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15. März 2009

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 24.2.2009

 

Vergangenheitsbewältigung in der
brandenburgischen Abwasserpolitik

 

Exorbitant hohe Abwassergebühren müssen die Einwohner im brandenburgischen Abwasserverband Alt Schadow zahlen. Der Wasser- und Abwasserverband war 1992 gegründet worden. Kurz nach der Wende hat man auch in den dünn besiedelten Landstrichen Brandenburgs das westdeutsche „Abwassermodell“ 1:1 abgekupfert:

Gebaut wurde für 11,5 Millionen Mark ein Zentralkläranlage. Es sollten 13 Gemeinden mit rund 4.600 Einwohnern auf ei-nem Territorium von etwa 19 mal 15 Kilometern entsorgt werden. Auf Grund überzogener Zukunftserwartungen wurde die Anlage aber im mechanischen Teil auf 24.000 Einwohner und im biologischen Teil auf 12.000 Einwohner ausgelegt. Um aus dem großen Einzugsgebiet das Abwasser überhaupt bis in die Kläranlage transportieren zu können, musste ein kompliziertes und kostenträchtiges System aus Freispiegelkanälen, Vakuum- und Druckentwässerun-gen errichtet werden. Die Überdimensionierung von Kläranlage und Kanälen führte dazu, dass die Anlagen auf Dauer nicht einmal zur Hälfte ausgelastet worden sind.

„Jetzt führt der laufende Betrieb erneut zu zusätzlichen Ausgaben, etwa durch aufwendige Spülungen der Leitungsnetze. Die Abwassermengen sind zu gering, werden deshalb gesammelt und irgendwann über große Entfernungen gepumpt. Auch das erweist sich als teuer. Das Abwasser verbleibt zu lange in der Kanalisation, es kommt zu stinkenden Ablagerungen, weshalb es angefault in der Kläranlage ankommt, was wiederum die Reinigung schwieriger macht und zum vorzeitigen Verschleiß der Gerätschaft führt“,
berichtete die online-Ausgabe des ND am 21.01.09 über die Abwassermisere.

Jetzt hat sich die Bürgerinitiative Wasser und Abwasser Alt Schadow gebildet, die versucht, die Sünden der Vergangenheit aufzuarbeiten. Bei der Aufarbeitung der Abwasserhistorie in Alt Schadow hat die Bürgerinitiative entdeckt, dass bei der Konzeption des Abwasserverbandes in den frühen 90er Jahren durchaus Alternativen auf den Tisch gelegt worden waren – bei-spielsweise kleine Ortskläranlagen. Seinerzeit hat die Potsdamer Landesregierung – im Gegensatz zu Zentralkläranlagen - für kostengünstige Kompaktkläranlagen aber keine Zuschüsse gewährt. Wörtlicher Kommentar damals aus dem Umweltministerium: „Sie können alles machen, nur Fördermittel erhalten Sie dafür nicht!“ Das Resultat der verkorksten Zuschusspolitik:

„Nicht wenige Bürger müssen wegen dubioser Prognosen, falscher Entscheidungen der Landesregierung und unbestrittener Misswirtschaft des Wasserverbandes überdimensionierte Preise zahlen, nämlich in einem Zwei-Personen-Haushalt durchschnittlich 11,63 Euro pro Kubikmeter, in einem Ein-Personen-Haushalt gar 16,60 Euro. Im Wasserverband Königs Wusterhausen, dem die Anlage Alt Schadow jetzt zugeordnet wurde, zahlt man für die gleiche Menge 5,52 bzw. 6,68 Euro.“

Weil Wasser in den 13 Dörfern zum Luxus geworden ist, sparen die Bürger, wo sie können. Was die Abwassergebühren wegen der hohen Fixkosten nahezu zwangsläufig weiter ausufern lässt. Zudem hegt die Bürgerinitiative den Verdacht, dass das dem Alt Schadower System zugeschaltete Tropical Island auf Kosten der übrigen Abwassergebührenzahler subventioniert wird. Das in einer ehemaligen Luftschiffhalle gebaute Tropical Island zahlt nach Berechnungen der Bürgerinitiative nur 2,58 Euro pro Kubikmeter Wasser und Abwasser.

 


Klage gegen die Abwasserpolitiker
in Vorbereitung

Auf zahlreiche Schreiben der Bürgerinitiative haben die SPD/CDU-Landesregierung und die Koalitionsfraktionen im Landtag in Potsdam bislang ausweichend reagiert: Wegen der grundgesetzlich geschützten kommunalen Selbstverwaltung sei die Höhe der Gebühren Sache der Gemeindevertreter.

Dass die Bürgerinitiative bei der Politik bislang wenig Erfolg hat, liegt auch an einem „Grenzproblem“: Die dem Abwasserverband zugeordneten Ortsteile Kehrigk und Limsdorf der Stadt Storkow gehören zum Landkreis Oder-Spree, die anderen betroffenen Gemeinden jedoch zum Landkreis Dahme-Spreewald. Das führe dazu, dass der Landrat Oder-Spree seine Zuständigkeit für die Abwassergebühren in Kehrigk verneint, da die Kommunalaufsicht Dahme-Spreewald für den Verband zuständig sei. Der Landrat in Dahme-Spreewald schenkt wiederum den Bürgern von Kehrigk und Limsdorf kein Gehör, weil die nicht Bewohner von Dahme-Spreewald seien. Die Bürgerinitiative hat jetzt die Faxen alle. Sie prüft, ob man die für die missratene Abwasser- und Zuschusspolitik verantwortlichen Politiker verklagen kann.

 

Vom Scheitern der Kanalisierung
der Ex-DDR …
 

… in Zeiten des demographischen Wandels und der Westdrift handelt auch eine Studie von NIKOLAUS GEILER vom Ak Wasser im BBU. Im Auftrag der LINKS-Fraktion im Bundestag hat der Sprecher des Ak Wasser die Abwasserhistorie in den Neuen Bundesländern von der Wende bis heute untersucht.

Vor allem im ländlichen Raum und in den ausblutenden Kleinstädten in den ostdeutschen Schrumpfregionen sind es nicht so sehr überdimensionierte Kläranlagen, sondern die weit in die Fläche sich verästelnden Kanalsysteme, die auf die Dauer nicht mehr finanzierbar sein werden. Die Folgelasten der verfehlten Kanalbaus wachsen sich zu einer Hypothek aus, die zum Ruin vieler Ortschaften in Ostdeutschland beitragen wird – so die pessimistische Prognose des Autors. Der vorprogrammierte Anstieg der Abwassergebühren aufgrund der Unterhaltungskosten für die immer weniger ausgelastete unterirdische Kanalinfrastruktur wird lokal den Trend zur Abwanderung noch verstärken.

Die Studie will erste Anstöße dazu geben, wie die Siedlungswasserwirt-schaft mit dünnbesiedelten oder abgelegenen Räumen künftig intelligenter als bislang umgehen könnte.

Die Broschüre „Dezentralisierung und kreislauf-orientierte Abwasserentsorgung – eine Perspektive für die ostdeutsche Wasserwirtschaft?“ (A4, 50 S.) kann kostenlos in der Papierfassung bei der

Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag
Büro Eva Bulling-Schröter, MdB
11011 B e r l i n
E-Mail: eva.bulling-schroeter.ma01@bundestag.de

bestellt oder von der Homepage
http://dokumente.linksfraktion.net/pdfdownloads/ 7756390218.pdf
unentgeltlich heruntergeladen werden.


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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