Der
reale Haushaltswasserbedarf in Deutschland ist schon fast vernachlässigbar
gering – im Vergleich zu den gigantischen Wasservolumina, die
wir als „virtuelles Wasser“ (s. RUNDBR.
855/4, 823/2-3, 814/1, 806/1; siehe auch Kasten) importieren.
Dass bei allen Wassersparbemühungen
hierzulande (s. 879/1-2, 874/1) unser
Prassen mit „virtuellem
Wasser“ weitgehend ausgespart wird, lässt auf ein ziemlich
eurozentrisches Wassersparbewusstsein schließen. Zahlenangaben,
die die Kluft zwischen unserem realen Wasserbedarf und unserem virtuellen
Wasserimport verdeutlichen, hat jetzt die HYDROLOGIE UND WASSERBEWIRTSCHAFTUNG
(HW) 6/08, S. 274 – 275, veröffentlicht.
Unter
Berufung auf eine UNESCO/IHP-Mitteilung schreibt die HW, dass sich
das Volumen
des virtuellen Wasserflusses weltweit, bedingt durch den internationalen
Handel von Gütern, auf 1.600 Kubikkilometer pro Jahr belaufe.
[Zum Vergleich: Der Bodensee hat ein Volumen von rund 50 Kubikkilometern,
der Rhein transportiert je nach (Hoch-)Wasserführung bis zu
80 Kubikkilometer Wasser pro Jahr in Nordsee; über virtuelle
Wasserströme
wird somit ein Vielfaches der Wasserführung des Rheins kreuz
und quer über den Globus geführt; ein Kubikkilometer (km3)
entspricht einer Milliarde Kubikmeter bzw. einer Billion Liter.]
80
Prozent dieses virtuellen Wasserflusses entstehen durch Handel mit
landwirtschaftlichen
Produkten, der verbleibende Rest von 20 Prozent entfällt
auf den Handel mit industriellen Gütern. Für einzelne
Landwirtschaftsprodukte listet die HW folgende Zahlen auf: Die
Produktion von 1 kg Reis benötigt
3000 Liter (l) Wasser, 1 kg Mais 900 l Wasser, 1 kg Weizen 1.330
l Wasser und 1 kg Rindfleisch 22.000 l Wasser. 140 l Wasser werden
benötigt
um die Kaffeebohnen für eine Tasse Kaffee wachsen zu lassen,
für die Erzeugung von 1 l Milch werden 1.000 l Wasser benötigt.
Der Prokopfbedarf an virtuellem Wasser, enthalten in unserer täglichen
Nahrung, variiert in Abhängigkeit von der Art der konsumierten
Nahrung: 1.000 Liter für einen Nahrungsbedarf, der zum Überleben
ausreicht, 2.600 l pro Tag für einen Vegetarier
und über 5.000 l für eine Ernährung nach US-amerikanischem
Stil, also mit viel Fleisch. [Zum Vergleich: Der tägliche Prokopf-Haushaltswasserbedarf
in Deutschland liegt bei durchschnittlich 127 Litern realem Wasser;
der virtuelle Wasserbedarf liegt selbst bei Vegetariern um mindestens
das 20fache höher.] Die ungleiche Verteilung des Konsums an virtuellem
Wasser verdeutlicht die HW mit folgenden Zahlen:
„Nur
sieben Prozent des chinesischen Water Footprint in Höhe von
700 Kubikmetern (cbm) pro Kopf und Jahr fällt außerhalb
Chinas an, während 65 Prozent des japanischen Water Footprint
mit 1.150 cbm pro Kopf und Jahr von außerhalb Japans kommen.
In den USA beträgt der Water Footprint 2.480 und in Deutschland
1.545 cbm pro Kopf und Jahr, der weltweite Mittelwert liegt bei 1.240
cbm pro Kopf
und Jahr.“ [Zum Vergleich: In Deutschland liegt der reale Wasserbedarf
pro Kopf und Jahr bei etwa 47 cbm.]
Der
eigentliche Knackpunkt an der Sache: Durch unseren unreflektierten
Konsum an virtuellem Wasser verschärfen wir den Wasserstress ausgerechnet
in den Regionen der Erde, in denen Wassermangel herrscht und sich
die Wasserkonflikte verschärfen - siehe den Reader zum
virtuellen Wasser auf unserer Homepage www.akwasser.de.
Weiterführende
Links:
www.waterfootprint.org/
www.iucn.org zu den „Virtual Water Flows“
Deutschland
ist ein Wasserimportland!
Unsere
regenreiche Bundesrepublik verbraucht weit mehr Wasser, als Niederschlag
auf Deutschlands Fläche fällt. Wenn Deutschland für
seinen „virtuellen
Wasserbedarf“ in Gänze selbst aufkommen müsste, wäre
Deutschland eine Wüste! Es gäbe keine Flüsse, keine Feuchtgebiete,
keinerlei Grundwasserneubildung! Allenfalls würde aus Österreich
und aus der Schweiz noch etwas Wasser zusickern. Bis auf den letzten Tropfen
würde alles
Wasser für den Gemüseanbau, für biogene Rohstoffe, für
Getreide und „Biosprit“ benötigt – und es würde
bei weitem nicht reichen! Dass sich Deutschland gemessen an seiner hohen
Besiedlungsdichte überhaupt
aquatische Naturschutzgebiete, Wälder und Badeseen in relativ hoher
Zahl leisten kann, liegt daran, dass wir unsere Wasserbereitstellung kubikkilometerweise
ins Ausland verlagert haben. Mit schätzungsweise 500 cbm (also 500.000
Liter) pro Einwohner und Jahr strapazieren wir den Wasserhaushalt anderer
Länder.
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