Normalerweise
vergeben größere Kommunen die Konzessionen zur Wasserversorgung
an ihre Stadtwerke. Der EU-Kommission ist dieser „Automatismus“ seit
Jahren ein Dorn im Auge. Der Privilegierung der Stadtwerke müsse
ein Ende bereitet werden. Wenn befristete Wasserversorgungs-Konzessionen
auslaufen, müsse jedes Unternehmen das Recht haben, sich um die
Konzession zu bemühen.
Am
18. Mai 2010 hat das EU-Parlament dieses Ansinnen der Kommission mit
großer Mehrheit abgelehnt. Abgestimmt
wurde über den „Rühle-Bericht“, der sich gegen
eine EU-weite Ausschreibungsverpflichtung für Wasserversorgungs-Konzessionen
gewandt hatte. Benannt war das Papier nach der grünen
EU-Parlamentsabgeordneten HEIDE RÜHLE. Die grüne EU-Parlamentarierin
war Berichterstatterin im Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments.
Auf
der Mitgliederversammlung der Allianz öffentliche Wasserwirtschaft
(AöW) hatte Heide Rühle ihren Bericht vorgestellt und
hervorgehoben, dass die „Schubladenpläne“ der
Kommission trotz der ablehnenden Haltung des EU-Parlaments weiterhin
darauf hinauslaufen
würden, Dienstleistungskonzessionen wie normale Vergaben zu
regeln, mithin einer EU-weiten Ausschreibungsverpflichtung zu unterwerfen.
Auf der AöW-Mitgliederversammlung erklärte HEIDE RÜHLE
aber auch, dass ihr Bericht als eine „starke Selbstkritik
am europäischen Gesetzgeber“ zu verstehen sei:
Die
zahlreichen Richtlinien zu Vergabeverfahren würden mittlerweile
unübersehbare
Disharmonien aufweisen. Und die unterschiedliche nationale Umsetzung
dieser Richtlinien habe „zu einer weiteren Fragmentierung“ geführt.
Das Vergabe- und Ausschreibungswesen sei inzwischen „von
ganz viel soft log über interpretierende Mitteilungen der
EU-Kommission geprägt“. In ihrem Bericht würde
die Kommission aufgefordert, die aus diesem Chaos resultierenden
Fehlleistungen
zu korrigieren.
Zudem kritisierte die EU-Parlamentarierin die mangelnde Transparenz
in der Kommission: „Niemand weiß, wer die Fäden
führt – es
gibt keine klare Koordination.“ An die Mitglieder der
AöW
wandte sich Rühle mit dem Appell:
„Wenden
Sie sich an das Parlament – vor allem nach dem Lissabon-Vertrag – und
nicht nur an die Bundesregierung, die nicht in jedem Fall die
richtigen Fragen und Antworten in Beschwerdeverfahren stellt.“
In
die von der Bundesregierung offen gelassenen Erklärungslücken
könne dann die Kommission „reinstoßen“.
Viele Mitglieder des EU-Parlaments hätten einen besseren
Zugang zu den zuständigen EU-Kommissaren als die Bundesregierung. Über
diesen Weg könne im Vorfeld von kritischen Entscheidungen
einiges abgebogen werden, zeigte sich HEIDE RÜHLE überzeugt.