Rückblick:
Eindringlich warnten Vertreter des Bundesverbandes der deutschen Industrie
(BDI) und anderer Wirtschaftsverbände auf einer dreitägigen
Anhörung in Berlin vom 17. bis 19. Juni 2008 vor einer drohenden
Katastrophe. Die deregulierten Finanzmärkte hätten das Potenzial,
die Realwirtschaft in die größte Krise seit dem zweiten
Weltkrieg zu stürzen. Die Investitionssicherheit der deutschen
Wirtschaft sei in höchster Gefahr. Die Kurzfristdenke von bonigefütterten
Managern unter dem Diktat von Investmentbankern drohe eine unübersehbare
Zahl von deutschen Firmen in den Ruin zu treiben.
Alles
Fiktion! Selbstverständlich warnten die BDI-Vertreter keineswegs
vor einem außer Rand und Band geratenen Finanzkapitalismus. Den
drohenden Niedergang des Industriestandortes Deutschland malten die
Wirtschafts-Sachverständigen auf der Berliner Anhörung
in schwärzesten Farben wegen des geplanten Umweltgesetzbuches
(UGB) an die Wand (siehe RUNDBR. 894/2-3).
Weder auf der Berliner UGB-Anhörung
noch bei anderer Gelegenheit haben die „Experten“ des
BDI und der sonstigen Wirtschaftskreise auch nur mit einer Silbe vor
einer
Systemkrise gewarnt, die demnächst in Deutschland aller Voraussicht
nach Millionen Menschen arbeitslos machen und Milliarden Steuergelder
vernichten wird.
In
grotesker Fehlbewertung wurde demgegenüber
das Umweltgesetzbuch zu einer schwerwiegenden Gefährdung der
Investitionssicherheit in Deutschland hochstilisiert. Eine beeindruckende
Propagandamaschinerie
hatten der BDI und andere Wirtschaftskreise aufgefahren, um das vermeintlich
existenzgefährdende UGB zu Fall zu bringen – während
sich die tatsächliche Existenzgefährdung zahlloser Betriebe
in Deutschland und weltweit durch die Exzesse in den liberalisierten
Finanzmärkten an-bahnte. In den Reihen der bayerischen CSU hatte
die Wirtschaftslobby eine willfährige Hilfstruppe gefunden,
die das Umweltgesetzbuch irrational, aber erfolgreich torpedierte
(s. Rundbrief 910/1).
Über
mindestens zehn Jahre war mit einem enormen Aufwand an Zeit,
Manpower und Geld (siehe Kasten) daran gearbeitet worden, die auf
verschiedene Einzelgesetze verteilte Umweltgesetzgebung in einem
Gesetzbuch zu vereinheitlichen.
Dies alles zu Makulatur werden zu lassen, reicht der CSU aber immer noch
nicht. Jetzt soll nach dem Untergang des epochalen Umweltgesetzbuches
auch noch das Rettungsboot versenkt werden – nämlich
die Übernahme
unstrittig erscheinender Passagen aus dem UGB-Entwurf in die Novellen zum
Wasserhaushalts- und zum Naturschutzgesetz .
-ng-
Gescheitertes Umweltgesetzbuch kostet
Steuerzahler mindestens 1,2 Millionen Euro
Allein
in den Jahren 2006 bis 2008 wurden seitens der beteiligten
Ministerien über 1,2 Millionen Euro Steuergelder in die
Erarbeitung des Umweltgesetz-buches investiert. Die Mittel
wurden je zur Hälfte für Personal sowie für
Konferenzen und Gutachten ausgegeben. Bei den Personalausgaben
handelt es
sich sogar nur um eine untere Grenze, da belastbare Angaben
zur Mitwirkung weiterer Mitarbeiter des BMU und anderer Bundesbehörden
in der Kürze der Zeit nicht realisierbar waren. Die tatsächlichen
Kosten dürften also weit über dem angegeben Betrag
liegen. Über die – dank BDI und CSU - in den Sand
gesetzten Sach- und Personalausgaben berichtete am 13.02.09
ULRIKE FLACH, Obfrau der FDP-Fraktion im Haushaltsausschuss
des Deutschen Bundestages. [Wenn man
noch die immense Arbeitszeit und die Reisekosten der an der
UGB-Diskussion beteiligten Verbände
hinzurechnen würde, ließe sich leicht noch eine
vielfach höhere Summe errechnen; Anm. BBU.].
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