Exorbitant
hohe Abwassergebühren müssen die Einwohner im brandenburgischen
Abwasserverband Alt Schadow zahlen. Der Wasser- und Abwasserverband
war 1992 gegründet worden. Kurz nach der Wende hat man auch in
den dünn besiedelten Landstrichen Brandenburgs das westdeutsche „Abwassermodell“ 1:1
abgekupfert:
Gebaut
wurde für 11,5 Millionen Mark ein Zentralkläranlage.
Es sollten 13 Gemeinden mit rund 4.600 Einwohnern auf ei-nem Territorium
von etwa 19 mal 15 Kilometern entsorgt werden. Auf Grund überzogener
Zukunftserwartungen wurde die Anlage aber im mechanischen Teil auf
24.000 Einwohner und im biologischen Teil auf 12.000 Einwohner ausgelegt.
Um aus dem großen Einzugsgebiet das Abwasser überhaupt
bis in die Kläranlage transportieren zu können, musste
ein kompliziertes und kostenträchtiges System aus Freispiegelkanälen,
Vakuum- und Druckentwässerun-gen errichtet werden. Die Überdimensionierung
von Kläranlage und Kanälen führte dazu, dass die Anlagen
auf Dauer nicht einmal zur Hälfte ausgelastet worden sind.
„Jetzt
führt der laufende Betrieb erneut zu zusätzlichen
Ausgaben, etwa durch aufwendige Spülungen der Leitungsnetze.
Die Abwassermengen sind zu gering, werden deshalb gesammelt und
irgendwann über
große Entfernungen gepumpt. Auch das erweist sich als teuer.
Das Abwasser verbleibt zu lange in der Kanalisation, es kommt zu
stinkenden Ablagerungen, weshalb es angefault in der Kläranlage
ankommt, was wiederum die Reinigung schwieriger macht und zum vorzeitigen
Verschleiß der
Gerätschaft führt“,
berichtete die online-Ausgabe des ND am 21.01.09 über
die Abwassermisere.
Jetzt
hat sich die Bürgerinitiative Wasser und Abwasser Alt Schadow
gebildet, die versucht, die Sünden der Vergangenheit aufzuarbeiten.
Bei der Aufarbeitung der Abwasserhistorie in Alt Schadow hat
die Bürgerinitiative
entdeckt, dass bei der Konzeption des Abwasserverbandes in den
frühen
90er Jahren durchaus Alternativen auf den Tisch gelegt worden
waren – bei-spielsweise
kleine Ortskläranlagen. Seinerzeit hat die Potsdamer Landesregierung – im
Gegensatz zu Zentralkläranlagen - für kostengünstige
Kompaktkläranlagen aber keine Zuschüsse gewährt.
Wörtlicher
Kommentar damals aus dem Umweltministerium: „Sie können
alles machen, nur Fördermittel erhalten Sie dafür
nicht!“ Das
Resultat der verkorksten Zuschusspolitik:
„Nicht
wenige Bürger müssen wegen dubioser Prognosen, falscher
Entscheidungen der Landesregierung und unbestrittener Misswirtschaft
des Wasserverbandes überdimensionierte Preise zahlen,
nämlich
in einem Zwei-Personen-Haushalt durchschnittlich 11,63 Euro
pro Kubikmeter, in einem Ein-Personen-Haushalt gar 16,60 Euro.
Im Wasserverband Königs
Wusterhausen, dem die Anlage Alt Schadow jetzt zugeordnet wurde,
zahlt man für die gleiche Menge 5,52 bzw. 6,68 Euro.“
Weil
Wasser in den 13 Dörfern zum Luxus geworden ist, sparen
die Bürger, wo sie können. Was die Abwassergebühren
wegen der hohen Fixkosten nahezu zwangsläufig weiter
ausufern lässt. Zudem hegt die Bürgerinitiative
den Verdacht, dass das dem Alt Schadower System zugeschaltete
Tropical Island auf Kosten
der übrigen Abwassergebührenzahler subventioniert
wird. Das in einer ehemaligen Luftschiffhalle gebaute Tropical
Island zahlt
nach Berechnungen der Bürgerinitiative nur 2,58 Euro
pro Kubikmeter Wasser und Abwasser.
Klage gegen die Abwasserpolitiker
in Vorbereitung
Auf
zahlreiche Schreiben der Bürgerinitiative haben die
SPD/CDU-Landesregierung und die Koalitionsfraktionen im
Landtag in Potsdam bislang ausweichend reagiert: Wegen
der grundgesetzlich geschützten kommunalen Selbstverwaltung
sei die Höhe der Gebühren Sache der Gemeindevertreter.
Dass
die Bürgerinitiative bei der Politik bislang
wenig Erfolg hat, liegt auch an einem „Grenzproblem“:
Die dem Abwasserverband zugeordneten Ortsteile Kehrigk
und Limsdorf der Stadt Storkow gehören zum Landkreis
Oder-Spree, die anderen betroffenen Gemeinden jedoch
zum Landkreis Dahme-Spreewald. Das führe dazu, dass
der Landrat Oder-Spree seine Zuständigkeit für
die Abwassergebühren in Kehrigk verneint, da die
Kommunalaufsicht Dahme-Spreewald für den Verband
zuständig sei.
Der Landrat in Dahme-Spreewald schenkt wiederum den Bürgern
von Kehrigk und Limsdorf kein Gehör, weil die nicht
Bewohner von Dahme-Spreewald seien. Die Bürgerinitiative
hat jetzt die Faxen alle. Sie prüft, ob man die
für
die missratene Abwasser- und Zuschusspolitik verantwortlichen
Politiker verklagen kann.
|