Das grundlegende Arbeitsblatt des Deutschen Vereins
des
Gas-
und
Wasserfaches
(DVGW)
zur
Organisation eines Wasserversorgungsbetriebes hat den
Titel „Anforderungen an die Qualifikation und die
Organisation von Trinkwasserversorgern“ (W
1000). Die letzte Fassung des Arbeitsblattes stammt
aus dem Jahr 2005. Die im DVGW zusammenarbeitenden Wasserwerker haben jetzt den Entwurf für
eine Neufassung vorgelegt. Der Entwurf konnte von
den interessierten Kreisen bis zum 30. Juni 2014
kommentiert werden.
Die zentrale Bedeutung von
W1000 resultiert daraus, dass eine hinreichende
Garantie auf gute Versorgungssicherheit und gute
Wasserqualität eigentlich nur dann besteht, wenn
der Wasserversorger die Anforderungen aus W
1000 voll erfüllt.
Das bringt vor allem kleine Wasserversorger in Schwierigkeiten, da dort vielfach die
Anforderungen an die erforderliche Qualifikation des
Personals nicht gegeben sind. Bürgermeister, die
gerne auch bei der Ortswasserversorgung sparen,
um die Wassergebühren niedrig zu halten, sollen über die Anforderungen aus W 1000 deshalb nicht
immer sonderlich glücklich sein. Gleichwohl heißt es
schon in der Einleitung zum DVGW-Arbeitsblatt W
1000:
„Die Anforderungen dieses Arbeitsblattes sind so
gestaltet, dass sie sowohl bei Trinkwasserversorgern mit einfachen Organisationsstrukturen
und geringem Personalbestand als auch bei Versorgern mit komplexen Organisationsstrukturen
mit hohem Personalbestand angewendet werden
können. Daraus resultiert je nach Trinkwasserversorger ein unterschiedlicher organisatorischer
Aufwand. Die Umsetzung der Anforderungen
dieses Arbeitsblattes ist somit auf die spezifische Situationen des Wasserversorgers anzupassen.“
Unter „Grundsätzliche Anforderungen“ heißt es in
W 1000:
„Ein Trinkwasserversorger muss im Rahmen seiner
Aufgaben
und
Tätigkeitsfelder über
eine
personelle,
technische, wirtschaftliche und finanzielle
Ausstattung
sowie
eine
Organisation
verfügen, die eine sichere, zuverlässige sowie nachhaltige
(wirtschaftliche, sozial- und umweltverträgliche)
Versorgung mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser gewährleistet. (…) Ein Trinkwasserversorger muss mindestens eine für den technischen Bereich verantwortliche technische Führungskraft bestellen.“
Unter „Aufgaben- und Tätigkeitsfelder“ wird u.a.
definiert, dass der Trinkwasserversorger „die Gesamtverantwortung für Planung, Bau, Betrieb und
Instandhaltung von Trinkwasserversorgungsanlagen
sowie für den Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz“
trage –
und
weiter:
„Zur Erfüllung der wahrzunehmenden Aufgaben
muss ein Trinkwasserversorger in der Lage sein,
in erforderlichem Umfang folgende Tätigkeitsfelder sach- und fachgerecht zu bearbeiten bzw. deren Erledigung sicherzustellen:
- Festlegung von Unternehmenszielen, z. B. Instandhaltungsziele und -strategien
- Vorsorgeplanung für Notstandsfälle (Krisenmanagement)
- Festlegung der personellen Ausstattung und
Struktur
- Vorgabe zur Fort- und Weiterbildung des
eigenen Personals (…).“
Unter „Ablauforganisation“ wird beispielsweise
festgehalten, dass in der Ablauforganisation
„auch
der Qualifikationsstand, die Anzahl und die betriebliche
Erfahrung
der
für
die
Abwicklung
der
Aufgaben und Tätigkeiten einzusetzenden Mitarbeiter zu
definieren“ seien. Außerdem wird festgehalten, dass„zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebes
(…) die Ausfälle bzw. Abwesenheiten einzelner
Personen, wie durch Urlaub, Krankheit und Fortbildungsmaßnahmen,
zu
berücksichtigen“
seien.
Die Absicherung des Betriebes auch bei personellen
Ausfällen gelte „insbesondere für Störungen“. Dazu
müsse der Trinkwasserversorger Anweisungen erstellen,
„die eine unverzügliche Behebung von
Störungen und die Wiederherstellung des bestimmungsgemäßen
Betriebes
gewährleisten“.
Einen großen Stellenwert räumt W 1000 der Personalqualifikation
ein:
„Die Übertragung von Aufgaben hat nur an solche Mitarbeiter zu erfolgen, die für die jeweilige
Tätigkeit ausreichend ausgebildet und qualifiziert
sind. Die Mitarbeiter müssen in der Lage sein,
die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen (z.
B. Auslastung, Ausstattung, Entscheidungskompetenz). Insbesondere bei Planung und Bau von
Trinkwasserversorgungsanlagen (Neuerrichtung,
Sanierung) ist grundsätzlich eine ingenieurwissenschaftliche Qualifikation mit spezifischer
Sachkunde erforderlich. (…) Die Erfüllung der
jeweiligen Qualifikationsanforderungen ist vor
der Übertragung der Aufgaben sicherzustellen.“
Der Grad der geforderten Qualifikation des Personals ist von der Zahl der versorgten Wasserkunden
abhängig.
Bei Wasserversorgern, die bis zu 10.000
Kunden mit Trinkwasser beliefern, reicht es für den
Wasserwerksbetrieb aus, einen Anlagenmechaniker
für das Einsatzgebiet Rohrsystemtechnik bzw. Fachrichtung Versorgungstechnik oder einen geprüften Netzmonteur mit dem Handlungsfeld Wasser einzustellen.
Bis zu 25.000 Kunden braucht es dann
schon einen geprüften Netzmeister. Beschränkt sich
das Aufgabengebiet nicht nur auf das Verteilnetz,
sondern auch auf Wassergewinnung, muss schon
bei 10.000 Kunden ein Wassermeister den Anlagenbetrieb übernehmen.
Bei über 25.000 versorgten
Kunden hat ein Ingenieur für den Anlagebetrieb verantwortlich zu zeichnen – mit folgender Einschränkung:
„Vergleichbare ausreichende Fachkenntnisse mit
Zuordnung zur nächsthöheren Qualifikationsstufe können auch durch eine mindestens zehnjährige einschlägige Tätigkeit bei einem Trinkwasserversorger oder einem vergleichbaren Unternehmen
nachgewiesen werden.“
Hinsichtlich der Einstellung von Leiharbeitnehmern
wird gefordert, dass nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eingesetzte Leiharbeitnehmer „dieselben Qualifikationsanforderungen erfüllen“ müssen, „wie sie für die Ausübung dieser Tätigkeit an
das eigene Personal gestellt werden“. Und wenn der
Wasserversorger - beispielsweise für Rohrnetzarbeiten - einen Dienstleister beschäftigt, hat er bei der
Auswahl von Dienstleistern und vor der Beauftragung zu prüfen, „ob der Dienstleister geeignet ist,
die angebotene Leistung zu erbringen“.
„Es ist festzustellen, ob das Unternehmen die
erforderlichen, organisatorischen, gesetzlichen
und materiellen Anforderungen erfüllt, die Überwachung und Kontrolle der eigenen Tätigkeiten
sicherstellen kann und für die auszuführenden
Arbeiten ausreichend Personal mit der notwendigen Sach- und Fachkunde sowie Zuverlässigkeit
und
Leistungsfähigkeit besitzt.“
All diese Anforderungen sind nicht nur für Bürgermeister und Gemeinderäte von Interesse, die die
Kostensparschraube im Wasserwerk anziehen wollen. Auch bei der Wasserpreisdebatte im Allgemeinen und bei dem Druck von Kartellbehörden zur
Reduzierung von Wasserpreisen im Besonderen
kann basierend auf W1000 argumentiert werden,
dass Qualität auch in der Wasserversorgung ihren
Preis hat (vgl. RUNDBR. 1003/3).