Über
80 Prozent der deutschen Gemeinden und Städte erwarten, dass infolge
der Anreizregulierung die Rendite der kommunalen Versorgungsunternehmen
sinken wird. Die Versorger an Finanzinvestoren zu verkaufen, können
sich die meisten Kommunen trotzdem nicht vorstellen. Das ergab eine
Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers
unter 202 deutschen Städten und Kommunen.
Nur
gut ein Drittel der deutschen Städte und Gemeinden (36 Prozent)
rechnet damit, dass mehr Beteilungen an Stadtwerken verkauft werden.
In etwa ebenso viele können sich selbst vorstellen, Anteile am eigenen
Energieversorger an einen inländischen strategischen Investor aus
der Energiebranche zu verkaufen. Doch wenn die alte Beteiligungsstruktur
nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, so würde mehr als die
Hälfte (57 Prozent) der Städte und Gemeinden die horizontale
Fusion mit einem anderen Stadtwerk bevorzugen.
Dabei
ergibt sich ein deutlicher Unterschied zwischen ost- und westdeutschen
Kommunen:
Während sich im Westen 85 Prozent der Befragten trotz
der erwarteten Renditeeinbußen nicht vorstellen können, sich
von ihren Versorgungsunternehmen vollständig zu trennen, erklärten
dies im Osten nur 68 Prozent. Weiter würden 54 Prozent der ostdeutschen,
jedoch nur 30 Prozent der westdeutschen Städte und Gemeinden ihre
Anteile an einen inländischen Investor aus der Energiebranche verkaufen.
Auch
ein ausländischer Investor aus dem Energiebereich (Ost: 22
Prozent, West: 7 Prozent) oder der Verkauf an einen Finanzinvestor mit
langfristigem Anlagehorizont (Ost: 19 Prozent, West: 5 Prozent) kommt
für ostdeutsche Kommunen eher in Frage. Mit lediglich 1 Prozent
käme der Verkauf an einen Finanzinvestor mit kurzfristigem Anlagehorizont
für die Kommunen in ganz Deutschland praktisch nicht in Frage.
Doch
ebenso wie die Lage spielt die Größe der Kommune bei
der Bewertung der verschiedenen Wege zum Teilverkauf eine Rolle: 58 Prozent
der Kleinstädte und zwei Drittel der mittelgroßen Städte
bevorzugen die horizontale Fusion mit einem anderen Stadtwerk. Für
die Großstädte kommt der Verkauf an einen inländischen
strategischen Investor aus der Energiebranche (50 Prozent) fast genau
so in Frage wie die horizontale Fusion (48 Prozent). Deutlich attraktiver
erscheint für Großstädte auch der Verkauf an einen ausländischen
strategischen Investor aus der Energiebranche.
Entscheidend
für einen Verkauf ist aber die die Finanzlage der
jeweiligen Stadt oder Gemeinde. Das zeigt sich an den 17 Kommunen, die
angaben, sie wollten in den kommenden Jahren ihre Beteiligungen an Versorgungsunternehmen "verändern".
Vor allem finanzschwache Kommunen erwägen einen Verkauf: Elf von
ihnen wollen ihre Anteile reduzieren. Sechs vorwiegend kleine und mittelgroße
süddeutsche Kommunen mit ausnahmslos guter Finanzlage planen dagegen
einen Rückkauf.
Für eine Privatisierung sprechen den befragten Kommunen zufolge
vor allem zwei Gründe. Ein Drittel sieht in der Erhöhung der
Wettbewerbsfähigkeit des Energieversorgers durch privatwirtschaftliche
Beteiligungen einen klaren Vorteil. Zweitens ist für einige die
Aussicht reizvoll, durch eine Privatisierung den kommunalen Haushalt
sanieren zu können.
Als
Argumente gegen eine Privatisierung führen die befragten Städte
und Gemeinden den Erhalt von lokalen Arbeitsplätzen, die Wahrung
des kommunalen Einflusses und die Sicherung von Gewinnausschüttungen
an. Für fast alle befragten Kommunen (95 Prozent) ist der Erhalt
lokaler Arbeitsplätze eine Bedingung für den Verkauf oder eine
Anteilsreduktion. Ebenfalls entscheidend ist für 89 Prozent der
Städte und Gemeinden der Erhalt des kommunalen Einflusses und die
Höhe des Verkaufserlöses. Aber auch der Widerstand in der Bevölkerung
gegen eine Privatisierung und die Ansicht, die Grundversorgung der Bevölkerung
sei eine kommunale Aufgabe, spielen eine Rolle.
Für die Studie „Kooperation oder Ausverkauf der Stadtwerke?" wurden
202 deutsche Städte, Kommunen und Gemeinden befragt, die an lokalen
Energieversorgungsunternehmen und Stadtwerken beteiligt sind.