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16. November 2008

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 30.10.2008

 

Abwasserrecycling wird mainstreamig

Auf der Stockholmer Weltwasserwoche im August 2008 war angesichts des eskalierenden Wassermangels in semiariden Regionen der Erde die Aufbereitung von Abwässern zu Brauch-, Bewässe-rungs- und Trinkwasser eines der Megathemen. Nachstehend ein Beispiel aus Namibia, wo in der dortigen Hauptstadt das Abwasser direkt zu Trinkwasser aufbereitet wird.
Einen Übersichtsbericht (17 Seiten) mit zahlreichen Links und Literatur-Hinweisen zum derzeitigen Stand des Abwasser-Recyclings können RUNDBRIEF-AbonnentInnen kostenlos als pdf-Datei via nik@akwasser.de bei uns abrufen.

Knapp, Knapper, am Knappsten
Namibia: Abwasser zu Trinkwasser

 

Normalerweise erwartet man als moderne Industrienation aus Afrika keine weltbewegenden technischen Innovationen, keine Weltneuheiten. Wie gesagt – normalerweise. Bei einem Blick auf die Hauptstadt Namibias muss man diesen Eindruck jedoch erst mal gründlich revidieren.

Im trockensten Land Afrikas südlich der Sahara fallen im Durchschnitt 360 mm Niederschlag pro Jahr, die Evaporationsrate beträgt 3400 mm! Die einzigen ständig wasserführenden Flüsse des Landes, das zu 80% aus Wüsten oder Halbwüsten besteht, befinden sich 750 und 900 km entfernt von der Hauptstadt.

Unregelmäßige Niederschläge und lange Dürreperioden haben dazu geführt, dass man früh über alternative Trinkwasserquellen nachdachte. Seit 1968 wird in Windhoek Abwasser recycelt. Im September 2002 nahm eine neue, moderne Abwasseraufbereitungsanlage, die New Goreangab Water Reclamation Plant, ihre Arbeit auf. Die Anlage bereitet städtisches Abwasser direkt zu Trinkwasserqualität auf und ist damit die einzige dieser Art auf der Welt. Mit einer Leistung von 21.000 m3/Tag versorgt die Anlage Windhoek mit ca. 50% des benötigten Wassers.

Nachdem die Abwässer der Stadt zunächst in einer der alten Kläranlagen grob gereinigt und Phosphor, sowie Stickstoff eliminiert wurden, wird das Wasser in Schönungsteiche geleitet in denen es zwei bis vier Tage steht. Anschließend gelangt es in die neue Anlage. Hier handelt es sich um ein dreistufiges Klärsystem, welches sowohl mechanische, als auch biologische Reinigungsstufen, sowie eine Behandlung durch Ozon und Membranen beinhaltet. Bei der Planung der neuen Kläranlage wurden Erfahrungen aus den alten Klärwerken, Informationen aus Pilot-Projekten und neuste Technologien beachtet, um eine möglichst hohe Trinkwasserqualität zu gewährleisten. Die neue Wasseraufbereitungsanlage in Windhoek entspricht dem heutigen Stand der Technik. Wichtige gesundheitliche Richtlinien, wie die der Weltgesundheitsorganisation (WHO), werden befolgt und Grenzwerte eingehalten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich um ein gut durchdachtes Aufbereitungssystem handelt. Die Akzeptanz in der Bevölkerung wurde durch breit angelegte Aufklärungsprogramme in Schulen, im Radio und Fernsehen, sowie in der Presse gewonnen. Windhoek hat aus der Not eine Tugend gemacht und auch wenn die Stadt immer noch stark auf Niederschläge angewiesen ist, hat sich die Situation doch erheblich entspannt. Weitere Informationen:

CITY OF WINDHOEK: Water Reclamation. Online unter:
http://www.windhoekcc.org.na/default.aspx?page=117
LAHNSTEINER, J. und G. LEMPERT: Water management in Windhoek, Namibia. Online unter:
www.iwaponline.com/wst/05501/0441/055010441.pdf
MENGE, J.: Treatment of Wastewater for Reuse in the Drinking Water System of Windhoek. Online unter:
www.wwreclamation.com/includes/
Treatment_of_wastewater_for_Drinking_Water_in_Windhoek_J_Menge.pdf

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Olympiade 2008 mit Abwasserrecycling
 


Grün sollten sie sein diese Spiele im Sommer 2008, China wollte endlich mal zeigen was es drauf hat. Schon seit 2001 unternahm man in Peking riesige Anstrengungen, um für die grünen Spiele vorbereitet zu sein. Über die Luftsituation in der Metropole wurde zur Genüge berichtet, es gab autofreie Tage und Zonen, in denen gar keine Abgase in die Luft gepustet werden durften. Wie sah es aber in anderen Bereichen aus?

Geringe Niederschläge (660 mm/a) und ein rasches Anwachsen der Stadt haben dazu geführt, dass seit knapp 30 Jahren der Grundwasserspiegel um ein bis zwei Meter pro Jahr gesunken ist. Wie bekommt man aber nun den riesigen Olympischen Park zum grünen Vorzeigeobjekt? Wo nimmt man das Wasser zur Bewässerung in einer 15 Millionen Stadt her, die schon seit Jahren ein Wasserproblem hat? Die Lösung: Kommunales Abwasser!

Innerhalb von 6 Jahren wurden in Peking 17 neue Kläranlagen gebaut, heute werden 50% des behandelten Abwassers in verschiedenen Bereichen der Metropole wieder genutzt. Es wurden neue chinesische Standards definiert, welche sich an die Grenzwertgesetzgebung der US Environmental Protection Agency (EPA) anlehnen, je nach Einsatzbereich variieren die Qualitätsansprüche an das recycelte Nass. Ein chinesisch-deutsches Forschungsprojekt wurde ins Leben gerufen, das ein geeignetes Recyclingsystem für den Olympischen Park entwickeln sollte. In Anlehnung daran kamen bei den Olympischen Spielen verschiedene Verfahren wie UF-Membranen, Aktivkohlefilter, ein MBR-System und eine Umkehrosmose zum Einsatz. Das Wasser wurde zur Bewässerung, zum Auffüllen der Seenlandschaft, als Wasch-, Toiletten sowie Springbrunnenwasser genutzt. Die technische Ausführung soll als Beispiel für andere wasserarme Regionen der Erden dienen.

Für Europa gibt es solche einheitlichen Standards und Richtlinien zu Wiederverwendung von Abwasser noch nicht. Man kann nur hoffen, dass die europäische Union, und hier insbesondere die Mittelmeerunion, auch mal einen Blick auf diesen Bereich wirft und sich von den Chinesen ein paar Kniffe abguckt.

Quelle: Energie/wasser-praxis 7/8 2008,
weitere Infos unter
http://olympic-water.com/

-er-

Die Hygienerisiken bei der Abwasserwiederverwertung …
 

… in der Landwirtschaft waren ein großes Thema während der Stockholmer Weltwasserwoche im August 2008. Veröffentlicht wurde in Stockholm u.a. eine Studie des in Sri Lanka ansässigen Instituts für Internationales Wassermanagement (IWMI).

Danach nutzen 80 Prozent der untersuchten 58 Dritt-Welt-Städte zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen Schmutzwasser, das nicht ausreichend behandelt wurde. Damit würden „enorme“ Krankheitsrisiken provoziert. Die Forscher forderten daher, die internationale Gemeinschaft müsse Praktiken entwickeln, mit denen die gesundheitlichen und ökologischen Risiken gemindert und zugleich die Vorteile erhalten werden können.

Die Bewässerung mit Schmutzwasser ist laut ISMI weit verbreitet und keineswegs auf die ärmsten Länder beschränkt. Besonders häufig findet man die Praxis in Asien, etwa in China, Indien und Vietnam, aber auch in der Umgebung nahezu jeder afrikanischen Großstadt sowie in Lateinamerika. In Ermangelung sauberen Wassers soll die bedenkliche Bewässerungsmethode für viele Menschen die einzige Möglichkeit zum Anbau von Gemüse oder Getreide sein, berichtete die online-Ausgabe der SZ am 18.08.08.

Nach der IWMI-Studie bewässern weltweit 5,6 Mio. Bauern ihre Äcker mit Abwässern, die größtenteils unzureichend gereinigt sind. Problematisch sei dabei aber nicht nur die mikrobiologische Belastung mit Bakterien, Viren, Würmern und anderen Parasiten, sondern auch der industriell-gewerbliche Abwasseranteil mit seiner hohen Schadstofffracht.

Einen Kriterienkatalog für dieAbwasserwiederverwendung …
 

… hat die DWA in Form der Broschüre „Bewertung von Verfahrensstufen zur Abwasseraufbereitung für die Wiederverwendung“ vorgelegt.

Die Autorengruppe geht davon aus, dass die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser in der Land- und Forstwirtschaft wegen der rasanten Verknappung der Wasserressourcen einen immer größeren Stellenwert bekommen wird – und das nicht nur in den semiariden Regionen der Erde, sondern wegen des Klimawandels zunehmend auch in den niederschlagsarmen Landstrichen von Deutschland, wo heute schon Niederschlagsdefizite von 300 mm/a bzw. Liter pro Quadratmeter bilanzierbar sind.

Für eine Abwasserwiederverwertung in Deutschland käme zunehmend ein Anbau von Energiepflanzen in Frage, da hygienische Probleme beim Biomasseanbau von geringerer Relevanz als beim Lebensmittelanbau seien. Die AutorInnen sehen in der Abwasserwiederverwertung zudem ein wachsendes Marktpotenzial.

Zugleich konstatiert die DWA-Autorengruppe aber auch, dass es regional erhebliche Vorbehalte gegen eine Wiederverwendung von Abwasser auf landwirtschaftlichen Nutzflächen geben würde - insbesondere aus religiösen Gründen. Die Autoren raten deshalb bei einer vorgesehenen Abwasserwiederverwertung zu einem „offenen Umgang mit allen relevanten Fragestellungen und zu einem frühzeitigen Einbeziehen aller Beteiligten in den Planungs- und Entscheidungsprozess“.

Enthalten ist in der Broschüre eine mehrseitige Matrix, in der die einschlägigen Abwasserbehandlungsverfahren danach bewertet werden, inwieweit sie für eine land- oder forstwirtschaftliche Abwassernutzung geeignet sind. Außerdem werden die Verfahren hinsichtlich von 35 weiteren Kriterien eingestuft – beispielsweise ob sie eine Bodenversalzung begünstigen, welche Anforderungen an das Personal zu stellen sind und inwieweit ein Gesundheitsrisiko für das Betriebspersonal oder die Nutzer des gereinigten Abwassers zu erwarten ist (siehe nachfolgende Einschätzung).

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfälle e.V. (DWA)
„Bewertung von Verfahrensstufen zur Abwasseraufbereitung für die Wiederverwendung“; DWA-Themen, Mai 2008, A4, 31 S.
Bezug: DWA, Theodor-Heuss-Allee 17
53773 H e n n e f
Tel.: 02242/872-333, Fax: -100
E-Mail: kundenzentrum@dwa.de
Internet: www.dwa.de

Gleichermaßen hygienisch einwandfrei und von hoher Düngewirkung?
 

Das zuvor erwähnte DWA-Bewertungsraster zur Verwertung der Abwässer urbaner Zentren erscheint noch nicht ganz widerspruchsfrei. Einerseits wird konstatiert, dass bei der landwirtschaftlichen Verwertung von gereinigtem Abwasser eine Eliminierung der Nährstoffe teilweise entfallen könne, da diese gfs. eine Düngewirkung entfalten könnten. In der Matrix wird aber eher auf die Eliminierung der Nährstoffe abgehoben und weniger darauf, wie die Düngewirkung der Nährstoffe gewährleistet werden kann.

Da konstatiert wird, dass

„das vorhandene Ausbildungsniveau des Betriebspersonals in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern einen limitierenden Faktor für die Wahl der möglichen Technologien zur Wasserbehandlung“darstelle,

ist der Vorschlag zum generellen Einsatz von Desinfektionsverfahren problematisch. Wegen der vielerorts fehlenden „Betriebsführungskompetenz“ lassen Desinfektionsmittel eine Gefährdung des Betriebspersonals befürchten. Die strikte Umsetzung der empfohlenen Störfallplanung beim Einsatz kritischer Desinfektionsmittel ist auch nicht überall zu erwarten.

Andere Verfahren zur signifikanten Senkung des epidemiologischen Risikos (wie die Membrantechnik) sind technologisch sehr anspruchsvoll und äußerst energieintensiv. Bemerkenswert ist, dass in dem DWA-Raster die Pflanzenkläranlagen nicht nur im Hinblick auf die Keimreduzierung überraschend schlecht abschneiden, während gleichze-tig (bewachsene) Bodenfilter auf der nächsten Seite als Desinfektionsverfahren eher günstig eingestuft werden.

Nicht nur insofern gibt das DWA-Raster noch einigen Anlass zu Diskussionen. Und die ideale Verfahrenskombination, die robust arbeitet, keinen giftigen Chemikalieneinsatz benötigt und trotz-dem zu einer hohen Keimreduktion führt, die nur einen geringen Energiebedarf aufweist sowie gleichzeitig auch noch die Nährstoffe vor der „Eliminierung“ rettet, muss wohl erst noch erfunden werden.

-ng-


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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