aktualisiert:
13. August 2014
|
Nachrichten |
|
|
WasserInBürgerhand!
|
BBU-Wasserrundbrief,
26.7.2014
TTIP: „Strategische Richtungswahl
von globaler Bedeutung“
|
|
Nachdem der BBU-WASSER-RUNDBRIEF bereits
frühzeitig in den Ausgaben 1029/2-3, 1026/1-2 und
1023/1 über die Bedrohung der kommunalen Wasserver-und Abwasserentsorgung durch das geplante Transatlantische Freihandels- und Investitionsschutzabkommen (TTIP) informiert hatte, kommt
nachstehend ein Update.
Zunächst aber ein Blick
auf die stilistischen Höhenflüge der TTIP-Befürworter:
Alle
Register
des
Schönsprechs
nutzend,
spricht die Bundesregierung inzwischen von einer „transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft“.
Es geht nicht mehr um ein schnödes Handelsabkommen, sondern das ganze wird jetzt vom Bundeswirtschaftsministerium aufhübschend als eine
„ausgewogene Handelspolitik für Wachstum, globale Arbeitnehmerrechte, Verbraucherschutz und Daseinsvorsorge“
tituliert. Und die Wirtschaftsliberalen von
der FDP-nahen „Friedrich-Naumann-Stiftung für die
Freiheit“ werden in einer Einladung vom 18.06.14 zu
einer TTIP-Diskussion noch vollmundiger:
„Unabhängig von ihrem Ausgang eröffnen die
Verhandlungen zu TTIP eine völlig neue Dimension wirtschaftlicher Beziehungen zwischen den
größten Binnenmärkten der Welt und stellen damit
eine strategische Richtungswahl mit globaler Wirkung
dar.“
Wer kann da noch „Nein!“ sagen?
|
Heiko Maas: Wasser & Müll
werden bei TTIP ausgeklammert
|
|
In einem Interview mit der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG am 15.06.14 trat Bundesjustizminister HEIKO MAAS unter der Überschrift „Das
Chlorhühnchen wird nicht kommen“ u.a. auch
den Befürchtungen entgegen, dass in den TTIPVerhandlungen die kommunale Daseinsvorsorge
untergebügelt werden könnte. Er finde es richtig,
„bestimmte Bereiche beim Freihandelsabkommen
auszuklammern. Das betrifft etwa den Bereich der
kommunalen Daseinsvorsorge: Wird jetzt unsere
Wasserversorgung privatisiert? Oder die Müllabfuhr? Natürlich nicht. Über diese Bereiche wollen
wir gar nicht erst verhandeln. Wir lassen uns nicht
verbieten, solche Betriebe in kommunaler Verantwortung
zu betreiben.“
Auf die FAS-Frage „Der scheidende EU-Kommissar
Karel De Gucht will verhindern, dass die nationalen
Parlamente über das Freihandelsabkommen entscheiden. Ist das klug?“ antwortete der Bundesjustizminister:
„Sowohl die nationalen Parlamente als auch das
Europäische Parlament sollten sehr stark einbezogen werden. Es ist illusorisch zu glauben, dass
die Europäische Kommission ein solches Abkommen gegen den Willen der Volksvertretungen abschließen kann. (…) Wir brauchen eine breite
demokratische Legitimation. Die nationalen Parlamente
werden
am
Ende entscheiden.“
HEIKO MAAS nahm auch zu den umstrittenen Investorschiedsgerichten
Stellung:
„Ich sage ganz klar: Die Schiedsgerichte werden
wir nicht brauchen. Da ist die Position der
Bundesregierung eindeutig, und das haben wir
der Kommission auch so mitgeteilt. Wir halten
Schiedsgerichte zwischen OECD-Staaten für überflüssig. Hier ist der Investorenschutz über die
nationalen Gerichte gewährleistet. Wir dürfen an
keiner Stelle deutsches oder europäisches Recht
aushebeln. Die Vereinigten Staaten und Deutschland gewährleisten hinreichenden Rechtsschutz vor ihren jeweiligen nationalen Gerichten.“
Auf die leicht provokative FAS-Frage „Wie lange
kann die SPD ihr Ja zum Freihandelsabkommen
noch durchhalten, angesichts der öffentlichen Stimmung?“
konterte
der
Bundesjustizminister
mit
einem mutigen
Pfeifen
im
Walde:
„Die Stimmung dreht sich doch gerade. Es ist
unsere Aufgabe, für gesellschaftliche Akzeptanz
zu sorgen. Daran arbeiten wir – etwa, indem wir
auch mit den Kritikern einen offenen Dialog führen. (…) Und: Sigmar Gabriel hat zu dem Thema
einen Beirat eingerichtet, in dem alle Interessen
gruppen vertreten sind – bis hin zu den Kirchen. Da wird nichts verschleiert.“
|
Länderverbraucherschutzminister
wollen Wasser aus TTIP raushalten |
|
Bei der Frage, ob „Wasser“ bei TTIP tatsächlich
keine Rolle spielen wird, sind die VerbraucherschutzministerInnen der Bundesländer etwas skeptischer als der Bundesjustizminister in dem zuvor
genannten FAS-Interview. Anlässlich der Konferenz
der VerbraucherschutzministerInnen am 16.05.14
haben die MinisterInnen ins Protokoll unter Punkt 5
Folgendes schreiben lassen:
Die Ministerinnen, Minister, Senatorin und Senatoren der Verbraucherschutzressorts der Länder
stellen weiter fest, dass durch das angestrebte
Freihandelsabkommen zwischen der EU und den
USA die Kommunen und ein Teil der Bevölkerung
die kommunale Daseinsvorsorge insbesondere im
Bereich der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung in Gefahr sehen. Das kommunale
System der öffentlichen Wasserver- und Abwasserentsorgung ist ein Garant für Nachhaltigkeit,
Effizienz und letztlich für die Bürgerzufriedenheit.
Der Marktzugang zu den Dienstleistungen der Daseinsvorsorge muss in Analogie zu dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada
durch die sog. „Publicutility-Klausel“ beschränkt bleiben.“
|
Investorenschiedsgerichtsbarkeit
über die CETA-Hintertür? |
|
Das Freihandelabkommen zwischen der EU und Kanada, das die Länderumweltminister als positives
Vorbild anführen, erscheint uns aber alles andere
als vorbildhaft. Das „Comprehensive Economic and
Trade Agreement“ – oder in der Kurzform CETA –
hat vielleicht keine direkte Wasserrelevanz. Aber bei
der engen Verflechtung der US-amerikanischen
Großindustrie mit kanadischen Konzern und angesichts der zahlreichen Niederlassungen von US-Multis in Kanada steht zu befürchten, dass alles
Schlechte, das bei TTIP gefürchtet wird, über die
Hintertür via CETA auf die EU zukommen könnte.
Dies betrifft insbesondere den Investorenschutz,
den US-Konzerne auch über ihre kanadischen
Tochtergesellschaften und Niederlassungen geltend
machen könnten. Diese Gefahr ist wohl inzwischen
auch bei der Bundesregierung erkannt worden. Die
Bundesregierung will CETA nur zustimmen, wenn
die Investorenschiedsgerichtsbarkeit aus CETA
wieder eliminiert wird.
Brüsseler EU-Diplomaten
zeigen sich bereits alarmiert. Denn sollte CETA am deutschen Votum scheitern, räumt man auch TTIP
keine Chancen mehr ein.
Mehr zu CETA unter
http://www.eder-dampfradio.de/
images/stories/PDF/CETA_Gutachten.pdf
|
Wie wasserrelevant ist TISA? |
|
Während sich die Empörung gegenüber den intransparenten TTIP-Verhandlungen steigert, ist bereits
das nächste Liberalisierungs- und Deregulierungsabkommen in der Mache: Das „Trade in Services
Agreement“ (TISA). In den TISA-Verhandlungsrunden
wollen
50
Staaten –
neben
den
Industriestaaten auch zahlreiche Schwellenländer - alle Handelshemmnisse im Dienstleistungssektor schleifen.
Mit
TISA sollen „die Weltmärkte umgekrempelt“ werden,
berichtete die SZ am 20.06.14 über den großspurigen
Ansatz,
um
dann
weiter
zu
schreiben:
„Die Ziele sind ehrgeizig: Die USA erhoffen sich
von TISA eine Steigerung ihrer Exporte von
Dienstleistungen von 600 Milliarden Euro. Entsprechend viel Druck machen die Amerikaner,
(…).“
Damit ist TISA die Fortsetzung von GATS mit anderen Mitteln. Mit dem "Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen" (GATS)
sollten in den Jahren 2000 bis 2005 auch Marktzutrittsbarrieren in der Wasserwirtschaft aufgebrochen
werden (siehe RUNDBR. 1029/3).
Während von
TTIP seitens der EU-Kommission und der
deutschen Regierung behauptet wird, dass die
Wasserver- und Abwasserentsorgung in diesem
Abkommen gar keine Rolle spielen würden, sind
zumindest nach Meinung der großen Tageszeitungen bei TISA die Wasserdienstleistungen ganz
klare Verhandlungssache. Am 19. und 20. Juni
2014 titelten die überregionalen Tageszeitungen:
- „Europa und Amerika verhandeln über
Trinkwasser“ (FAZ, 19.06.16)
- „TISA: Stiller Poker um Wasser und
Kontodaten“ (SZ, 20.06.16).
Wie die SZ am 19.06.14 meldete, würde das
Bundeswirtschaftsministerium allerdings jegliche‚Wasserrelevanz‘ auch bei TISA abstreiten:
"Die
Daseinsvorsorge wird durch Ausnahmeregelungen
von Verpflichtungen im Trade in Services Agreement ausgenommen."
|
Wenn TTIP scheitert, kommt TISA |
|
Um zu glauben, dass TISA keine ‚Wasserrelevanz‘
hat, braucht mal allerdings viel Vertrauen in das
Bundeswirtschaftsministerium. Denn ähnlich wie bei
TTIP laufen die Verhandlungen auch bei TISA unter
strenger Geheimhaltung. In jetzt geleakten Verhandlungspapieren kann man staunend lesen, dass die
letztlich vereinbarten Verhandlungsergebnisse „frühestens
fünf Jahre nach Abschluss des Vertrags an
die Öffentlichkeit“ gelangen dürften.
Die taz zitiert in
ihrer Berichterstattung über TISA den grünen EPAbgeordneten SVEN GIEGOLD:
„Was bei TTIP nicht
klappt, könnte durch die Hintertür mit TISA kommen.“
Während bei TTIP die EU gegenüber den
USA noch hinhaltenden Widerstand leiste, könnte
sich dies mit TISA ändern:
„Hier wird offenbar eine
mehrgleisige Strategie gefahren“, so GIEGOLD. „Das Motto lautet wohl: Ein Zug kommt durch!“
TISA: Einmal privatisiert – immer privatisiert
In ihrem Urteil über TISA bleibt die SZ vom 20.06.14
noch vorsichtig skeptisch:
„Gegner vermuten, dass Tisa umstrittene
Privatisierungen zementiert. In den vergangenen
Jahren wurden überall auf dem Erdball klassische
staatliche Aufgaben wie Bildung, Gesundheit oder
Wasserversorgung privatisiert, wobei es öfter Proteste gab - etwa weil die Leistungen teurer, aber
nicht besser wurden. Nun soll es bei TISA
Vorschriften geben, die eine Wiederverstaatlichung
privatisierter Betriebe verbietet, behaupten Kritiker.
Dafür gibt es bisher keinen Beleg, allerdings sickert
durch, dass eine Sperrklausel entstehen könnte: Hat
ein Land zugestimmt, in einem Bereich wie
Gesundheit Konkurrenz zuzulassen, sollen private
Anbieter für immer auf dem Markt bleiben dürfen.
Das dürfte Kritiker erregen, die Liberalisierungen als Bereicherungen von Konzernen sehen.“
Der gesamte SZ-Artikel unter:
www.sueddeutsche.de/geld/dienstleistungs
vertrag-tisa-stiller-poker-um-wasser-undkontodaten-1.2007020
Bereits
am
19.06.14
hatte
die
SZ
ausgeführt,
dass die
Stillstands-
und
Ratchet-Klauseln
im
TISAVertrag
dafür
sorgen
könnten,
„dass
jetzt
oder
zukünftig
durchgeführte
Privatisierungen im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen
festgeschrieben würden. Im Falle eines Regierungswechsels
könnte
so
die
Privatisierung
einer
bestimmten
Dienstleistung
nicht
mehr
zurückgedreht werden,
auch
dann
nicht,
wenn private Anbieter versagen
würden.“
|
|
Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
|
|
|
|
Zurück
zur Startseite |
|