigen Wirtschaftens sowohl für Bürger,
Kommune und Umwelt besser als private Anbieter, die vorrangig den Unternehmensgewinn
im Blick hätten.
Uwe Bütof vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium
verteidigte dagegen die "Privat-vor-Staat-Initiative" aus NRW
und hob hervor, dass es doch sowohl gute private und schlechte öffentliche
Unternehmen gebe wie umgekehrt. Wichtig sei es im Rahmen von Privatisierungsprozessen
klare Vorgaben an das private Unternehmen zu richten, an das es sich
zu halten habe.
Europaparlamentarierin
Rühle verwies auf den anstehenden EU-Reformvertrag,
der erstmals das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen im Primärrecht
verankern werde. Dies hätte für die in der nächsten Zeit
anstehenden Mitteilungen der EU-Kommission hoffentlich schon Auswirkungen.
Gegen die Liberalisierung des Wassersektors gebe es derzeit eine klare
Mehrheit im Europäischen Parlament. Als "falschen Weg" bezeichnete
es Rühle darüber hinaus, dass im Rahmen von Beschwerden seitens
der Privatwirtschaft deutsche Strukturen der Ver- und Entsorgungswirtschaft
angeprangert werden.
Sowohl Dr. Schirmer
als auch Stepanek unterstrichen, dass die öffentlichen
Unternehmen den Vergleich nicht scheuten. Die Wirtschaftlichkeit und
Effizienz würden durch Benchmarkingsprozesse, die z.T. schon seit
mehreren Jahren durchgeführt werden, fortwährend unter Beweis
gestellt. Die Eigenschaft als örtliches Monopol werde durch die
demokratische Legitimation und Kontrolle "aufgefangen". Buhl
bestärkte diese Auffassung und bezeichnete die kommunalen Unternehmen
als die transparentesten. Es gebe kein besseres Controlling als das durch
die Bürger.
Autor Schorlau stellte
zur Diskussion fest, dass er – während
seiner Recherchen zu seinem Buch als auch im Nachgang im Rahmen von Lesungen – in
der Bevölkerung mehrheitlich eine ablehnende bzw. sorgenvolle Haltung
gegenüber Privatisierungen im Wasserbereich verzeichnen konnte.
Für ihn habe sich herausgestellt, dass ein amerikanisches Sprichwort
die Situation in Deutschland sehr treffend beschreibe: "Repariere
keine funktionierende Küche".
Dr.
Nicole Weiß