aktualisiert:
13. Mai 2009
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief,
1.5.2009
Was
Wasserwerkern den Schlaf raubt - „Wasserfachliche
Aussprachetagung 2009“
Der
weiter anhaltende Kostendruck, die hohen Fixkosten, der nicht
enden wollende Rückgang beim Wasserverbrauch, der aggressive
Kurs der Kartellwächter gegen die Wasserversorgungsunternehmen,
die Neufassung der Trinkwasserrichtlinie und sicherheitstechnische
Zumutungen aus den USA und Israel waren dominierende Themen auf
der „Wasserfachlichen Aussprachetagung 2009“ (WAT2009).
Auf der diesjährigen WAT hatten sich zeitgleich zu dem Megaevent „WASSER
BERLIN 2009“ mehrere Hundert Wasserwerker über ihre
Sorgen und Kümmernisse ausgesprochen.
Krise!
Welche Krise?
Die Wasserwirtschaft hat seit Jahren die Krise!
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Ein bestimmendes Thema auf der diesjährigen WASSER BERLIN war
der seit Jahren anhaltende Rückgang des Wasserbedarfs – und
wie man dagegen angehen könne. Denn der kontinuierlich zurückgehende
Wasserbedarf bringt immer mehr Wasser- und Abwasserbetriebe in die Bredouillie.
Vor allem deshalb, weil der sinkende Wasserbedarf fortlaufend deutlicher
zu Tage bringt, dass die gegenwärtige Tarifstruktur immer weniger
den hohen Fixkostenanteil in der Wasserver- und Abwasse-entsorgung widerspiegelt.
So postulierte u.a. GUNDA RÖSTEL, GELSENWASSER-Geschäftsführerin
des »teilprivatisierten« Abwasserbetriebes in Dresden, dass
der sinkende Wasserverbrauch zunehmend die Wirtschaftlichkeit der Wasser-
und Abwasserunternehmen unterminiere. Wenn andere Industriebranchen
jetzt angesichts der Wirtschaftskrise signifikante Absatzrückgänge
beklagen würden, könne die Wasserwirtschaft nur cool darauf
hinweisen, dass sich die Wasser- und Abwasserbetriebe schon seit den
90er Jahren mit einen Absatzrückgang von 15 und mehr Prozent auseinandersetzen
müssten.
Der
hohe Fixkostensockel müsste eigentlich zur Folge haben, dass
bei zurückgehendem Wasserabsatz die Kubikmeterpreise reziprok angehoben
werden müssten. Dies sei aber der Öffentlichkeit schwer zu
vermitteln. Denn während die Wasserwirtschaft die Parole ausgebe „Mehr
Sparen spart nicht mehr“ titele die BILD-Zeitung mit ungleich größerer
Breitenwirkung: „Bescheuert! Weil wir so viel Wasser sparen, wird
Wasser immer teurer“. Und aus Brüssel drohe zudem ein pauschales
Wasserspargebot, das keine Rücksicht auf die unterschiedlichen
Wasserdargebote in den EU-Mitgliedsstaaten nehmen würde – und
schon gar nicht auf den in der EU beispielhaft niedrigen Pro-Kopf-Wasser-Bedarf in
Deutschland.
Auf
einem Workshop des Verbandes der kommunalen Unternehmen (VKU) und
des Deutschen Vereins des Gas- und
Wasserfaches (DVGW) zu
Sinn und Unsinn des Wassersparens war man sich einig, dass
weitere Wassereinsparbemühungen in Deutschland
keinen Sinn mehr machen – denn noch mehr „Wassersparen“ würde
die Infrastrukturen in der Wasserver- und in der Abwasserentsorgung
zu immer kostenträchtigeren Abhilfemaßnahmen
zwingen (s. RUNDBR. 816/1). Der jetzt erreichte Pro-Kopf-Verbrauch
von etwa 120 Litern (in Ostdeutschland vielerorts schon
deutlich
unter 100 Litern) sei das Ende der Fahnenstange – weitere
Bedarfsrückgänge würden nicht nur zu steigenden
Kosten führen, sondern wegen Stagnationserscheinungen
im Leitungsnetz auch hygienische Probleme provozieren.
„Rohrnetzverkleinerung
geht nicht!“
Naiverweise
könnte man annehmen, dass bei einem zurückgehenden
Wasserbedarf einfach nur die Rohrnetzdurchmesser verkleinert
werden müssten. Dies stößt
aber zum einen auf finanzielle Schwierigkeiten, weil viele Rohrnetze noch gar
nicht abgeschrieben sind.
Bei
einer technischen Lebensdauer von 80 oder 100 Jahren müssten
zudem viele Rohrleitungsstränge aus dem Boden gerissen
werden, die noch Jahrzehnte im Untergrund verbleiben könnten. Vielerorts
sei eine Rohrnetzerneuerungsquote von einem Prozent üblich. Selbst bei
einer Verdoppelung auf zwei Prozent würde „die Verschlankung
des Netzes“ 50
Jahre dauern.
Entscheidendes
Argument gegen eine generelle Reduzierung der Rohrnetzdurchmesser
sei aber, dass der „Ungleichmäßigkeitsfaktor“ immer
weiter auseinander driftet: Ständig geringer werdenden Durchschnittsverbräuchen
stehen in trockenen Sommern Spitzenverbräuche gegenüber, die
nicht im gleichen Maße absinken wie der Durchschnittsverbrauch. Um
auch in Spitzenbedarfszeiten die hohe Versorgungssicherheit zu wahren,
könne
man das Rohrnetz in vielen Fällen gar nicht kleiner dimensionieren.
Die Wasserwerker gehen davon aus, dass die Schere zwischen Minimal- und
Maximalverbräuchen
durch den Klimawandel künftig noch weiter auseinander gehen könnte.
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„Je
mehr Grundpreis, desto besser!“
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Keine Flatrate für Wasser, aber eine stufenweise Anhebung der Grundpreise,
war das Credo der Verbandsspitzen aus der deutschen Wasserwirtschaft auf der
WASSER BERLIN. Auf diversen Veranstaltungen auf der WASSER BERLIN 2009 wurde
darüber debattiert, wie man einen weiteren Wasserbedarfsrückgang
verhindern könne. Dabei tauchte immer wieder der Frage auf, ob eine Flatrate
der Wassersparideologie ein Ende bereiten könnte (s.
RUNDBR. 827/2, 824/2-3).
Die in Berlin versammelten Wasserwerker waren sich einig, dass eine Flatrate
in der Wasserversorgung zwar dem hohen Fixkostensockel in der Wasserversorgung
entsprechen würde, dass eine Flatrate aber andererseits politisch nicht
vermittelbar sei.
Dr.-Ing.
MICHAEL BECKEREIT, Chef der Hamburg Wasser, bezeichnete es als ein
tendenziell unlösbares Problem, in Deutschland den Teufelskreis
aus Sparreflex und Preisspirale zu stoppen. Eine Trendwende sei nicht erreichbar.
Allenfalls könnte das Tempo der Spirale zwischen Sparen und daraus
resultierendem Anstieg der Kubikmetergebühren abgebremst werden. Leider
sei die Wasserwirtschaft nicht in der Lage gewesen, zu kommunizieren, dass
die Kubikmeter-Gebühren
deutlich weniger gestiegen seien als der Wasserbedarf zurückgegangen
sei. Durch Rationalisierungserfolge sei es vielerorts gelungen, die Kostensteigerungen
in Folge des zurückgehenden Wasserbedarfs aufzufangen. Weiteres Rationalisierungspotenzial
sei aber nur noch begrenzt mobilisierbar, so dass man jetzt darüber
diskutieren müsse, die hohen Fixkosten durch eine Anhebung der Grundpreise »gebührend« zu
berücksichtigen. Bei einem Verbrauchsrückgang von 5 Prozent müsste
bei einer rein mengenmäßigen Orientierung des Wasserpreises die
Kubikmeter-Gebühr ebenfalls um 5 Prozent ansteigen – alternativ
müsste man die niedrigen Grundpreise aber um 15 Prozent anheben. Das
sei aber politisch nur schwer vermittelbar, so die Einschätzung von
BECKEREIT.
Trotzdem
solle man in der Langfristperspektive eine Tarifstruktur anstreben,
in der sich der Wasserpreis folgendermaßen zusammensetze: Eine Grundgebühr
solle 50 Prozent der Kosten auffangen, die anderen 50 Prozent sollten über
den Mengenpreis hereingewirtschaftet werden. Dieser „Ideallösung“ könne
man sich aber nur in kleinen Schritten nähern. Zwar habe man „theoretisch
und rechtlich einen großen Spielraum bei der Anhebung von Grundpreisen“ – aber
die politische Sensibilität des Wasserpreises stelle für große
Schritte in Richtung hoher Grundpreise eine zu hohe Hürde vor Ort
dar. Gleichwohl könne man bei einem bundesweiten Tarifvergleich feststellen,
dass es heute schon ein breites Spektrum von Grundpreisanteilen in der
Wasserver- und Abwasserentsorgung gebe. Mancherorts sei man bereits bei
einem Grundpreisniveau
von deutlich über 30 Prozent angelangt. Generell sei die Parole „Je
mehr Grundpreis, desto besser!“ richtig, so das Fazit von BECKEREIT.
Wenn
Quimonda und Opel schließen …
… dann
fehlen auch den Wasserwerken und Abwasserbetrieben die „systemstabilisierenden
Großbetriebe“: „Ohne Quimonda habe ich ein ernsthaftes Problem“,
so GUNDA RÖSTEL vom Abwasserbetrieb in Dresden auf der WAT2009 im Hinblick
auf das Abwasseraufkommen in Dresden – dies gelte weniger hinsichtlich
des Anlagenbetriebes als vielmehr in Bezug auf die Kostenstruktur: Beim Wegbrechen
von Großverbrauchern müssten die hohen Fixkosten plötzlich
auf weniger Kubikmeter umgelegt werden. Ein starker Anstieg von Wasserbezugskosten
könnte es für verbleibende Großverbraucher attraktiv machen,
eigene Brunnen niederzubringen. Dies würde wiederum die Kubikmeterkosten
für die verbleibenden Kunden noch weiter in die Höhe treiben. Man
solle daher im Interesse der Haushaltskunden bemüht sein, die Industriekunden
davon abzuhalten, eigene Brunnen zu nutzen.
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Geringe
Rohrnetzverluste als
betriebswirtschaftlicher Nachteil?
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Im Vergleich zu Frankreich oder England/Wales sind die Rohrnetzverluste
in Deutschland mit durchschnittlich acht Prozent außerordentlich
gering. Im Zusammenhang mit der Debatte über eine kostengerechte
Wassertarifstruktur kam auf der WASSER BERLIN 2009 aber öfters die
Frage auf, ob sich geringe Rohrnetzverluste für die deutsche Wasserwirtschaft
mehr und mehr als betriebswirtschaftlicher Nachteil darstellen würden.
Denn
bei den rein kubikmeterbezogenen europäischen Wasserpreisvergleichen
würden regelmäßig unterschiedliche Rohrnetzverlustraten
ignoriert. Das sei für die deutsche Wasserwirtschaft misslich,
da die Rohrnetzpflege außerordentlich kostenträchtig sei.
Vordergründig
deutlich preisgünstiger wäre es, einfach höhere Rohrnetzverluste
in Kauf zu nehmen. „Soll man auch hierzulande die Rohrnetzpflege
zurückfahren, um Kosten zu sparen?“
Dieser
rhetorisch gemeinten Frage eines Wasserwerkers wurde entgegen gehalten,
dass Netze mit
hohen Verlustraten auch störanfällig seien – und
damit eine sinkende Versorgungssicherheit zur Folge hätten.
Zudem könne
im maroden Netz der erforderliche Druck nicht mehr aufrecht erhalten
werden. Hochhausbewohner in den oberen Stockwerken bekämen dann
Probleme. Ferner wurde argumentiert, dass die Kosten für eine
Instandsetzung maroder Netze auf kommende Generationen verschoben
würden, weil
das verrottende Netz irgendwann am Ende sei. Eingewandt wurde außerdem,
dass eine hohe Leckagerate auch ein hygienisches Problem sei: Bei
Druckschwankungen und bei Strömungsumkehr im Netz könnten
durch defekte Rohrleitungen im Untergrund krankmachende Mikroorganismen
ins Netz gesaugt werden.
Auch wenn sich die Gilde der Wasserwerker einig war, dass es sinnvoll
sei, den
hohen Standard der Rohrnetzpflege in Deutschland zu wahren, wurde
allseits ein immer höherer Kostendruck konstatiert. Deshalb
arbeite die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW)
derzeit an einem
Leitfaden,
wie man die Rohrnetzinstandhaltung möglichst kosteneffizient
praktizieren könne.
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Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
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