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aktualisiert:
17. Juli 2012

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 9.62012

 

Statt simulierte Rekommunalisierung
– ehrliche Rekommunalisierung!


 

Auf der diesjährigen „Weltleitmesse“ für die gesamte Wasser- und Abwasserbranche, der IFAT Entsorga 2012, in den Münchener Messehallen dominierte wieder Technik, Technik, Technik. Zehntausende Messebesucher scharten sich Anfang Mai 2012 täglich um Pumpen, Rohre und Klärschlammpressen.

Zu einer Diskussionsrunde um die Preis- und Gebührengestaltung in der Wasserver- und Abwasserentsorgung verirrten sich am 8. Mai gerade mal 50 ZuhörerInnen. Geladen hatte der Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE), der ausdrücklich für eine Privatisierung von Wasser- und Abwasser-Dienstleistungen eintritt.

Für das Aufreißerreferat zur Podiumsdiskussion hatte der BDE Herrn Prof. Dr. jur., Dr. rer. pol., Dr. h.c. FRANZ JÜRGEN SÄCKER vom Institut für deutsches und europäisches Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Regulierungsrecht der FU Berlin gewonnen. Der Wirtschaftsjurist warnte „vor einer Überforderung des Staates“, wenn „der Staat“ Stromnetze und die Wasserversorgung wieder rekommunalisieren würde.

Der Sprecher des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) machte darauf aufmerksam, dass „nicht der Staat“ rekommunalisieren würde, sondern die Kommunen bemüht seien, im Interesse ihrer Bürger und im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung und Selbstverantwortung die Leistungen der Daseinsvorsorge wieder in die eigene Hand zu nehmen.

SÄCKER nahm vor allem Anstoß an einer „simulierten Rekommunalisierung“, die nur dazu diene, „Extraprofiten in der Wasserversorgung abzusichern“. Der Professor spielte damit darauf an, dass hessische Kommunen, die unter dem Damoklesschwert von Preissenkungsverfügungen der dortigen Kartellbehörde stehen, ihre formell als GmbH oder als AG privatisierten Wasserbetriebe wieder formell rekommunalisieren würden. Damit bliebe alles beim Alten – nur die formelle Hülle würde gewechselt, so das Verdikt des renommierten Wirtschaftsjuristen. Wenn schon Rekommunalisierung, dann eine „ehrliche Rekommunalisierung“, war die Prämisse von SÄCKER. „Die Flucht der großen Wasserversorger in den kommunalen Eigenbetrieb“ müsse auf jeden Fall kritisch hinterfragt werden – am besten solle man diese „missbräuchliche Rekommunalisierung“ verhindern. Und wenn formell privatisierte Wasserunternehmen mit diesem Trick vom Preis- ins Gebührenregime wechseln würden, wäre es nur recht und billig, wenn dann die Gebühren weiterhin der Kartellaufsicht unterworfen würden. Die eigentlich für die Gebührenkontrolle zuständige Kommunalaufsicht stufte der Wirtschaftsprofessor als „einen zahnlosen Tiger“ ein. Allerdings hätten auch die meisten Länderkartellbehörden bislang keinen besonderen Ehrgeiz bei der Kontrolle der Wasserpreise gezeigt, bedauerte der Wirtschaftsjurist.

Der für seine privatisierungsfreundlichen Ansichten bekannte Moderator der Diskussionsrunde, Prof. Dr. Dr. h.c. KARL-ULRICH RUDOLPH merkte hierzu an, dass das äußerst lasche Vorgehen der Kommunalaufsicht die bislang zögerlichen Landeskartellbehörden vielleicht doch zu einem schärferen Einschreiten mobilisieren könnte.

„Keiner weiß, wo die Wassergebühren versacken“
 

Im weiteren Fortgang der Diskussionsrunde rief Dr. DIRK WAIDER von der Gelsenwasser AG („ein privat geführtes Unternehmen in kommunale Hand“) die von Bundestag und Bundesregierung gut geheißene Modernisierungsstrategie für die deutsche Wasserwirtschaft aus dem Jahr 2003 in Erinnerung und bedauerte [!], dass die damals diskutierte steuerliche Gleichbehandlung von privaten und öffentlich-rechtlichen Abwasserbetrieben „verschleppt“ worden sei. Kritisch sei ferner zu bewerten, dass das Benchmarking keine Breitenwirkung entfaltet habe: Nach wie vor würden sich viel zu wenig Wasser- und Abwasserbetriebe dem Leistungsvergleich unterwerfen. Immerhin stufte der Gelsenwasser-Mann die Forderung der Monopolokommission nach Regulierung der Wasserversorgung „als überzogen“ ein.

SÄCKER beharrte demgegenüber darauf, dass Monopole unbedingt einer wirksamen Gebühren- und Preisaufsicht bedürften. Er begründet die Notwendig einer scharfen Kontrolle mit dem Hinweis, dass das Niveau der Kostenfindung in kommunalen Wasserbetrieben erbärmlich schlecht sei – soll heißen, dass in den meisten kommunalen Wasserbetrieben niemand eine Ahnung habe, wofür die Gebühreneinnahmen eigentlich verbraten würden.

Diese Einschätzung provozierte im Publikum gleich eine Gegenrede: Eigenbetriebe würden im Gegensatz zu Regiebetrieben kaufmännisch geführt – insofern sei zumindest im Eigenbetrieb eine Kostenkontrolle gewährleistet.

SÄCKER betonte wiederum die seiner Ansicht nach mangelnde Kontrolle der Gebührenrechnung bei kommunalen Wasser- und Abwasserbetrieben. Der Rechtsschutz bei den Wassergebühren würde de facto nicht funktionieren. Dies sei schon daran ersichtlicht, dass es bislang nur sehr wenige Verwaltungsgerichtsverfahren wegen zu hoher Wasser- und Abwassergebühren gegeben habe.

Der VKU-Mann konterte mit dem Hinweis, dass die Fachliteratur zum Gebührenrecht in den letzten Jahren – u.a. auf Grund vieler Gebührenanfechtungen – massiv zugenommen habe.

WAIDER von GELSEN-WASSER vertrat die Auffassung, dass es beim Klein-Klein in der deutschen Wasserversorgungslandschaft an der Professionalität fehlen würde: „Wenn der Wasserwerks-Meister mal krank wird, ist Land unter.“

Sollten im Einzelfall tatsächlich zu kleine und zu wenig professionelle Strukturen vorliegen, dann wäre für den VKU-Vertreter die interkommunale Zusammenarbeit das Mittel der Wahl.

WAIDER wagte die Voraussage, dass neben der Gebühren- und Preishöhe künftig das Thema der Wasserqualität stärker in den Vordergrund der öffentlichen Debatte rücken werde – gemeint waren damit die Mikroverunreinigungen bzw. die Spurenstoffe, die teilweise bis ins aufbereitete Trinkwasser durchschlagen. Was WAIDER nicht sagte, aber vielleicht aufgrund der GELSENWASSER-Erfahrungen an der Ruhr gedacht haben mag: Die Aufrüstung der Kläranlagen und Wasserwerke zur Eliminierung von Mikroverunreinigungen wird einen weiteren Preis- bzw. Gebührenschub zur Folge haben.


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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