aktualisiert:
10. Juli 2010
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WasserInBürgerhand!
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BBU-Wasserrundbrief,
20.6.2010
Bankenrettungsfonds
oder
Rekomunalisierungsfonds?
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Im
Jahr 2007 hatte der Berliner Wassertisch erfolgreich die erste Stufe
zu einem Volksbegehren zur Offenlegung der Geheimverträge der
Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe über die Bühne
gebracht – Motto: „Schluss mit den Geheimver-trägen
- Wir Berliner wollen unser Wasser wieder zurück!“ (siehe
RUNDBR. 858/1). Jetzt startet die zweite Stufe: Ein höchst
ambitioniertes Vorhaben, bei dem über 170.000 BerlinerInnen für
die Offenlegung stimmen müssen. Ende Mai 2010 wurde bei der Landeswahlleitung
der Antrag eingereicht, so dass ab Ende Juni mit dem Sammeln der Stimmen
begonnen werden kann.
Der
Berliner Wassertisch – ein
Bündnis privatisierungskritischer Organisationen und BürgerInnen – geht
noch einen Schritt weiter und diskutiert derzeit die Einrichtung
eines Rekommunalisierungsfonds. Statt den angeblich systemrelevanten
Banken
das Geld in den Rachen zu schieben, sollte der Staat zu Gunsten der
finanziell ausgepowerten Kommunen einen Fonds zur Rekommunalisierung
dotieren. Der Wassertisch verweist darauf, dass die privaten Anteils“eigner“ an
den Berliner Wasserbetrieben – also REW und VEOLIA - ihre Beteiligung
in Höhe von 1,68 Mrd. € keineswegs aus eigenen Rücklagen
finanziert hätten.
„Im
Gegenteil: Sie haben nichts anders, geschweige denn besser gemacht,
als die verschuldete öffentliche Hand: Sie haben ihren Einstieg
fremd finanziert, haben „Kreditlinien“ aufgenommen und
ihre Schuldenlast vergrößert. Aus öffentlichen Schulden
wurden private Schulden, mit der Folge, dass die Kapitalbeschaffungskosten
genauso
in die Wassertarife einkalkuliert werden, wie wenn sich der Senat
weiter verschuldet hätte.“
Zur
Begründung der Idee „Rekommunalisierungsfonds statt Rettungsschirm“ verweist
der Wassertisch ferner darauf, dass die Banken billiges Geld bei
der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Leitzins von nur einem
Prozent ausleihen. Im letzten Jahr hätten sich die Banken bei
der EZB zu diesen günstigen Konditionen 442 Mrd. € beschafft.
Angesichts dieser Relationen erscheint es dem Wassertisch
„dringend
geboten, vor allem den Kommunen den Zugang zu zinsgünstigen
Mitteln der EZB mit einem entsprechend großzügigem
Zeitfenster für die Rückzahlung (Tender) zu eröffnen.
Dieser Zugang zu 'billigem’ Geld ließe sich
koppeln an einen öffentlichen
Aufgabenkatalog, wie den der Rekommunalisierung.“
Mittels
eines speziellen Rekommunalisierungsfonds könnte beispielsweise
die öffentlich-rechtliche Investitionsbank in Berlin in
die Lage versetzt werden, RWE und VEOLIA den Betrag auszuzahlen,
den sie 1999
für ihren Einstieg ins Berliner Wassergeschäft eingezahlt
haben: 1,68 Mrd. €.
„Sollten
die Wasser-'Partner’ höhere Ansprüche erheben,
dann wären diese bereits mit den eingefahrenen Gewinnen
in den zurückliegenden
Jahren der Beteiligung verrechnet. Sollten sie ablehnen,
dann wäre
der Gesetzgeber aufgefordert, eine Enteignung in die Wege
zu leiten“,
schreibt
THOMAS RUDEK vom Berliner Wassertisch in seinem Vorschlag.
Diese
Ideen und andere werden beim „Berliner Wassertisch“ jeden
ersten Dienstag im Monat ab 19 Uhr diskutiert. Die Bürgerinitiative
trifft sich in den Räumen des Theaters „Berliner Compagnie“ in
der Muskauer Str. 20A (Kreuzberg). Interessierte sind herzlich willkommen.
Weitere
Auskunft:
Thomas Rudek, Sprecher des Wasser-Volksbegehrens
Tel.: 030 / 261 33 89
E-Mail: ThRudek@gmx.de
Internet: www.berliner-wassertisch.net
Die
trübe Geschichte
der 1999 erfolgten Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe
kann chronologisch in den BBU-WASSER-RUNDBR.
Nr. 425/S.1, 513/1-3, 521/1-2, 527/2, 529/1-2 und 534/2 nachgelesen
werden. |
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„Wir
Berliner wollen
unser Wasser zurück!“
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Die erste Stufe
des Volksbegehrens konnte der Berliner Wassertisch im Frühjahr
2008 erfolgreich abschließen. Danach wollte der Senat die
Fortsetzung verbieten lassen, scheiterte aber vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof
kläglich. Anschließend hatte das Abgeordnetenhaus von
Berlin vier Monate Zeit, Stellung zu nehmen. Das Abgeordnetenhaus
lehnte es jedoch ab, die Verträge zur Teilprivatisierung der
Berliner Wasserbetriebe durch das vom Wassertisch vorgeschlagene „Volksgesetz“ offen
zu legen und damit die Forderungen des Volksbegehrens „Schluss
mit den Geheimverträgen - wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ umzusetzen.
Statt den Gesetzestext
des Volksbegehrens aufzugreifen, will das Abgeordnetenhaus das InformationsfreiheitsgeInformationsfreiheitsgesetz „erneuern“.
Eine vollständige Offenlegung aller Geheimverträge werde
dadurch jedoch nicht erreicht. Vielmehr
werde den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen immer noch ein
viel zu hoher Stellenwert eingeräumt. Die Renditegarantie für
die privaten Anteilseigner der Wasserbetriebe – und damit die
viel zu hohen Wasserpreise in Berlin – blieben unangetastet.
Für die 1.
Stufe des Volksbegehrens hat der Berliner Wassertisch mit knapp 7000
Euro über 36.000 gültige Unterschriften
in 6 Monaten gesammelt. Von diesem Budget sind nur Sachausgaben
finanziert worden! Für die 2. Stufe (Juli – Oktober 2010)
müssen
170.000 gültige Unterschriften in 4 Monaten gesammelt werden.
Wer dieses ehrgeizige
Vorhaben unterstützen will, kann Spenden
auf das gemeinnützige Sonderkonto bei der Grünen
Liga Berlin unter dem Kennwort „Volksbegehren Unser Wasser“ überweisen:
Kontoinhaber:
Grüne Liga Berlin
Kontonummer: 3060508
Bank für Sozialwirtschaft, BLZ: 100 205 00
Kennwort: Volksbegehren Unser Wasser
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Wann
darf man Privatisierungs-
verträge einsehen?
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Das Abgeordnetenhaus
von Berlin hat es abgelehnt, die Offenlegung der Verträge
zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe gesetzlich festzuschreiben
und damit die Forderungen des Volksbegehrens „Schluss mit
den Geheimverträgen - wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ umzusetzen.
Anstatt einer
vollumfänglichen Offenlegung der Geheimverträge
wollten die Berliner Koalitionsfraktionen SPD und Linkspartei
den Betreibern des Volksbegehrens mit einer Novellierung des
Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) entgegenkommen. Nach dem Gesetzentwurf
soll es in Zukunft
ein Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft bei Privatisierungsverträgen
in bestimmten Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge
geben. Eine Akteneinsicht soll allerdings nur dann möglich
sein, sofern dadurch nicht Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
tangiert würden. Als
weitere Restriktion sieht der Gesetzentwurf vor, dass dem privaten
Vertragspartner
durch die Offenlegung
nicht ein wesentlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen dürfe.
Trotz dieser
Einschränkungen würde es mit dem Gesetzentwurf
in Zukunft erheblich schwieriger, in Berlin Neuverträge über
(Teil-) Privatisierungen im Bereich der öffentlichen
Daseinsvorsorge geheim abzuschließen.
Im Hinblick
auf Altverträge – und
damit auch hinsichtlich des geheimen Konsortialvertrags
zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) – werden
die vorgesehenen Regelungen zu Altverträgen allerdings
als „völlig
unzureichend“ eingestuft. Denn für Altverträge,
die vor Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen wurden,
ist lediglich vorgesehen, dass im Falle eines Antrags auf
Akteneinsicht
oder
Aktenauskunft der privaten Vertragspartner zu Nachverhandlungen
aufzurufen sei. Sollten diese nicht binnen drei Monate
erfolgreich sein, so hat die öffentliche Stelle eine
Abwägung
zu treffen zwischen Geheimhaltungsinteresse und Informationsinteresse,
wobei letzteres erheblich überwiegen muss, um eine
Veröffentlichung
der Verträge zu rechtfertigen. Damit würden „die
Geheimhaltungsinteressen der privaten Anteilseigner viel
zu stark betont“, kritisieren skeptische SPD-Kreise – und
weiter:
„Die BWB
haben ein natürliches Monopol, das Wettbewerb im Bereich
der Wasserversorgung ausschließt. Allein deswegen
erscheinen Wettbewerbsnachteile durch Offenlegung angeblicher
Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse ausgeschlossen. Und zum anderen
werden Bürgerinnen und Bürger, die einen Antrag
auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft stellen, letztendlich
auf den Klageweg vor dem
Verwaltungsgericht verwiesen. Dieser ist langwierig und
mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden. Dieses
Risiko sollten aber
eher die privaten Anteilseigner als einfache Bürgerinnen
und Bürger tragen, die ein Interesse an bezahlbaren
Wassertarifen und einer öffentlichen Daseinsvorsorge
mit stärkerer
demokratischer Legitimation und Kontrolle haben!“
Die Berliner
Jusos monieren deshalb, dass mit dem unzureichenden Gesetzentwurf
die Forderungen, die die SPD Berlin auf
ihrem Landesparteitag am 10. Oktober 2009 mit großer Mehrheit beschlossen habe, „mit
dem neuen IFG nicht umgesetzt“ würden. Das Fazit
der Jusos:
„Wir unterstützen
daher weiterhin die Initiative des Berliner Wassertischs und rufen
dazu auf, die zweite Stufe des Volksbegehrens
zu unterschreiben!“
Über
was stimmen die BerlinerInnen ab?
Der
Gesetzestext des Volksbegehrens „Gesetz für
die vollständige Offenlegung von Geheimverträgen
zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe“ hat
folgenden Wortlaut:
§ 1
Offenlegungspflicht
1.
Alle Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden,
die im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung der Berliner
Wasserbetriebe stehen und zwischen dem Land Berlin und
den privaten Anteilseignern geschlossen worden sind, sind
gemäß § 2
dieses Gesetzes vorbehaltlos offen zu legen. Satz 1
wie die folgenden Rechtsvorschriften gelten auch für
zukünftige
Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden.
2. Von der Offenlegung ausgenommen sind personenspezifische
Daten natürlicher Personen.
3. Das Vorliegen des Ausnahmevorbehalts des Absatzes
2 wird vom Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit
festgestellt. Er ist berechtigt, die entsprechenden Daten
zu schwärzen.
§ 2
Bekanntmachungen
Die öffentliche
Bekanntmachung erfolgt unmittelbar nach Abschluss der Verträge,
Beschlüsse und Nebenabreden
im Amtsblatt für Berlin. Zusätzlich sind
die Dokumente des Satzes 1 auf dem Eingangsportal
des Beauftragten für
Datenschutz und Informationsfreiheit der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen. Satz 1 und 2 gelten für
bereits abgeschlossene Verträge, Beschlüsse
und Nebenabreden entsprechend.
§
3 Zustimmungs- und Prüfungspflicht
Alle
Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden gemäß § 1
dieses Gesetzes sowie Änderungen bereits
bestehender Verträge, die den Haushalt Berlins
auch hinsichtlich möglicher zukünftiger
Folgen im weitestgehenden Sinne berühren
könnten, bedürfen
der Zustimmung des Abgeordnetenhauses von Berlin.
Bestehende Verträge, Beschlüsse und
Nebenabreden bedürfen einer eingehenden, öffentlichen
Prüfung
und öffentlichen Aussprache durch das Abgeordnetenhaus
unter Hinzuziehung von unabhängigen Sachverständigen.
Für die Prüfung der Verträge ist
dem Abgeordnetenhaus eine Frist von mindestens sechs Monaten einzuräumen.
§ 4
Unwirksamkeit
Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden, die nicht
im Sinne dieses Gesetzes abgeschlossen und offen gelegt wurden,
sind unwirksam. Bestehende Verträge
sind unwirksam, wenn sie innerhalb von einem
Jahr
nach Inkrafttreten
dieses Gesetzes nicht offen gelegt werden.
§ 5
Inkrafttreten
Dieses
Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung im Gesetz-
und Verordnungsblatt für Berlin
in Kraft.
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Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
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