2009 und 2011 hatte die EU-Kommission festgelegt, dass Treibstoffe aus kanadischen Ölsanden eine um 20 Prozent schlechtere Treibhausgasbilanz als die üblichen Kraftstoffe aufweisen würden. Unter dem Druck der kanadischen Ölsandlobby war die EU-Kommission eingeknickt und hatte im Juli die betreffende Passage ersatzlos gestrichen. Der kanadische Botschafter in Brüssel hatte argumentiert, dass die Schlechterstellung von Ölsandtreibstoffen ein ungerechtfertigtes Handelshemmnis darstellen würde. Zudem kündigen kanadische Ölsandlobbyisten im Fernsehen ganz unverblümt an, dass sie auf Grundlage des vor der Verabschiedung stehenden CETA-Abkommens auch Investorschiedsgerichte anrufen würden, wenn ihnen die EU-Kommission mit ungerechtfertigten Handelshemmnissen die Geschäfte vermiesen sollte.
Anfang Okt. 2014 konnte die kanadische Ölsandlobby dann Erfolg auf der
ganzen Linie feiern: Die EU-Kommission veröffentlichte am 7. Okt. 2014 einen Vorschlag, der den kanadischen Ölsandkonzernen einen Freibrief zu ungehemmten Einfuhr von Ölsand-Treibstoffen geben würde. Die längst überfällige EU-Kraftstoffqualitäts-Richtlinie soll endlich in Kraft gesetzt worden – aber mit der Maßgabe, dass weder die kanadischen Exporteure noch die in der EU beheimateten Importeure dazu verpflichtet seien, Auskunft über die Treibhausgasbilanz der Ölsand-Treibstoffe zu geben.
In der EU-Kommission versuchte man die Öffentlichkeit mit dem Argument zu beruhigen, dass die Raffinerien die schlechte Treibhausgasbilanz der Ölsand-Treibstoffe mit einer verstärkten Beimischung von „nachhaltigen“ Agrotreibstoffen kompensieren könnten. Der Vorschlag der Kommission vom 7. Okt. wird nun dem Ministerrat vorgelegt, der binnen zwei Monaten darüber beschließen muss. Zudem geht der Vorschlag zur Prüfung an das Europäische Parlament.
(Wir versuchen für die nächsten Straßburger Sitzungswochen Termine mit den zuständigen MdEPs zu vereinbaren.)