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3. Juli 2008

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

ARD / PlusMinus 17.6.2008

 

Private Wasserversorger machen Kasse

Bericht: Stefan Jäger

 

Ein Idyll in Oberbayern. Hier im Tal der Mangfall fördert München sein Trinkwasser. 180 Mio. Euro hat die Stadt gerade erst wieder investiert. Die Münchner bekommen dafür eines der besten und günstigsten Trinkwasser im Land – aus einem Betrieb, zu 100 Prozent in kommunaler Hand. „Wasser ist ein Lebensmittel, das unverzichtbar ist, keine beliebige Handelsware“, sagt der Münchener Oberbürgermeister Christian Ude, SPD. Das Gegenbeispiel ist Berlin. Vor neun Jahren wurde die Hälfte der Wasserversorgung an private Investoren verkauft. Das Ziel: Haushaltssanierung.

Die Bilanz des Finanzsenators Thilo Sarrazin, SPD, ist ernüchternd: „Aus heutiger Sicht würde ich so eine Entscheidung nicht treffen ... ich kann aber auch nicht sagen, dass sie radikal falsch war.“ Das sieht Gerlinde Schermer, SPD („Bürgerinitiative Berliner Wassertisch“) ganz anders. Sie war eine der wenigen Abgeordneten im Berliner Landtag, die gegen den Wasserverkauf stimmten: „Die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe ist ein Desaster. Einmal für die Bevölkerung wegen der Preissteigerung. Zum anderen hat auch das Land Berlin einen Nachteil, weil sie die Einnahmen aus den Wasserbetrieben nicht mehr bekommen, die sie früher bekommen haben.“

Kein Wettbewerb sondern Zwangsverpflichtung

Tatsächlich stieg in Berlin der Preis im Bundesvergleich besonders stark. Seit 2004 um 30 Prozent. Gleichzeitig kassierten seit der Privatisierung 1999 die privaten Investoren RWE und Veolia 69 Prozent der Gewinne. Dem Land Berlin blieben davon rund 30 Prozent. Für die ungleiche Verteilung zu Gunsten der privaten Investoren garantiert der geheime Kaufvertrag. „Von Berlin kann man lernen, dass man einen Monopolbetrieb nicht privatisiert auch nicht teilprivatisiert, sagt Schermer, weil alle Bürger zwangsverpflichtet sind bei diesem Betrieb zu kaufen. Es gibt keinen Wettbewerb. Wir alle müssen kaufen, ob wir wollen oder nicht.“

Professor Thomas Lenk ist Finanzwissenschaftler der Universität Leipzig und Experte für kommunale Betriebe. Er hat bundesweit die Privatisierung der Wasserbetriebe unter die Lupe genommen. Ein Ergebnis: Vom Verkauf, nur um kurzfristig den Haushalt zu sanieren, rät er ab. Lenk weiß, warum Wasser für private Investoren so attraktiv ist: „Wenn sie bedenken, dass RWE mit seiner Wassertochter im Prinzip 25 Prozent des Gewinnes mit 10 Prozent des Umsatzes des RWE Konzerns gemacht hat, dann sehen sie, wie viel Renditechancen in diesem Gut Wasser drin sind. Das ist natürlich so, weil bei Wasser der Nachfrager sehr unflexibel ist, sie müssen Preiserhöhungen im Prinzip mitgehen. Wir sind abhängig von diesem Gut.“

Langfristiges Denken wird bestraft ...

Auch in Stuttgart ist die Wasserversorgung seit sechs Jahren zu hundert Prozent in privater Hand. Das treibt zuweilen seltsame Blüten: Zum Beispiel die Preiserhöhung von sieben Prozent im vergangenen Jahr. Weil die Stuttgarter weniger Wasser verbrauchten, setzte der private Versorger EnBW den Preis hoch. Jens Löwe von der Bürgerinitiative „Wasserforum Stuttgart“ regt das auf. Für den sparsamen Umgang mit dem wertvollen Gut Wasser werden die Bürger auch noch bestraft: „Weil der Konzern mit dem Wasser Geld verdienen möchte, hat er die Interessenlage, dass viel Wasser verbraucht wird.

Wäre das Wasser noch in öffentlicher Hand, dann wäre die Interessenslage eine andere, nämlich die, dass man möglichst sparsam mit dem Wasser umgeht.“ Eigenartig auch: Was die Wasserwerke wirklich wert sind, weiß die Stadt bis heute nicht. Denn ein Preis für die lukrative Wassersparte wurde beim Verkauf an den EnBW-Konzern gar nicht ermittelt. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, CDU, versucht zu erklären: „Wir haben ein Aktienpaket verkauft und von daher war das Teil dieses Aktienpaketes. Klar ist aber, dass das Trinkwasser von der Wertigkeit nicht bedeutend war. Weil man da nicht frei Gewinne gestalten kann, sondern nur Kosten ersetzt bekommt.“

...wenn nur kurzfristige Rendite zählt

Das sieht Finanzwissenschaftler Lenk ganz anders. Seine Bilanz nach zehn Jahren Wasserprivatisierung in Deutschland: Investoren steigen ein, weil mit Wasser richtig Geld verdient wird. „Mittelfristig ist es in der Regel so, dass gerade die Wasserwerke eher sehr rentabel arbeiten, sagt Lenk. Sie könnten Gewinne durchaus an den Haushalt abführen, so dass mittelfristig den meisten Kommunen anzuraten sei, die Wasserwerke zu halten.

In München sind sie sich über alle Parteigrenzen hinweg einig: Es geht um mehr als Rendite. Zum Beispiel um die richtige Landwirtschaft im Trinkwasserschutzgebiet, weiß Oberbürgermeister Ude: Solche Maßnahmen wie ökologischer Landbau, der sich erst in 60 oder 80 Jahren positiv auswirkt, würde ein privater Investor, der ganz schnell hohe Renditen erzielen muss, niemals in Angriff nehmen.“ Die Bilanz der Privatisierung der Wasserversorgung in Deutschland - sie fällt ernüchternd aus. Die Bürger haben keinen Preisvorteil und die Kommunen geben eine sichere Einnahmequelle aus der Hand.

 

 
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