Auf
der diesjährigen „Weltleitmesse“ für die gesamte
Wasser- und Abwasserbranche, der IFAT Entsorga 2012, in den Münchener
Messehallen dominierte wieder Technik, Technik, Technik. Zehntausende
Messebesucher scharten sich Anfang Mai 2012 täglich um Pumpen,
Rohre und Klärschlammpressen.
Zu
einer Diskussionsrunde um die Preis- und Gebührengestaltung in
der Wasserver- und Abwasserentsorgung verirrten sich am 8. Mai gerade
mal 50 ZuhörerInnen. Geladen hatte
der Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE), der
ausdrücklich
für eine Privatisierung von Wasser- und Abwasser-Dienstleistungen
eintritt.
Für
das Aufreißerreferat zur Podiumsdiskussion
hatte der BDE Herrn Prof. Dr. jur., Dr. rer. pol., Dr. h.c. FRANZ
JÜRGEN
SÄCKER vom Institut für deutsches und europäisches
Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Regulierungsrecht der FU Berlin
gewonnen. Der Wirtschaftsjurist warnte „vor einer Überforderung
des Staates“, wenn „der Staat“ Stromnetze und
die Wasserversorgung wieder rekommunalisieren würde.
Der
Sprecher des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) machte darauf
aufmerksam,
dass „nicht der
Staat“ rekommunalisieren würde, sondern die Kommunen
bemüht
seien, im Interesse ihrer Bürger und im Rahmen ihrer kommunalen
Selbstverwaltung und Selbstverantwortung die Leistungen der
Daseinsvorsorge wieder in die eigene Hand zu nehmen.
SÄCKER
nahm vor allem Anstoß an
einer „simulierten Rekommunalisierung“, die nur
dazu diene, „Extraprofiten
in der Wasserversorgung abzusichern“. Der Professor spielte
damit darauf an, dass hessische Kommunen, die unter dem Damoklesschwert
von Preissenkungsverfügungen der dortigen Kartellbehörde
stehen, ihre formell als GmbH oder als AG privatisierten Wasserbetriebe
wieder formell rekommunalisieren würden. Damit bliebe
alles beim Alten – nur die formelle Hülle würde
gewechselt, so das Verdikt des renommierten Wirtschaftsjuristen.
Wenn schon
Rekommunalisierung,
dann eine „ehrliche Rekommunalisierung“, war die
Prämisse
von SÄCKER. „Die Flucht der großen Wasserversorger
in den kommunalen Eigenbetrieb“ müsse auf jeden
Fall kritisch hinterfragt werden – am besten solle man
diese „missbräuchliche
Rekommunalisierung“ verhindern. Und wenn formell privatisierte
Wasserunternehmen mit diesem Trick vom Preis- ins Gebührenregime
wechseln würden, wäre es nur recht und billig, wenn
dann die Gebühren weiterhin der Kartellaufsicht unterworfen
würden.
Die eigentlich für die Gebührenkontrolle zuständige
Kommunalaufsicht stufte der Wirtschaftsprofessor als „einen
zahnlosen Tiger“ ein.
Allerdings hätten auch die meisten Länderkartellbehörden
bislang keinen besonderen Ehrgeiz bei der Kontrolle der Wasserpreise
gezeigt, bedauerte der Wirtschaftsjurist.
Der
für seine
privatisierungsfreundlichen Ansichten bekannte Moderator der
Diskussionsrunde, Prof. Dr. Dr.
h.c. KARL-ULRICH RUDOLPH merkte hierzu an, dass das äußerst
lasche Vorgehen der Kommunalaufsicht die bislang zögerlichen
Landeskartellbehörden
vielleicht doch zu einem schärferen Einschreiten mobilisieren
könnte.