Vielleicht tun wir JOHN BISCOE Unrecht. Aber seiner
Auswahl zum Träger des Stockholmer Wasserpreises („Stockholm Water Prize“) für 2014 können wir
nur bedingt begrüßen. Der alljährlich vergebene
Stockholm Water Prize gilt als Nobelpreis der Wasserwirtschaft.
Zeitgleich zum Internationalen Wassertag 2014 hatte das Nominierungskomitee die
Preisverleihung an Prof. JOHN BRISCOE damit begründet, dass er einen „beispiellosen Beitrag zur
nachhaltigen und erdumfassenden Verwaltung der
Ressource Wasser“ geleistet habe – und weiter:
„Sein unerschütterliches Engagement gilt der Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen auf der ganzen Welt.“
Ferner wurde die Wahl von
JOHN BRISCOE damit begründet, dass er
"Forschung
von Weltklasse über die richtige Verwaltung von
Wasserressourcen und dem Zugang zu Trinkwasser
und Sanitäreinrichtungen mit der Entwicklung von
Richtlinien sowie Techniken für die Anwendung in
der Praxis kombiniert“ habe.
Der „geniale“ Beitrag
von BRISCOE zur Lösung der eskalierenden Weltwasserprobleme liege darin,
„dass er Wissenschaft,
Politik und Praxis miteinander verbindet und so völlig
neue
Einblicke
bietet,
wie
die
endliche
Ressource Wasser verwaltet werden soll, um die Lebensbedingungen von Menschen weltweit zu verbessern“.
Kann ja alles sein, aber für die deutsche Wasserwirtschaft war das Wirken von BRISCOE eher nachteilig:
1995 war der gebürtige Südafrikaner als Abgesandter
der
Weltbank nach Deutschland gereist und hatte festgestellt, dass das Wasser in Deutschland
zwar
gut,
aber
viel
zu
teuer
wäre.
Dies
wäre
für den Industriestandort Deutschland im internationalen Wettbewerb nachteilig.
BRISCOE hatte damals
als Wasserfachmann der Weltbank vorgeschlagen,
einen Wettbewerb in der deutschen Wasserwirtschaft einzuführen, um die zu hohen Wasserpreise
zu reduzieren. Damit hatte BRISCOE die Debatte über eine Liberalsierung der Wasserwirtschaft angestoßen –
eine
Debatte,
die
uns
bis
heute
beschäftigt (und nervt).
Die Vorschläge von BRISCOE waren
2000 von der „EWERS-Kommission“ gerne aufgegriffen worden. Die von der damaligen Koalition von
SPD und GRÜNEN eingesetzte Kommission legte
höchst umstrittene Vorschläge zum „Wettbewerb im
Markt“ (Durchleitungswettbewerb) und ersatzweise
zum „Wettbewerb um den Markt“ (Wettbewerb um
Wasserkonzessionen) vor (siehe RUNDBR. 599 -
602).
Zwar konnten diese Vorstöße mühsam abgewehrt
werden, aber die Vorschläge der EWERS-Kommission waren wiederum die Blaupause für die EU-Kommission, die darauf basierend eine ganz Serie von Liberalisierungsvorstößen für die Wasserwirtschaft in der EU gestartet hat.
Insofern hat
BRISCOE „Verdienste“, weil er den ersten wesentlichen Anstoß gegeben hat, die Wasserwirtschaft in
Deutschland und in der EU einem Wettbewerbsregime zu unterwerfen. Darum lesen wir es mit Stirnrunzeln, wenn es in der Begründung für die Vergabe
des „Wasser-Nobelpreises“
an
BRISCOE
heißt:
„Eine der krönenden Leistungen von Professor
Briscoe war die Entwicklung der Wasserstrategie
für die Weltbank in 2003. Diese setzte einen neuen, kreativen und nachhaltigen Massstab darin,
global die Bedeutung verbesserter Infrastruktur
und Einrichtungen hervorzuheben, deren Auswirkungen weit über den Wassersektor hinausgehen.“
Seine Majestät König Carl XVI Gustaf von Schweden, Schirmherr des Stockholmer Wasserpreises,
wird den mit 150.000 US$ dotierten Preis in einer„Königlichen Preisverleihungszeremonie“ am 4.
September 2014 im Rahmen der Weltwasserwoche
(World Water Week) an JOHN BRISCOE überreichen.
Weitere Infos zur Preisvergabe unter
http://www.siwi.org/SWP2014
britt-louise.andersson@siwi.org
-ng-