aktualisiert:
25. Januar 2010
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief,
8.1.2010
Darf
und kann man Abwasserverbänden
Kleinkläranlagen anvertrauen?
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Die
meisten Kleinkläranlagen haben immer noch lausig schlechte Reinigungsgrade.
Dies rührt zum einen daher, dass sie in vielen Fällen keine
biologische Reinigungsstufe haben. Zum anderen fehlen vielen Betreibern
bei der Wartung der Anlagen das Engagement und das Verantwortungsbewusstsein,
das die „Nutzwasser-Enthusiasten“ an den Tag legen.
NIKOLAUS
GEILER vom Ak Wasser im BBU hat deshalb in seinem Diskussionsvorschlag „Dezentralisierung
und kreislauforientierte Abwasserentsorgung – eine Perspektive
für die ostdeutsche Wasserwirtschaft?“ (s.
RUNDBR. 912/3) den Vorschlag unterbreitet,
Bau und Betrieb von Kleinkläranlagen
in die Regie von Abwasserverbänden zu übergeben. Wenn die
Abwässerverbände mit ihrem Know how in einem „Rund-um-Sorglos-Paket“ Bauüberwachung,
Wartung und Kontrolle übernehmen, sei eher gewährleistet,
dass die Kleinkläranlagen mit exzellenten Reinigungsgraden glänzen
könnten (s. auch RUNDBR. 877/1).
Gegen diesen Vorschlag wurde zwischenzeitlich in der ostdeutschen
Abwasserszene massiver Protest
formuliert - beispielsweise heißt es in einer Stellungnahme
aus Brandenburg:
„Mit
der Behauptung, dass die Restbelastung (der Natur!?) aus Kleinkläranlagen
größer ist als aus zentralen Kläranlagen erzählen
Sie eine Geschichte, die von der Wassermafia als für ganz
Deutschland geltend verbreitet wird und mir scheint, dass selbst
Herr GEILER
dieses Märchen glaubt. Tatsache ist, dass die Belastung
aus Kleinkläranlagen
immer nur behauptet, nie bewiesen wird.“
Der
Verweis auf die schlechte Reinigungsleistung vieler Hauskläranlagen
wird in einer weiteren Stellungnahme als „unhaltbare
und unverantwortliche Falschaussage“ gebrandmarkt. Eingewandt
wurde ferner, dass mit der Mär von der schlechten Reinigungswirkung
vieler Kleinkläranlagen „erneut
ein Klischee der Aufgabenträger“ (also der Abwasser-zweckverbände)
bedient würde,
„die
- wenn sie schon nicht kanalisieren können - trotzdem die
Kontrolle über
alles sog. Abwasser ausüben wollen. Natürlich geht
es denen nicht um die Natur, sondern allein um die 'weitere
Verbesserung ihrer Einnahmesituation’. Dafür haben
sie das 'Know how’ und
entwickeln es immer weiter.“
Der
Vorschlag, Bau und Betrieb von Kleinkläranlagen gfs. der Regie
von Abwasserzweckverbänden zu übergeben, sei „eine
Anbiederung an die Strukturen der Macht“.
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Abwasserverbände
denken
zentral und planen teuer
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Misstrauen
gegenüber der Fähigkeit der ostdeutschen Abwasserzweckverbände
zur Planung dezentraler Entsorgungs- bzw. Verwertungskonzepte formulierte
auch Prof. Dr.-Ing. HELMUT LÖFFLER auf dem 54. Treffen sächsischer
Abwasserinitiativen am 2. Dezember 2009 in Dresden (s.
RUNDBR. 933/1).
In
Sachsen sind die Aufgabenträger (also abwasserbeseitigungspflichtige
Kommunen bzw. Zweckverbände) von der Dresdener Landesregierung
inzwischen angewiesen worden, Gemeindeareale auszuweisen, die für
eine zentrale Abwasserentsorgung nicht mehr in Frage kommen. In
diesen Ortsteilen müssen Konzepte für eine dezentrale Abwasserreinigung
aufgestellt werden.
Prof.
LÖFFLER mit seiner inzwischen jahrzehntelangen
Erfahrung bei der Erstellung dezentraler Konzepte (s.
896/1-3) stellte in Frage, ob die Bürger
bei Planung, Bau und Betrieb tatsächlich
gut von den Zweckverbänden beraten würden. Bei ihren
Planungsaufgaben würden sich die Zweckverbände mangels
eigenen Know hows auf große Planungsbüros und französische
Umweltdienstleistungskonzerne verlassen. „Und die planen
teuer!“ Preisgünstige
Gruppenlösungen
kämen regelmäßig zu kurz. Und wenn Gruppenlösungen
berücksichtigt werden, würden sie unsinnig teuer konzipiert – insbesondere
weil die Kanäle im öffentlichen Straßenraum verbuddelt
würden. Und das sei ungleich teurer, als wenn man die Anschlussrohre
durch die Gartengrundstücke verlegen würde. Für
die preisgünstige Verlegung der Rohre über die Privatgrundstücke
müsse man aber mit den Betroffenen reden und ihnen erklären,
dass sie damit viel Geld sparen können. „Die Trasse
muss man aushandeln!“ Für die dazu notwendige Moderation
fehle den Verbänden jedoch jegliches Gespür. Fazit: „In
der Planung bleibt die vergleichsweise teure Einzelanlage übrig.“
Festgestellt
wurde in Dresden auch, dass einige „Aufgabenträger“ die
Erstellung von Abwasserbeseitigungskonzepten verschleppt hätten
(siehe nächste Notiz). Ein Ministeriumsvertreter auf dem
54. BI-Treffen: „Da
haben wir wenig Verständnis für.“
Das
Grundproblem scheint aber zu sein, dass es den Zweckverbänden und
den kommunalen Aufgabenträgern gleichermaßen am Wissen
wie am Willen fehlt, überhaupt
sinnvolle Konzepte zur dezentralen Abwasserreinigung erstellen
zu können. Immer noch befangen im zentralen Rohrdenken
sind die Zweckverbände mental einfach nicht darauf geeicht,
im Dialog mit den BürgerInnen optimale Kleinkäranlagenkonzepte
zu planen.
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Sachsen:
No-Go-Areas
für den zentralen Kanal
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Als erstes ostdeutsches
Bundesland hatte Sachsen mehr Freiraum für dezentrale Lösungen
bei der Abwasserreinigung eröffnet. Im so genannten „Paragraph-9-Erlass“ hatte
das sächsische Umweltministerium am 28.09.07 nach § 9
Sächsischem Wassergesetz Grundsätze für
die Abwasserbeseitigung im Freistaat Sachsen
für den Zeitraum 2007 bis 2015 formuliert.
Danach waren
die Aufgabenträger angewiesen, bis zum 30.06.08
in Abwasserbeseitigungskonzepten (ABK) die Gemeindeareale auszuweisen,
die für eine zentrale Abwasserentsorgung nicht mehr in Frage
kommen (s. RUNDBR. 896/1). Bis zum Nov. 09 hatten von 212 Aufgabenträgern
202 ihre Abwasserbeseitigungskonzepte vorgelegt.
Von
den Oberen Wasserbehörden waren bis zum Nov. 09 allerdings
erst 93 Konzepte bestätigt worden. 81 Konzepte mussten
wegen schwerwiegender Mängel zu Überarbeitung an
die Aufgabenträger
zurück
geschickt werden. Dass zehn Aufgabenträger noch gar
keine Konzepte vorgelegt haben, ist fatal: Staatliche Zuschüsse
für den Neubau bzw. die Aufrüstung von Kleinkläranlagen
gibt es nur dann, wenn der Aufgabenträger ein Konzept
vorzuweisen hat.
600.000 EinwohnerInnen
von 4,3 Mio. Einwohnern (E) verfügten
2006/2007 in Sachsen noch nicht über ordnungsgemäße
Abwasseranlagen. Für mehrere 100.000 Einwohner müssen
bis spätestens 2015 neue Kleinkläranlagen gebaut
oder vorhandene Hauskläranlagen auf den Stand der
Technik aufgerüstet
werden.
Zwar wird immer
wieder kolportiert, dass die »Fristsetzung
2015« den Vorgaben der EG-Wasserrahmen¬richtlinie
(WRRL) entsprechen würde. Die WRRL hat mit dem Kleinkläranlagenbau
aber fast nichts zu tun. Die WRRL bezieht sich auf die
EG-Kommunalabwasserrichtlinie,
die wiederum vorschreibt, dass Orte bzw. Ortsteile mit über
2.000 EinwohnerInnen bis spätestens 2005 hätten
kanalisiert sein müssen. Die Auseinandersetzungen
in Ostdeutschland betreffen aber größtenteils
Orte und Ortsteile mit deutlich unter 2.000 Einwohnern!
Tatsächlich
geht die »Fristsetzung
31.12.2015« auf die „Sächsische
Kleinkläranlagen-Verordnung“ vom
19. 06.07 zurück. Dass Kleineinleitungen bis
zum 31. 12.2015 dem Stand der Technik nach § 7a
Wasserhaushaltsgesetz (WHG) entsprechen müssen,
wird auch in entsprechenden Verordnungen der anderen
Bundesländer bestimmt. § 7a
WHG bestimmt wiederum in Abs. 3, dass bei Einleitungen,
die nicht dem Stand
der Technik entsprechen, die Länder sicherstellen
müssen, „dass
die erforderlichen Maßnahmen in angemessenen
Fristen durchgeführt
werden“.
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Dezentrale
Kläranlagen gucken gehen
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In
Sachsen greift das Umweltministerium die Idee zu preisgünstigen
Gruppenlösungen
beim Bau von Kleinkläranlagen zögerlich auf. Eingeladen wird
für das Frühjahr 2010 zu einer Tagung und zu Besichtigungen
von vorbildlichen Kleinkläranlagenstandorten:
-
28.01.2010, Tagung in Leipzig zu Gruppen-kläranlagen: „Eine
Lösung für mich/uns?“ (Teilnahmebeitrag: 25
Euro)
- 3.03.2010,
9 und 14 Uhr Exkursion zum Wasserzweckverband „Saale-Fuhne-Ziehte“
- 10.03.2010,
9 Uhr, Exkursion zum Abwasserzweckverband Leisnig
-
10.03.2010, 15 Uhr zum Bürgerverein Ökologische
Abwassersysteme Burkersdorf e.V.
Die
Teilnahme an den Exkursionen ist kostenlos. Weitere Auskunft zur Tagung
und zu den Exkursionen:
Bildungs-
und Demonstrationszentrum für
dezentrale Abwasserbehandlung – BDZ e.V.
An der Luppe 2
01478 L e i p z i g
E-Mail: info@bdz-abwasser.de
Internet: www.bdz-abwasser.de
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Bundesinstitut:
Das „Weiter so“
ist „unrealistisch“!
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Wenn
die ostdeutsche Provinz wegen des demographischen Wandels und der „Westdrift“ ausblutet,
dann stoßen zentrale Infrastruktursysteme an ihre Grenzen – technisch
und finanziell. Mit diesem Phänomen beschäftigte sich
2008 eine Fachtagung der Deutschen Gesellschaft für Demographie
(DGD) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raum-forschung
(BBSR). In dem jetzt im Internet veröffentlichten Tagungsbericht
wird auch kurz auf das ostdeutsche Abwasserdilemma hingewiesen:
„Weil
die Pro-Kopf-Kosten für den Unterhalt der Leitungssysteme
vieler technischer Infrastrukturen mit sinkender Flächendichte
exponentiell steigen, wird eine Anpassung dieser Strukturen an
die veränderte
Nachfrage immer dringlicher. Das Beispiel der Gewährleistung
der kommunalen Wasserver- und Abwasserentsorgung macht die kostentreibende
Wirkung rückläufiger Bevölkerungszahlen sehr anschaulich.
Zum einen steigen die spezifischen Pro-Kopf-Unterhaltskosten in
diesem Bereich direkt,
weil die nicht gestaltbaren Finanzierungslasten dieser Langfristinvestition
von immer weniger Einwohnern getragen werden müs-sen.
(…)
Selbst wenn man dieses System an den geringeren Bedarf anpassen
will, muss viel
Geld in die Hand genommen werden. Auch diese Kosten müssen
von den verbliebenen Gebühren- und Beitragszahlern aufgebracht
werden. Da die vorhandenen Anlagen zudem schneller als geplant
abgeschrieben
werden
müssen (soweit über Gebühren und Beiträge
noch nicht bezahlt), kommt es zu weiteren Verlusten in der Bilanz.
Die Alter-ative,
das überdimensionierte Abwassernetz aufrecht zu erhalten,
ist dagegen nicht wirklich realistisch.“
„Ländliche
Räume im demographischen Wandel“ war der Titel
der BMVBS/BBSR-Tagung. In der zu-ehörigen Online-Publikation
34/09 werden die Ergebnisse der Fachtagung zusammengefasst. Die
hier dokumentierten
Referate diskutieren grundlegende Trends der demografischen Entwicklung
ländlicher Räume
„und
beschäftigen sich mit
den unterschiedlichsten Facetten sozialräumlicher Herausforderungen,
die aus dem Bevölkerungsrückgang
und der forcierten demografischen Alterung resultieren, bis hin
zur Entwicklung geeigneter Anpassungsstrategien und neuer Politikkonzepte“.
Leider
werden die „neuen Politikkonzepte“ zum Ausweg
aus dem ostdeutschen Abwasser-Dilemma in dem Tagungsbericht nicht
weiter ausgeführt.
Down-load
der Publikation:
http://www.bbsr.bund.de/
- Veröffentlichungen
- BBSR-Online-Publikation
- 2009
- 34/2009
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Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
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