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Seit Mitte Juni hat die Expo 2008 ihre Pforten geöffnet. In diesem
Jahr lautet das Motto "Wasser und nachhaltige Entwicklung".
Und zum ersten Mal in der Geschichte der Weltausstellung haben Nichtregierungsorganisationen
einen eigenen Pavillon bekommen, hier dürfen sie unter eigener
Regie tun und lassen, zeigen und anprangern, was und wen sie wollen." Die
Pavillons der großen Staaten sind gefüllt mit Lügen
und Halbwahrheiten", erklärt Rivarés das Anliegen
der NGOs, "eine politische Debatte fehlt völlig. Es ist eine
rein touristische Attraktion."
Besonders
heftig kritisieren er und seine Mitstreiter die Präsentationen
von China und Argentinien. Beide Länder sind nicht gerade für
ihren umweltfreundlichen Umgang mit der Ressource Wasser bekannt. In
China wird ein Staudamm nach dem anderen gebaut - und dabei wird nicht
nur Natur zerstört, sondern auch Dörfer werden dem Boden gleichgemacht
oder von der Wasserversorgung abgeschnitten. "Aber in seiner Ausstellung
zeigt China natürlich ausschließlich die Vorteile dieser Politik,
stellt sich als eines der fortschrittlichsten Länder dar, wenn es
um den Umgang mit Wasser geht", schimpft Rivarés.
Maria
José Zalazar wischt sich verschämt die Wuttränen
aus den Augen. Die 44-Jährige hat gerade den Lateinamerika-Pavillon
besucht. Darin präsentiert sich auch ihr Heimatland Argentinien.
Ein Werbefilm zeigt die schönsten Ecken des Landes mit dichtem Dschungel,
hohen Bergen und der pulsierenden Metropole Buenos Aires, die Organisatoren
haben Palmen pflanzen lassen. "Ich kann darüber nur den Kopf
schütteln", sagt Maria José Zalazar, "mit unserer
Wirklichkeit hat das gar nichts zu tun." Sie ist eines der Opfer
von Staudämmen und Minen, die die NGOs von El Faro aus aller Welt
nach Saragossa eingeladen haben, um hier von ihren Schicksalen zu erzählen.
Maria
José Zalazar ist Schuldirektorin in Jàchal, einem
Dorf, das auf der Nordseite der Anden liegt, die das Land durchziehen.
Mit dem Wasser des Flusses, der den gleichen Namen trägt wie ihr
Dorf, fließen die Abwässer aus einer Goldmine in die Ebene,
die 150 Kilometer entfernt im Gebirge liegt. "Die Zahl der Krebskranken
und Fehlgeburten in unserem Dorf nimmt seit Jahren stetig zu", erzählt
sie, "aber niemand untersucht den Zusammenhang mit der Mine. Dabei
kann man im Wasser verschiedene Schwermetalle und Öl nachweisen."
Sie
selbst kauft ihr Trinkwasser mittlerweile ausschließlich abgefüllt,
aber viele in ihrem Dorf können sich das nicht leisten, sie sind
weiterhin auf das Wasser aus dem verschmutzen Fluss angewiesen. "Hier
auf der Expo erzählen sie, Minen und Staudämme seien gut für
die Bevölkerung, aber sie nützen nur den Reichen."
Maria
José Zalazar hofft, dass die Weltausstellung wenigstens
ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bringt für die Opfer von nichtnachhaltiger
Wasserpolitik. Nach Schätzungen der UNO mussten bisher zwischen
40 und 80 Millionen Menschen allein dem Bau von Staudämmen weichen. "Wir
wollen uns zu einer weltweiten Bewegung zusammenschließen",
meint Zalazar. "Noch hört uns niemand zu, aber lange können
die Regierungen vor unseren Problemen nicht mehr die Augen verschließen."
Nicht
alle in Saragossa sind so zuversichtlich wie die Argentinierin. Auf
der mittelalterlichen Steinbrücke, die über den Ebro, den
Fluss in der Stadt führt, hat sich ein Dutzend Expo-Gegner versammelt.
Sie tragen dunkelblaue T-Shirts mit der Aufschrift "Expo no" und
haben gelbe und grüne Plastikeimer mitgebracht. Mit einem Gartenschlauch
füllen die Gegner der Weltausstellung ihre Behälter und kippen
das Wasser mit kräftigem Schwung zurück über das Geländer
in den Fluss. "Für die Expo haben sie den Fluss vergewaltigt",
sagt Rosa Aznar Garcia und stellt ihren leeren Eimer zurück auf
den Boden. "Der Ebro ist von einem natürlichen Mittelmeerstrom
zu einem Kanal geworden. Wir wollen ihm wenigstens symbolisch ein bisschen
was an Wasser zurück geben".
Tatsächlich ist der Ebro vor Expo-Beginn begradigt und vertieft
worden, damit die Touristenboote von der Altstadt bis zum Ausstellungsgelände
fahren können. "Wie kann die spanische Regierung eine Ausstellung
mit dem Titel ,Wasser und nachhaltige Entwicklung' veranstalten und selbst
solch eine Umweltzerstörung betreiben?", fragt
die Umweltaktivistin.
Aber
sie haben die Hoffnung noch nicht verloren, dass die
Expo doch etwas ändern
könnte im Umgang mit Wasser - in Spanien und in anderen Ländern.
In einem Konferenzzentrum finden regelmäßig Veranstaltungen
rund um Wasserpolitik statt, später wollen die NGOs ein gemeinsames
Papier an die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die
spanische Regierung schicken mit ihren Forderungen für einen nachhaltigen
Umgang mit der kostbaren Ressource. (…)