Das
rabiate Vorgehen der Kartellbehörden gegen hochpreisige
Wasserversorger in Hessen (s. RUNDBR.
940/1-3, 921/1-2, 918/3, 912/4, 905/1-3) hat jetzt
dazu geführt, dass die seit Jahren vorgesehene Gründung
einer formal privaten Abwasser GmbH in Bremen letztlich doch unterbleibt.
Die
Abwasser GmbH wollte der Bremer Senat aus der Taufe heben,
um den Widerspruch von privat geführtem operativen
Kanal- und Kläranlagenbetrieb einerseits und hoheitlicher
Erhebung der Abwassergebühren andererseits aufzuheben:
Seit
dem die Abwasserentsorgung in Bremen in die Hände
eines privaten Dritten ausgesourct worden ist, muss der
private Abwasserentsorger – die „hansewasser“ -
Mehrwertsteuer abführen. Da die Abwassergebühren aber
weiterhin von der Stadt Bremen erhoben werden, kann auf
den Gebührenbescheiden die Mehrwertsteuer nicht ausgewiesen
werden. Industrie, Gewerbe und Freiberufler in Bremen können
damit im Hinblick auf ihre Abwasserrechnung keinen Vorsteuerabzug geltend
machen. Um die Wirtschaft in Bremen zu fördern, hätte
in Bremen auch die bislang hoheitliche Erhebung der Abwassergebühren privatisiert
werden sollen. Hierzu war die Gründung einer formal
privaten Abwasser GmbH in 100 Prozent Besitz der Stadt Bremen vorgesehen. Auch
wenn es sich dabei „nur“ um eine formale Privatisierung
gehandelt hätte, würde durch den Wechsel von
Abwassergebühren
zu Abwasserpreisen die Preisfestsetzung der Kontrolle der
Kartellbehörden unterworfen.
Aber
nachdem die hessische Kartellbehörde gegenüber
dortigen Wasserversorgern Preissenkungsverfügungen bis
zu 40 Prozent ausgesprochen hatte, waren in Bremen größte
Bedenken gegenüber dem Umstieg auf privatrechtliche
Abwasserpreise aufgekommen. Verlangt wurde seitens der SPD
und der GRÜNEN in Bremen, dass bei einer möglichen
Preissenkungsverfügung die daraus resultierenden Defizite
beim Betrieb von Kanälen und Kläranlagen in Bremen
von der hansewasser zu übernehmen seien. Die hansewasser lehnte
die Übernahme dieses Restrisikos jedoch ab.
Lt.
WESERKURIER vom 27.10.10 wäre „die letzte Chance“ für
die Abwasser GmbH gewesen, wenn die Kartellbehörden verbindlich
zugesichert hätten, nicht gegen die Abwasserpreise
in Bremen zu ermitteln. Einen derartigen Persilschein wollten
die Kartellbehörden jedoch nicht ausstellen.
Hanseatische
Abwasserprivatisierung:
Vorsteuerabzugsbegeisterte und andere
Die
Plenarsitzung der Bürgerschaft
in Bremen zur finalen Entscheidungsfindung über die „Abwasser GmbH“ fand am 09.11.10 statt.
Den
Abgeordneten lag die Bremer IHK in den Ohren:
Die Wirtschaftkammer hatte die Abgeordneten „eindringlich“ aufgefordert, endlich
die Abwasser GmbH in trockene Tücher zu
bringen. Bei diesem Wunsch konnte die Handelskammer
auf die Unterstützung von Bremens CDU rechnen.
Diese hatte sich mahnend an den Regierenden
Bürgermeister des Stadtstaates Bremen gewandt:
JENS BÖHRNSEN (SPD) dürfe nicht länger
tatenlos zusehen, wie sein rot-grünes Bündnis„ die
Betriebe hängen“ lasse. Die Wirtschaftsfeindlichkeit von
Rot-Grün müsse „ein Ende haben“, so der
CDU-Fraktionsvorsitzende. Das Projekt platzen zu lassen, sei „verheerend“.
Gegen
die Privatisierungsabsichten hatten Umwelt-
und Verbraucherschutzverbände sowie die
Allianz öffentliche Wasserwirtschaft und
weitere Privatisierungsskeptiker größte
Bedenken formuliert. Insbesondere war befürchtet worden,
dass Bremen mit seinen Privatisierungsabsichten einen
bundesweiten Flächenbrand hätte auslösen
können. All diese Bedenken hatte der Senat
als gegenstandslos verworfen. Ironie der Geschichte
war jetzt, dass ausgerechnet die Parforcejagd
der hessischen Kartellbehörde die Privatisierungspläne in
Bremen zu Fall gebracht hat. (Auch der Ak Wasser
im BBU hatte in Personalunion mit „Wasser
in Bürgerhand“ auf einer Anhörung des Bremer Senats von dem Vorhaben abgeraten.)
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