Für wen sich die Teilprivatisierung der Bremer Stadtentwässerung
bzw. das dort getätigte ppp-Geschäft als Segen und für
wen als Fluch erwiesen hat, wurde von ERNST MÖNNICH in einer Langzeitstudie
seit den 90er Jahren untersucht. MÖNNICH hat seine eingehende
Analyse der Umwandlung und weitgehenden Privatisierung des ehemaligen
Amtes für Stadtentwässerung und Abfallwirtschaft (ASA) in
einem elfseitigen Thesenpapier zusammengefasst. Prof. MÖNNICH
von der Bremer Hochschule kommt neben vielem anderen zum Ergebnis,
dass bei derartigen Geschäften die übernommenen Stadtentwässerungsbetriebe
ihren Kauf durch Verschuldung weitgehend selbst finanzieren müssen – so
auch im Fall der Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB), wo vom Gesamtumfang
der Verkaufserlöse von ca. 470 Mio. € nur ein kleiner Anteil
von ca. 10-15 Prozent aus dem Vermögen der Käufer selbst
gestammt habe:
"Der Löwenanteil stammt dagegen aus Bankkrediten. Die Sicherheit
für diese Bankkredite bilden die Gebühreneinnahmen. Um den
Käufern ebenso günstige Kreditkonditionen für ihr Faktoring-Geschäft
zu verschaffen, wie diese ein kommunaler Eigenbetrieb erhält, hat
man sich noch eine weitere Vergünstigung erdacht. Das Risiko des
Gebührenausfalls – Gebührenzahlen könnten ja klagen
und Recht bekommen – trägt die verkaufende Stadt. Die Einnahmen
der Erwerber sind also doppelt abgesichert und auch die Banken sehen
kein Risiko. Warum hat dann die Stadt das Geschäft nicht selbst
gemacht? Die Antwort ist recht einfach. Jeder Politiker, der seinen Bürgern
verkünden würde, er müsse leider die Gebühreneinnahmen
der nächsten 30 Jahre verpfänden, um sich per Kredit genügend
Geld für anstehende laufende Ausgaben zu besorgen, hätte seine
Karriere bereits beendet. In dieser simplen Form des Geschäftes
würde selbst jeder Lokalreporter verstehen, dass jede Grenze vertretbarer
Haushaltspraxis überschritten wurde."
MÖNNICH beleuchtet in seinem Thesenpapier noch zahlreiche weitere
Aspekte des Bremer Deals. U.a. analysiert der Autor, zu welchen Ausdifferenzierungen
der Verkauf der Stadtentwässerung innerhalb der Belegschaft führen
kann und welche Rolle die Gewerkschaften dabei spielen (siehe Kasten). Überall,
wo vergleichbare Entwicklungen im Busch sind, wird dieses Thesenpapier
sicher viel Aufmerksamkeit finden.
Das
breit gefächerte Thesenpapier vom März 2007 kann von der
Homepage www.sib.hs-bremen.de (—Studentisches—Downloads—Prof.Mönnich)
heruntergeladen werden oder direkt bei Prof. Mönnisch
angefordert werden: emoennich@fbn.hs-bremen.de
Privatisierungsfolgen spalten die Belegschaft in Gewinner und Verlierer
MÖNNICH vertritt die These, dass innerhalb der Belegschaften
verkaufter Stadtentwässerungsbetriebe als Hauptgewinner die
Angehörigen des betrieblichen Managements gelten können:
"Private Erwerber müssen und wollen das qualifizierte
Personal übernehmen. Dieses gestaltet im betrieblichen Management
die Umwandlung mit, besorgt die folgende Kostenreduktion inklusive
Stellenabbau und notwendige Umstrukturierungen und trägt daher
zusätzliche Arbeitsbelastungen. Diese werden durch Erfolgsprämien – nach
Stellung in der Hierarchie gestaffelt – gut entlohnt."
Positiv
zu werten sei die höhere individuelle Gestaltungskompetenz
und Verantwortung im Angestelltenbereich unter privater Regie.
Dafür werde natürlich auch höhere Leistungsbereitschaft
erwartet. Demgegenüber seien die harten Verlierer die Beschäftigten
mit befristetem Vertrag und die Neueingestellten. Aber dieser Personenkreis
sei für die am Deal beteiligten Gewerkschaftsfunktionäre
von eher untergeordneteter Bedeutung. In Bremen hätten die
damaligen ÖTV-Funktionäre die Privatisierungsvorgänge "gelassen" beurteilt, "weil
ihnen ja die Mitglieder erhalten" geblieben sind. Deshalb
habe die ÖTV in Bremen nur "mit gebremstem Schaum" gegen
die Teilprivatisierung gekämpft. Zumal die Privatisierungserlöse
die Sparzwänge im Kern der Bremer Verwaltung (einer ÖTV-Hochburg)
gedämpft hätten.
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