Am 11. September hat die EU-Kommission ihre Entscheidung bekanntgegeben, die Europäische Bürgerinitiative (EBI) gegen die geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und CETA nicht zuzulassen. Das Bündnis "Stop TTIP" erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Europäische Bürgerinitiative (EBI). Eine Bürgerinitiative könne zwar gegen EU-Gesetze vorgehen, nicht aber »das Tun der Kommission stoppen«, so der Sprecher des scheidenden EU-Handelskommissars Karel De Gucht.
Ulrike von Wiesenau, Demokratie- Expertin und Pressesprecherin des Berliner Wassertisches, der die Europäische Bürgerinitiative mit auf den Weg gebracht hat, kommentiert: »Nun, da der Widerstand gegen die geheim verhandelten Freihandelsabkommen sich in einem Bündnis von über 230 Organisationen aus 21 EU-Ländern formiert hat, und die EBI zur bisher erfolgreichsten Bürgerinitiative zu werden droht, erleben wir den Maskenfall der Kommission: Bevölkerung und Parlamente müssen draussen bleiben, wenn Lobbyisten ihr Werk gegen das Gemeinwohl entgegen aller berechtigten Widerstände durchziehen. Zu glauben, dass die Proteste der Menschen in dieser Weise zum Schweigen gebracht werden können, spricht Bände vom Demokratieverständnis der Brüsseler Entscheidungsträger, ihre Versprechen von mehr Demokratie und Transparenz enthüllen sich zur Kenntlichkeit. Mit juristischen Winkelzügen auf Zeit zu spielen, statt sich der Kritik der Inhalte zu stellen, führte schon zum Waterloo des Berliner Senates beim erfolgreichen Berliner Wasser-Volksentscheid.«
Sven Giegold, Abgeordneter der Grünen im Europaparlament, erklärte, dass die noch amtierende Kommission »die Hoffnung auf mehr Europäische Demokratie mit Füßen tritt und alle Vorurteile, dass Europapolitik inHinterzimmern und unter Ausschluss der Bürger gemacht werde bestätigt.«
Die Ablehnung der EBI wird schwer nachvollziehbar damit begründet, dass die Verhandlungsmandate zu TTIP und zum CETA keine Rechtsakte, sondern interne Vorbereitungsakte zwischen den EU-Organen seien und deshalb durch eine Bürgerinitiative nicht anfechtbar. »Die Auffassung der Kommission, dass nur Rechtsakte mit Wirkung auf Dritte durch eine EBI berührt werden dürfen, ist offensichtlich rechtsfehlerhaft. Das Verhandlungsmandat der Kommission ist ein förmlicher Beschluss des Rats und ein Rechtsakt. Würde die Rechtsauffassung der Kommission Bestand haben, hieße das im Klartext: Der Bevölkerung sind bei der Entwicklung internationaler Verträge jeder Art die Hände gebunden - eine Auskunft, die ebenso erschreckend wie skandalös ist«, erklärt Michael Efler von Mehr Demokratie e.V., Kontaktperson der Europäischen Bürgerinitiative.
Darüber hinaus könne die Kommission keine negativen Ratifizierungsvorschläge machen und insofern der EBI-Forderung, die Verhandlungen über CETA und TTIP nicht abzuschließen auch nicht nachkommen. »Im Umkehrschluss heißt das, internationale Verhandlungen der Kommission dürfen durch Bürgerinnen und Bürger nur bejubelt, nicht aber kritisiert werden", fasst Efler zusammen. Das EBI-Bündnis, das vor Einreichung der Bürgerinitiative ein eigenes Rechtsgutachten eingeholt hatte, erwägt nun rechtliche Schritte und will den für diesen Fall vorgesehenen Weg vor dem Europäischen Gerichtshof prüfen. Statt auf die Bedenken angesichts einer bürgerfernen Handelspolitik einzugehen, verweigert die Kommission in einem Akt der Willkür jede Auseinandersetzung, verprellt engagierte Menschen und ist Wasser auf die Mühlen der Europa-Gegner.«
Die Ablehnung der Bürgerinitiative reiht sich ein in die Strategie der EU-Kommission, Bevölkerung und Parlamente aus den Verhandlungen um CETA und TTIP herauszuhalten. Das Bündnis gegen TTIP, das Mitte Juli in Brüssel die Registrierung als Europäische Bürgerinitiative (EBI) beantragte, wird die Entscheidung der EU-Kommission nicht auf sich beruhen lassen und seinen Protest zunächst mit einem europäischen TTIP-Aktionstag am 11. Oktober in die Öffentlichkeit tragen.
Stellungnahme des EBI-Bündnis zur Ablehnung
Begründung der EU-Kommission zur Ablehnung
Europäischer Aktionstag gegen TTIP, CETA und TiSA am 11.10.
Kontakt:
Ulrike von Wiesenau, Tel. (030) 781 46 04