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11. Oktober 2013

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 15.9.2013

 

Legionellen in Warstein: Sieben Tage,
die die Abwasserwelt erschüttern

 

Seit Wochen läuft in Warstein die Suche nach der Quelle des bislang größten Legionellenausbruchs in Deutschland. Nachdem zunächst erfolglos die üblichen Verdächtigen – Großklimaanlagen und Rückkühlwerke – über Wochen hinweg erfolglos überprüft worden waren, brachte schließlich ein externer Ingenieur die ratlosen Behörden auf die (fast) richtige Spur. Der Ingenieur tippte auf Grund selbst vorgenommener Ausbreitungsberechnungen auf die kommunale Kläranlage von Warstein.

Tatsächlich wurde am 4. Sept. bekannt gegeben, dass es in den Belebtschlammbecken der kommunalen Kläranlage in Warstein vor Legionellen nur so wimmelt – gefunden wurde genau der Legionellen-„Stamm“, der 165 Personen in Warstein krank gemacht hatte, zwei der Patienten waren gestorben, über zehn Patienten mussten intensivmedizinisch behandelt werden. Allerdings wurde es als eher unwahrscheinlich angesehen, dass Legionellen aus dem Belebungsbecken bzw. dem Tropfkörper der Kommunalkläranlage in hoher Konzentration in die Atmosphäre gelangt sein könnten.

Die neue Vermutung: Das gereinigte– aber nach wie vor legionellenhaltige - Abwasser aus der kommunalen Kläranlage gelangte in die Wester. Und zwei Kilometer unterhalb der Kläranlageneinlaufs wurde dieses Bachwasser von einem Industriebetrieb für Kühlzwecke benutzt. Über das Rückkühlwerk des Betriebes seien Aerosole mit samt der Legionellen in die Atmosphäre gepustet worden.

Sieben Tage später, am 11. Sept. wurde offenkundig, dass auch in der Kläranlage der Großbrauerei Wartsteiner schon im Eingangsbereich enorm hohe Konzentrationen von Legionellen nachweisbar waren. Die Kläranlage der Brauerei dient nur der Vorklärung. Das vorgeklärte Abwasser wird dann der kommunalen Kläranlage zur Endreinigung zugeleitet.

Wie die hohen Legionellenkonzentrationen in der Brauereikläranlage zu erklären sind, war bei Redaktionsschluss dieses RUNDBRIEFS noch völlig offen. Das massive Auftreten von Legionellen in Kläranlagen war in Deutschland bisher unbekannt – und versetzt jetzt die deutsche Abwasserszene wegen noch unabsehbarer Folgen in Aufregung. Vermutlich müssen nicht nur die Legionellen-Lehrbücher umgeschrieben werden. Nachfolgend die Aufsehen erregende Geschichte im Detail …

 

Warum Trinkwasser als Legionellenquelle in
Warstein ausgeschlossen werden konnte

Dass Trinkwasser die Quelle der Erkrankungen sein könnte, wurde von den Kreismedizinern lt. WAZ vom 20. Aug. 2013 aus zwei Gründen ausgeschlossen:
„Zum einen vermehren sich bei einer in den Versorgungsleitungen zurzeit herrschenden Temperatur von 15 Grad keine Legionellen. Zum anderen sind keine Angehörigen der jeweils Betroffenen erkrankt.“

 

Warstein: Wie alles anfing
 

Seit dem 9. August 2013 wurden immer mehr Patienten in das Warsteiner Krankenhaus eingeliefert, bei denen sich die lungenentzündungsähnlichen Symptome als Legionellose entpuppten. Wie die Pressestelle des Kreises Soest (Sauerland) berichtete, hatten angesichts der zunächst unerklärlichen Häufung der Fälle MitarbeiterInnen der Gesundheitsaufsicht in Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus eine Befragungsaktion der Patienten gestartet.

Gezielt fragten sie nach, wo sich die Erkrankten aufgehalten haben, welche Veranstaltungen sie besucht haben und mit wem sie Kontakt hatten. Aus der Auswertung der Schnittmengen zwischen den einzelnen Patienten hoffte das Gesundheitsamt weitere Rückschlüsse ziehen zu können.

Nachdem Mitte August die Zahl der Erkrankten auf über 70 Personen angestiegen war und zwei Männer (47 und 53 Jahre alt) gestorben waren, richtete der Kreis Soest einen Krisenstab ein. Ferner wurde der Hygienespezialist, Prof. Martin Exner vom Hygiene-Institut der Uni Bonn, beigezogen, um die Quelle der Legionellen ausfindig zu machen. Speziell unter die Lupe der beigezogenen Mitarbeiter des Gesundheitszentrums Münster wurden neun industrielle Klimaanlagen bzw. Rückkühlwerke in Warstein genommen. Zudem wurden die Klimaanlagen von Supermärkten inspiziert, in deren Nähe besonders viele Erkrankungsfälle vorgekommen waren. Betreiber weiterer Rückkühlwerke wurden aufgerufen, sich beim Gesundheitsamt zu melden, damit man auch dort Proben nehmen könne.

Der Warsteiner Fall erinnerte zunächst stark an ein ähnliches Szenario aus dem Jahr 2010, als in Ulm mehrere Menschen durch Bakterien aus der Abluft des Rückkühlwerkes eines Blockheizkraftwerkes erkrankt waren. In Ulm waren damals vier Menschen an der Krankheit gestorben (vgl. RUNDBR. 1004/2).

Abgeschaltetes Rückkühlwerk sorgt
für „Entwarnungsstimmung“
 

Am 27. Aug. 2013 wurde bekannt gegeben, dass man eine konkrete Spur habe. Im Rückkühlwerk eines Industriebetriebes waren Legionellen detektiert
worden.

„Ein weiteres Indiz neben den Erkenntnissen des Labors sei, dass dieses jetzt in den besonderen Fokus geratene Rückkühlwerk von der Lage her in Frage komme, wenn man die meteorologischen Recherchen zum Beispiel zur Windrichtung mit den ermittelten Aufenthaltsorten der erkrankten Patienten abgleiche. Der Serotyp der gefundenen Legionellen gehöre außerdem zu den Stämmen, die von Professor Dr. Martin Exner, Chef des Bonner Uni-Instituts, zu denjenigen gerechnet würden, die von einem Rückkühlwerk verbreitet werden können. Nicht zuletzt sei schließlich die gefundene Konzentration der Legionellen so hoch, dass sie Erkrankungen bewirken könne“,

meldete die WAZ aus Warstein. Die Anlage war nach der Probenahme am 21. August, ausgeschaltet geblieben, so dass von ihr keine Gefahr mehr ausgehe. Ob es die tatsächliche Quelle der Erkrankungswelle sei, werde man aber erst besser bewerten können, wenn auch der Legionellensubtyp eines Erkrankten bekannt sei. Doch dieser Humanbefund liege leider noch nicht vor, hieß es auf einer Pressekonferenz. Aus rechtlichen Gründen könne man den Namen des positiv beprobten Unternehmens nicht nennen. Da auch Tage später nach der Abschaltung der Anlage weiterhin Neuerkrankungen gemeldet wurde, warnten die Gesundheitsbehörden vor einer ungerechtfertigten „Entwarnungsstimmung“ in Warstein.

Am 30. Aug. (Fr.) gab die Kreisverwaltung in Soest eine Reisewarnung für die Stadt Warstein heraus. Spätestens seit dieser Reisewarnung nahm auch die überregionale Presse Notiz von der Epidemie in Warstein, die sich zum bis dahin größten Legionellenausbruch in Deutschland entwickelt hatte. Neben der Reisewarnung war den Bewohnern der 27.000- Einwohner-Stadt, empfohlen worden, sich möglichst in geschlossenen Räumen aufzuhalten, weil dies "das Ansteckungsrisiko verringert".

Legionellen kommen aus Kläranlage
 

Am 2. Aug. 2013 kam die WESTFALENPOST mit der überraschenden Meldung auf den Markt, dass ein Umweltingenieur aus Dortmund einen ganz anderen Ausbreitungspfad für wahrscheinlich halte.

Im Gespräch mit der WESTFALENPOST erläuterte der Ingenieur, dass zu der Mikrobengemeinschaft in den Belebtschlammbecken auch Amöben gehören. Und Amöben seien bekannterweise der Wirt der Legionellen. Bei den heißen Temperaturen von Anfang bis Mitte August hätten sich sowohl Legionellen als auch Amöben prächtig vermehren können. Da der Lufteintrag in das Belebtschlammbecken der kommunalen Kläranlage in Warstein über Oberflächenbelüfter erfolge, bilde sich durch Rotoren über den Belebtschlammbecken ein Aerosolnebel.

„Das bedeutet nach Einschätzung des Experten: Die Legionellen könnten sich überproportional vermehrt und die Winde in dem kesselähnlichen Tal der Kläranlage könnten den Aufstieg und die Verbreitung der Aerosole mit den Bakterien begünstigt haben; das Becken liegt am Südhang und sei damit prädestiniert für Thermik“,

berichtete die Zeitung weiter über die Indizienbeweiskette des Ingenieurs. Für die Annahme, dass das Belebtschlammbecken der Quell des Unheils sein könne spreche noch folgendes:

„Die Symptome der Krankheit wurden immer wieder auch mit Durchfall geschildert. Das passt nicht zu einer ,reinen’ Legionellen-Erkrankung. Da müssen schon Darmkeime mit im Spiel sein.“

Darmkeime hätten keine Chance, in ein autarkes System wie eine Klimaanlage zu gelangen.

„In einem Klärbecken, das Fäkalienwasser reinigt, sind sie aber selbstverständlich vertreten.“

Hinzu käme, dass nach den Berechnungen des Ingenieurs„ eine hohe Übereinstimmung“ mit den Windrichtungen und den Wohnorten der Erkrankten vorliegen würde. Entsprechende Rechercheergebnisse habe man schon am Freitag, 23. Aug., an die Behörden übermitteln wollen. Bei der Kreisverwaltung in Soest sei aber am Freitagnachmittag keine kompetente Person mehr zu erreichen gewesen. Am Samstag habe man dann im Ordnungsamt von Warstein die Empfehlung bekommen, sich doch bitte an die Kreisverwaltung zu wenden. Im Detail habe er dort seine Ergebnisse geschildert, dennoch sei seitens des Kreises nicht darauf eingegangen worden, berichtete Dortmunder Ingenieur lt. WP. Erst eine Woche später habe der Kreis dann eine Probenahme in der Kläranlage veranlasst.

Am 4. Sept. 2013 publizierte das Düsseldorfer Umweltministerium eine Pressemitteilung, wonach man tatsächlich „eine hohe Belastung“ mit Legionellen in der Kläranlage habe feststellen müssen. Ferner hieß es in der
Pressemitteilung, dass das Ministerium „im Rahmen einer Akutvorsorge“ aufgefordert habe,

„ein umfassendes Gefahrenabwehr- und Vorsorgeprogramm mit dem Kreis Soest und der Kommune Warstein aufzustellen, das den Gesundheitsschutz der Bevölkerung, den Arbeits- und den Gewässerschutz“

umfasse. Zudem wurde die Entnahme von Wasser aus der Wester als Vorsorgemaßnahme bis auf weiteres generell untersagt. Weitergehend wurde der Betreiber der Kläranlage – der RUHRVERBAND - aufgefordert, geeignete Gegenmaßnahmen zur Freisetzung von Legionellen einzuleiten.

Als weitere Reaktion auf die neuesten Erkenntnisse hatte das Umweltministerium zudem eine landesweite Sonderüberprüfung bautechnisch gleicher Kläranlagen wie in Warstein angeordnet.

Legionellen: „Konsequenzen für viele
Kläranlagen in Deutschland“
 

Die mittlerweile mit dem Fall befassten Experten würden vermuten,

„dass die Krankheitserreger aus dem Abfluss der Kläranlage über den Fluss Wester in die Kühlanlage eines Industriebetriebs geraten sind. Die Kühlanlage habe die Krankheitserreger dann weiträumig verteilt“,

berichtete DIE WELT am 4. Sept. 2013 – und weiter:

„Die Kläranlage in Warstein wurde nach Angaben des Betreibers RUHRVERBAND neu eingestellt. So soll verhindert werden, dass die Legionellen durch Tröpfchenbildung in die Luft gelangen. Außerdem soll in den kommenden Tagen eine Desinfektionseinrichtung am Abfluss der Kläranlage installiert werden.“

In der RHEINISCHEN POST vom 05.09.13 wurde zum überraschenden Legionellenbefund in der Kläranlage Klaus Kruse vom RUHRVERBAND zitiert, der die 50 Jahre alte Warsteiner Kläranlage betreibt: Der Fall habe auch die Fachleute überrascht und erschreckt. Prof. Exner bestätigte dies: Es handele sich um einen bisher einmaligen Fall.

„Kommunale Kläranlagen sind bisher nicht als eigenständige Infektionsquellen bekannt“,

sagt der Mediziner. Als Quellen für einen Legionellen-Ausbruch galten bislang Anlagen, in denen ein feiner Wassernebel entsteht: Duschen, Klimaanlagen, Whirlpools oder eben Rückkühlvorrichtungen wie jene der Firma Esser an der Wester. Exner zeigte sich sicher, dass die Legionellen- Erkenntnisse aus dem Sauerland

„erhebliche Auswirkungen auch für andere Regionen haben werden. Es geht um erhebliche Konsequenzen für viele Kläranlagen.“

Denn überall in Deutschland gibt es Kläranlagen vom Typ der Warsteiner Anlage. In der dortigen Anlage hatte der RUHRVERBAND als erste Abhilfemaßnahme zur Reduzierung der Sprühnebelbildung den Oberflächenbelüfter auf die niedrigste Stufe eingestellt. Zudem hat der Ruhrverband einen sogenannten Tropfkörper außer Betrieb genommen, in dem ebenfalls Aerosole entstehen können. Die Abwässer in der Warsteiner Kläranlage sollen künftig mit UV-Licht desinfiziert werden. Zudem wurde kurzfristig über dem Belebtschlammbecken eine Abdeckung installiert.

Zu weiteren Konsequenzen schrieb die RP:

„ Infektionsfachmann Exner glaubt, dass aus dem Fall Warstein nicht nur beim Betrieb von Kläranlagen Konsequenzen gezogen werden müssen. Der Bonner Mediziner ist auch davon überzeugt, dass der Legionellen-Ausbruch abermals deutlich macht, dass es in Deutschland strengere Vorschriften für den Betrieb von Verdunstungskühlanlagen geben muss. Wie in anderen EU-Ländern sei eine Registrierungspflicht notwendig: 'Auf jede dieser Anlagen gehört ein Hinweis ähnlich dem auf Zigarettenschachteln: ,Achtung - bei fehlender Wartung besteht Lebensgefahr für Personal und Bevölkerung.‘“
Ist „Warstein“ beispiellos?
 

Ein User auf der WDR-Kommentar-Homepage kritisierte am 4. Sept. 2013, dass man sich seitens der Behörden zu spät um die Kläranlage gekümmert habe:

„Der Chef der entsprechenden Wasserbehörde tat so entsetzt, als wäre ein Blitz eingeschlagen. Dabei haben vor 14 Tagen schon Fachleute auf die Kläranlage hingewiesen! Aber so ist es schon mal bei Behörden und ähnlichen Institutionen. Was nicht sein kann ist nicht.“

Zahlreiche User, die es schon immer gewusst hatten, äußerten sich in Internetforen ähnlich – wie beispielsweise ein „Sascha“ am 5.9.13 – ebenfalls auf der WDR-Kommentarhomepage:

„Immerhin dreht sich in einem Klärwerk doch alles um Bakterien. Sowas muss man doch wissen als Kläranlagenbetreiber.“

Ein „Thomas“ kritisierte ebenfalls, dass erst ein externer Ingenieur die widerwilligen Behörden auf die richtige Spur führen musste:

„warum tut das gesundheitsamt mit Unterstützung des Landesamtes das nicht? Soviel Ratlosigkeit und Unfähigkeit der Behörden war selten. Und stimmt es, dass sich der leiter des gesundheitsamtes mitten in der Krise in den Urlaub verabschiedet hat? Wer genehmigt sowas?“

Und die im Kreisrat vertretene „Sauerländer Bürgerliste“ konnte auch die Behauptung des RUHRVERBANDES nicht nachvollziehen, nach der die Legionellenbelastung der Kläranlage beispiellos gewesen wäre - siehe RUHRVERBANDS-Pressemitteilung unter
http://www.ruhrverband.de/presse/pressemitteilungenn/detailansicht/
datum/2013/09/06/pressemitteilung-des-ruhrverbands-zur-klaeranlage-warstein/ :

„Aus den rund 90 Jahren ist uns als Fachleuten weltweit kein Fall bekannt, in dem eine Legionelleninfektion von einer Kläranlage ausgegangen ist.“

Die Bürgerliste hält dagegen:

„Durch ganz simple Internetrecherche (Eingabe von 'wastewater treatment plant‘ und 'legionella‘ in irgendeine Suchmaschine) lasse sich doch herausfinden, ' dass bereits im Jahr 2008 eine biologische Kläranlage in Norwegen geschlossen wurde, weil in der Stadt Sarpsborg drei Legionellen-
Wellen aufgetreten waren und die Kläranlage als Verursacher ermittelt“ worden sei."
„Schwarzer Mittwoch“
in der Warsteiner Brauerei
 

Am Mittwoch, 11. Sept. 2011 wurde dann eine neue Weiterung der ohnehin schon facettenreichen Warsteiner Legionellen-Story bekannt: „Legionellen im Abwasser der Warsteiner Brauerei gefunden“ titelte die WAZ. Im warmen Brauereiabwasser sollen die Konzentration der Legionellen noch ein Mal höher gewesen sein als in der kommunalen Kläranlage. Die Betriebskläranlage der Brauerei dient nur der Vorbehandlung. Das vorgereinigte Brauereiabwasser wird dann direkt der kommunalen Kläranlage zugeführt. Insofern spricht alles dafür, dass die Legionellenbelastung der Kommunalkläranlage auf das hochbelastete Brauereiabwasser zurückzuführen ist.

Die Brauerei versicherte, alles Menschenmögliche zu unternehmen, um Schaden von der Bevölkerung und den Beschäftigten abzuwenden. Und natürlich unterstrich die Brauerei, dass das Warsteiner Bier über jeden Zweifel erhaben sei. Vom Produktionsprozess her könne es gar nicht sein, dass Legionellen ins Bier gelangen könnten. Die ganze Pressemitteilung der Brauerei unter:

http://warsteiner.de/warsteinerinformiert/ 2013/09/11/warsteiner-braue...

Das Handelsblatt prognostizierte in seiner Druckauflage am 13.09.13, dass der Brauerei gleichwohl „ein heftiger Imageschaden“ drohen würde. Damit wären für die in neunter Generation als Familienunternehmen geführte Brauerei nachhaltige finanzielle Schäden verbunden. Beim Info-Telefon, das die Brauerei eingerichtet habe, würden bereits Menschen anrufen,„ die meinen, es seien Salmonellen im Bier“.

Erst nach den Legionellenbefunden im Brauereiabwasser sah sich das Warsteiner-Management genötigt, die Reisewarnung der Gesundheitsbehörden auch auf die Brauereiführungen anzuwenden. Die Brauerei kündigte „die sofortige Einstellung des Besucherbetriebes“ an. Der im Brauereiabwasser nachgewiesene Legionellenstamm war identisch mit den serologischen Befunden bei den Erkrankten. Der Landkreis verlängerte die Reisewarnung, weil der Legionellenbefund im Brauereiabwasser ganz neue Fragen aufwarf.

Zum Nachweis extrem hoher Legionellenkonzentrationen im Brauerabwasser erklärte der Bürgermeister von Warstein, Manfred Gödde, lt. WAZ (online- Ausgabe) vom 11.09.13:

„Das ist natürlich zunächst einmal ein Schlag ins Kontor gewesen. Damit haben wir alle nicht gerechnet.“

Gödde sprach von einem „Schwarzen Mittwoch“, nahm aber die Brauerei in Schutz und verwies darauf, dass wohl keine Kläranlage in Deutschland ihr Abwasser bislang auf Legionellen habe untersuchen lassen. Die Voraussage des Bürgermeisters:

„Das wird jetzt eine Diskussion nach sich ziehen, die vermutlich europaweit geführt werden muss und wird.“
Legionellen-Lehrbücher müssen
umgeschrieben werden
 

Am Freitag, 13. Sept. 2013, ging die Eskalation der Geschehnisse weiter – dpa berichtete über das Ergebnis weiterer Legionellenanalysen:

„Der Legionellen- Befall in der Vorkläranlage der Warsteiner- Brauerei nimmt immer größere Dimensionen an.“

Ferner berichtete die Nachrichtenagentur aus Warstein, dass Prof. Exner inzwischen zum Schluss gekommen sei, „dass in Vorkläranlagen, in denen Hefe- belastete Abwässer anfallen, Legionellen offenbar besonders gute Bedingungen finden.“ Bislang sei aber in der Wissenschaft kein Zusammenhang zwischen Brauereien und Legionellen bekannt.

"Ich glaube, wir stehen hier vor ganz neuen Erkenntnissen. Die bisherige Ökologie der Legionellen muss umgeschrieben werden", sagte Exner.

Wie die hohen Legionellenkonzentrationen in der Betriebskläranlage zu erklären sind, ist immer noch unklar. Nach letzten Informationen vor Redaktionsschluss zu diesem RUNDBRIEF soll vieles dafür sprechen, dass die Legionellen nicht aus dem Produktionsprozess der Brauerei stammen sollen. Vielmehr müsse man davon ausgehen, dass die Legionellen über den Luftpfad in die offene Vorreinigungsanlage für das Brauereiabwasser gelangt seien.

Jetzt kann man über folgenden Kreislauf spekulieren: Von der Betriebskläranlage kommen die Legionellen in die Kommunalkläranlage, von dort in die Wester und dann in das Rückkühlwerk der Firma Esser. Dort werden die Legionellen in die Atmosphäre emittiert, um sich anschließend wieder genüsslich in der Betriebskläranlage der Brauerei niederzulassen…

Zum Schutz vor Legionelleneintrag aus der Luft soll die Vorklärung der Warsteiner Brauerei bis zum 18. Sept. ein Dach und eine UV-Bestrahlung zur Abtötung der Legionellen bekommen. Man praktiziert damit die gleichen Abhilfemaßnahmen, wie sie bereits an der der kommunalen Anlage kurzfristig installiert worden sind.

Noch sind viele Fragen offen – der WASSERRUNDBRIEF wird weiter berichten, welche Konsequenzen „Warstein“ für den Betrieb von Kläranlagen bundesweit haben wird.


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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