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27. Dezember 2010

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 12.12.2010

 

NASS: Abwasserverwertung statt
Abwasserbeseitigung

 

Die Begrifflichkeiten in der Abwassertechnik sind entlarvend. Da ist die Rede von „Abwasserbeseitigung“ und von „Nährstoffeliminierung“. Die Energie und die Nährstoffe, die im Abwasser enthalten sind, werden in der herrschenden Siedlungswasserwirtschaft mit hohem Energieeinsatz „eliminiert“, sozusagen vernichtet (s. RUNDBR. 452/1). Wer – wie wir - an der Sinnhaftigkeit dieses Modells zweifelte, wurde in den 80er und auch noch in den 90er Jah-ren als Phantast niedergemacht. Inzwischen hat aber selbst in der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) ein Umdenkprozess stattgefunden. Die DWA hat nämlich zur großen Umwelttechnikmesse IFAT in München im Sept. 2010 eine zwanzigseitige Broschüre über „Neuartige Sanitärsysteme“ (NASS) herausgegeben.

Das NASS-Konzept strebt eine Wiederverwendung von Abwasser an. Abwasserinhaltsstoffe (vor allem Nährstoffe wie Phosphor sowie organische Stoffe) sollen möglichst dezentral recycelt werden. Urin wird so idealerweise Dünger. Dazu wird an unterschiedlichen Techniken geknobelt – von der einfachen Komposttoilette bis hin zu komplexen Wiederaufbereitungssystemen für aufgetrennte Abwasserteilströme (Gelbwasser, Schwarzwasser und Grauwasser).

Das NASS-Konzept war über Jahre hinweg von einem DWA-Fachausschuss um den Weimarer Abwasserspezialisten, Prof. Dr.-Ing. JÖRG LONGDONG, herum erarbeitet worden. Mit der neuen NASS-Broschüre sollen die Neuartigen Sanitärsysteme in der immer noch skeptischen Fachwelt beworben werden. Um die Aufmerksamkeit der überwiegend konservativen Abwasserwerker zu wecken, wurde die Broschüre mit der sowohl leicht provokativen wie rhetorischen Frage „Brauchen wir in Deutschland neuartige Sanitärsysteme?“ übertitelt. Nächster Einsatzort zur Verbreitung der Broschüre wird die Terratec-Messe im Januar in Leipzig sein. Der Schwerpunkt der Terratec wird sich um die Einsatzmöglichkeiten von dezentralen Systemen in Osteuropa drehen.

An der Erstellung der NASS-Broschüre hat ganz am Rande auch der Ak Wasser im BBU mitgewirkt. Die Broschüre steht auf der Seite des von der GTZ getragenen Sustainable-Sanitation-Netzwerks („SuSana“) zum Herunterladen zur Verfügung:

http://www.susana.org/langen/library?view=ccbktypeitem&type=2&id=751

Als gedrucktes Exemplar kann die Broschüre bei der DWA bestellt werden:

http://dwa.de/dwa/shop/shop.nsf/Produktanzeige?openform&searchhitshow=
1&produktid=P-DWAA-89CBEG


NASS-Pilotstadtteil in Hamburg
 

In Hamburg soll 2011 der erste Großversuch zum Einbau „Neuartiger Sanitärsysteme“ in einer deutschen Großstadt starten. Wie der Berliner TAGESSPIEGEL in einem großen Übersichtsartikel über NASS am 24.11.10 meldete, soll ein Neubauviertel mit 700 Wohneinheiten im Stadtteil Wandsbek mit einem eigenen Abwassernetz ausgestattet werden.

Das Toilettenabwasser, das sogenannte Schwarzwasser, soll getrennt von den restlichen Abwässern zu einer Biogasanlage geführt werden. Um es möglichst wenig zu verdünnen, erhalten die Wohnungen Vakuumtoiletten, ähnlich jenen in Flugzeugen oder im ICE. Sie verbrauchen pro Spülung kaum einen Liter Wasser, fast zehnmal weniger als eine herkömmliche Spülung. Damit erreicht das Schwarzwasser eine „Dicke“, die eine Vergärung erst lohnend macht. Das im Reaktor der Biogasanlage entstehende Biogas will HamburgWasser in einem Blockheizkraftwerk einsetzen, das Warmwasser bereitet und einen Teil der Wohnungen beheizt. Zu-dem soll das Biogas Gaswärmepumpen antreiben. So soll der gesamte Wärmebedarf und – unterstützt von Solarzellen – die Hälfte des Strombedarfs der Siedlung gedeckt werden. Die Gärreste aus der Biogasanlage enthalten noch die Düngerstoffe Phosphor und Stickstoff. Deshalb soll das Gärsubstrat auf Felder gebracht werden. Das Wasser, das aus der Anlage kommt, wird allerdings nicht sauber genug sein, um es in die Natur zu entlassen. Es kommt in die Kanalisation und wird dann wie üblich in der Hamburger Großkläranlage endgereinigt.

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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